Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gesang der Haut - Roman

Der Gesang der Haut - Roman

Titel: Der Gesang der Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
Vom Netzwerk:
sei Perlen vor die Säue.
    Eine saudumme Aussage von ihm.
    Ach du, lerne nur meine Schüler kennen, dann denkst du anders. Mein Unterricht interessiert sie nicht die Bohne, ist ja nicht versetzungsrelevant. Ich kann mir kaum vorstellen, ein Leben lang … Vielleicht hat Gerlach das nur so dahingesagt, aber jetzt mache ich mir Gedanken. Was meinst du, soll ich die Lehrerin an den Nagel hängen und mich wieder am Konservatorium anmelden?
    Folge deinem Bauchgefühl. Es ist deine Entscheidung, Klara. Ich stehe zu dir, egal, wie du entscheidest. Kommst du am Wochenende wieder hierher? Oder soll ich nach Königstein fahren? Dann sprechen wir über alles.
    Ich habe gerade so wenig Zeit, ich muss auch nachdenken, du hast eben selbst gesagt, du kannst mir nicht helfen, eine Entscheidung zu treffen.
    So habe ich es nicht gesagt.
    Dir ist doch irgendwie alles gleich.
    Ich habe nur gesagt, dass ich bei jeder Entscheidung zu dir stehe.
    Dann mach dir ein paar ernsthafte Gedanken über meine Zukunft!
    Klara, wir können darüber reden, wann immer du willst, aber du musst wissen, was du wirklich willst, ich stecke doch nicht in dir!
    Manchmal wohl! Als sie mit einem sauren Lachen auflegte, war es wie ein Fausthieb in seinen Magen. Viktor stand ein paar Minuten am Fenster. Als er bei neunmal neun angelangt war, rief er sie zurück:
    Es gibt in Köln eine gute Musikhochschule, Klara.
    Schön.
    Ihre Stimme war weicher. Sie plauderten wieder, sie erzählte von einem Kinobesuch mit Freunden, es gebe eine Retrospektive der Filme von Ingmar Bergmann. Wilde Erdbeeren wurde gespielt, der alte Doktor habe sie in seiner kauzigen Art an Gerlach erinnert, und sie selbst habe sich ein bisschen wie die junge Anhalterin gefühlt, die fröhlich, aber unsicher dahinlebt und seine verborgene Güte spürt, während der alte Mann ihre Fröhlichkeit einatmet und sich davon anstecken lässt. Viktor erinnerte sich nicht an den Film und fand keinen Trost in Klaras Worten, im Gegenteil. Egal, welches Thema sie jetzt anschnitten, sie kamen auf Gerlach, so sein Gefühl, Gerlach, der sich für ihre Stimme interessiert hatte. Gert Gerlach war kein Rabe, sondern ein Fuchs. Wieso, fragte Klara, wieso konntest du vorher sagen, dir sei egal, was ich entscheide? Diese Gleichgültigkeit finde ich verletzend. Mein Gott, Klara, ich meine nur, dass deine Berufsentscheidung nichts an meinen Gefühlen für dich ändert. Er hörte ein ärgerliches Seufzen am anderen Ende. Das ist auch nicht die Frage, sagte Klara in einem belehrenden Ton, der ihn befremdete. Ich weiß doch, dass ich auf dich zählen kann, die Frage ist eine ganz andere. Eine andere, echote er, um Zeit zu gewinnen. Äffst du mich nach oder was?, blies sie ihm ins Ohr und er lief im Zimmer auf und ab und stellte sich vor das Fenster. Es tut mir leid, Klara, aber ich will dich nicht beeinflussen. Und am Telefon mag ich das nicht diskutieren, gerade weil eine solche Entscheidung so wichtig ist.
    Die Straße war dunkel, zwei der Lampen waren ausgefallen. Viktor, sagte Klara, jetzt in betont geduldigem Tonfall, du willst mich nur zu dir hinlocken.
    Was?
    Er sah sie vor der Klasse, wie sie einen verstockten Schüler zurechtwies, einen Querkopf, der das Thema der Stunde verfehlt hatte. Versuche nicht, dich zu drücken, sagte die Philosophielehrerin, es geht nicht um die Frage der Selbstbestimmung, es geht schlicht darum, ob ein Mann, ein baldiger Ehemann, in der Lage ist, seine Freundin dabei zu unterstützen, die beste Entscheidung zu treffen, die Wahl zu erkennen, die etwas in ihr schon getroffen hat.
    Fremde wie Gerlach, fuhr Klara fort, machen sich Gedanken über meine Zukunft, haben eine Meinung über mein Talent, und du machst dir diese Mühe nicht.
    Aber Klara, ich wusste nicht, dass du das Unterrichten nicht mehr magst, du bist eine gute Musikerin, eine gute Sängerin, ich werde deine Entscheidung respektieren, egal welche und, wenn du …
    Dich, schnitt ihm Klara das Wort ab, dich interessiert nur, dass ich bei dir bleibe, egal ob als Lehrerin oder Sängerin.
    Möchtest du lieber, dass ich dich nur als Lehrerin bei mir mag oder nur als Sängerin? Du bist nun mal das Wichtigste in meinem Leben. Ich liebe dich doch!
    Ach, sagte Klara ohne jegliche Sanftmut, sollte man sich nicht als Liebender Gedanken darüber machen, wie der andere sich am besten entfalten könnte? Sich fragen, was diesen anderen, mit dem man sein Leben teilen wird, wirklich glücklich macht?
    Du steigerst dich in etwas hinein, sagte er,

Weitere Kostenlose Bücher