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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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einreisen – wie sähe es aus, wenn der PLO-Vertreter in Bonn in dessen Gegenwart von den Syrern verhaftet würde? Ich beschloss, ihm einen Tag später nachzureisen. Begleiten sollte mich mein Freund Abu Usama, auf dessen gute Beziehungen zu syrischen Stellen ich eventuell angewiesen war.
    Wir nahmen uns ein Taxi bis Damaskus, und bald kämpfte sich der Wagen die Serpentinen hinauf; Syrien ist vom Libanon durch einen Gebirgszug getrennt, und immer wieder eröffnete sich uns dieser einmalig schöne Blick aus der Höhe auf das im Sonnenlicht gleißende Häusermeer von Beirut, eingerahmt von einem tiefblauen Mittelmeer.
    An der Grenze angekommen, luden uns die diensttuenden syrischen Offiziere zum Kaffee ein. Wir plauderten eine Weile, und als Abu Usama aufbrechen wollte, bedeutete mir einer der Syrer, zu bleiben. Ich schaute Usama an. »Warum?«, fragte er unsere Gastgeber, ohne den Eindruck von Entschlossenheit zu erwecken. Anstelle einer Antwort forderte mich einer der Syrer auf, meine Tasche aus dem Auto zu holen. Ich konnte unserem Taxifahrer gerade noch einen Zettel zustecken mit der Bitte, das Fatah-Büro in Damaskus zu benachrichtigen, dann fuhren sie los. Ein Blick in Richtung Abu Usama hatte mich darüber belehrt, dass er im Augenblick nichts für mich tun könne.
    Ich müsse warten, bis sie Anweisungen aus Damaskus erhielten, ließen mich die Syrer wissen. Die Nacht verbrachte ich eingesperrt in einem verlassenen libanesischen Kontrollhäuschen, leer bis auf einen Haufen verstaubter Holzstühle und einen demolierten Tisch. Durch das einzige Fenster sah ich einen riesigen gelben Vollmond aufgehen, aus dem Nebenraum zog Toilettengestank herein. Ich machte die ganze Nacht kein Auge zu, lief umher, setzte mich wieder und hoffte, betete, dass Arafat rechtzeitig informiert wurde … in Syrien
hat man Grund zur Besorgnis, wenn man festgehalten wird. Am Morgen schloss mir ein anderer Offizier auf, und ich folgte ihm zur syrischen Grenzbaracke, wo drei junge Männer in einem Auto auf mich warteten.
    Während der Fahrt drehte sich der Mann auf dem Beifahrersitz zu mir um. Er wollte wissen, was ich verbrochen hatte. Ich erzählte ihm von meiner Kritik an der syrischen Regierung nach dem Massaker von Tel Zatar vor drei Jahren. Nun waren in diesen Tagen gerade Verhandlungen zwischen Syrien und dem Irak im Gange, die auf den erneuten Versuch eines Zusammenschlusses zweier arabischer Staaten abzielten. Ich bezog mich auf diese Gespräche, als ich ihm sagte: »Ich verstehe nicht, dass wir immer noch über die arabische Einheit reden, wenn ich von meinen syrischen Brüdern auf diese Art behandelt werde.« Da wandte er sich ab, mit Tränen in den Augen, und schwieg für den Rest der Fahrt.
    In Damaskus hielten wir vor einem fünfstöckigen Gebäude der Geheimpolizei, einem dieser tristen, abweisenden sozialistischen Kästen mit trüben Fensterreihen. Sie hatten dort eine eigene Abteilung für Palästinenser, deren Chef mich gegen Mittag zu sich kommen ließ. Es lägen ihm Berichte darüber vor, eröffnete er mir, dass ich Syrien verleumdet, seinen Präsidenten geschmäht und die arabische Solidarität infrage gestellt hätte. So absurd das war, musste ich es doch ernst nehmen; da der Mann aber von der bornierten Dreistigkeit war, an der Erklärungen abprallen, ging ich gleich zum Angriff über. Erstens, sagte ich, sei ich von Präsident Assad persönlich nach Syrien eingeladen worden – wäre allerdings nicht gekommen, wenn ich geahnt hätte, was mich erwartete. Und zweitens: »Eure Spitzel in Deutschland leben von solchen erfundenen Berichten. Wenn sie in dieser Art über mich schreiben, dann nur deshalb, weil sie zu faul sind, gründlicher zu recherchieren. Ihre irakischen Kollegen würden sich niemals erlauben, solchen Unsinn zu verzapfen …«

    Nach mehreren Stunden unterbrach er das Verhör und ließ mich in einem Nebenraum Platz nehmen. Mittlerweile war es 3 Uhr nachmittags, und ich hatte noch nichts gegessen, nicht einmal Tee angeboten bekommen. Weitere Stunden vergingen. Gegen 6 Uhr hörte ich aufgeregte Stimmen, und im nächsten Augenblick wurde ich zu dem Offizier gebracht, der mich verhört hatte; der Vertreter der Fatah in Damaskus war jetzt bei ihm. Wie sich herausstellte, war Arafat, nachdem er von meiner Verhaftung erfahren hatte, umgehend nach Damaskus aufgebrochen – er befürchtete das Schlimmste, er kannte die Syrer – und hatte persönlich mit Assad gesprochen, woraufhin sich der syrische

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