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Der Gesang der Haut - Roman

Der Gesang der Haut - Roman

Titel: Der Gesang der Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
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Verlobte, fing er an, ich meine, wir sind nicht offiziell verlobt, richtige Verlobungen gibt’s kaum noch. Aber wir wollen heiraten.
    Du und sie?
    Ja, wer sonst?
    Nein, ich meine, sie will und du willst?
    Ja, wir wollen. Es klingt, als übten wir eine Fremdsprache!
    Ist es nicht so? Du bist dran, sagte sie.
    Und Sie, sind Sie offiziell geschieden? Haben Sie einen Freund?
    Ja, offiziell geschieden, ich habe keinen Freund, ich suche einen. Aber zurzeit noch keinen ernsthaften Freund, nur ab und zu einen zum Wohlfühlen, ich brauche einen kleinen Zickzack vor der nächsten geraden Linie. Viel Freiheit vor dem nächsten Käfig.
    Haben Sie die Ehe als Käfig empfunden?, fragte Viktor.
    Ein bisschen. Wie alle Paare irgendwann: am Anfang nicht, aber dann. Das Problem mit dem Käfig ist nicht, dass die Freiheit abhaut und einen hinter Gittern zurücklässt, sondern dass man schnell zum Kanarienvogel wird und sein Leben damit verbringt, zu schaukeln und Fressnapf und Trinkschale zu leeren. Ich glaube, ich kann meinen Ex gut verstehen. Er hat sich in einen freien Vogel verliebt, der noch keinen Ring am Fuß trug.
    Waren Sie nicht eifersüchtig?
    Doch. Am Anfang war es schlimm, ich hasste die dumme Kuh, aber nicht lange. Ich bin weder dickköpfig noch nachtragend. Und Gott hat mir eine Gnade erwiesen: Ich kann niemanden lieben, der mich nicht oder nicht mehr liebt. Da trenne ich den Faden ab. Schnapp! Sie machte die Geste, mit der Schere einen unsichtbaren Faden abzuscheiden.
    Einfach so.
    Der Vertraute wird zum Fremden. Eine Woche zuvor schnupperte ich noch seinen Geruch am Hals, und kaum hatte er die Tür hinter sich zugemacht, konnte ich ihn nicht mehr riechen. Logisch, oder? Nach zwei Monaten konnte ich mich freuen, dass diese Person, mein Ehemann, abgehauen war.
    Ach.
    Ich habe meine Liebe wie einen Rechtschreibfehler ausradiert und, Gott sei Dank, nichts dazugelernt. Ich bin an der Reihe: Warum bist du Hautarzt geworden?
    Die Haut ist das Naheliegende am Menschen, ich hatte keine Lust, in den Magen der Leute zu gucken oder einen Blinddarm herauszuoperieren. Mich haben im Studium die inneren Organe erschreckt. Das Organ, das ich pflege, kann man anfassen und streicheln.
    Ich habe eine Halbvegetarierin-Bekannte, erwiderte Moira, sie isst nur Tiere, die sie nicht streicheln kann, Fische, Schnecken, Ameisen kann sie runterschlucken.
    Sie kann keine Tiere essen, zu denen sie eine Beziehung haben könnte.
    Und du willst eine Beziehung zu deinen Patienten herstellen.
    Nur im Rahmen meines Berufs!
    Ich bin froh, dass ich aus dem Rahmen gesprungen bin. Ich fasse auch gern Menschen an, wenn auch nur flüchtig. Ich streichle gern die Wange oder das Haar der Leute, die ich kenne, vor allem der Kinder. So im Vorbeigehen, aber dann bist du nicht umsonst vorbeigegangen.
    So gesehen …
    Du tauschst ein paar Moleküle aus. Du sagst, ich Mensch gehöre zu dir Mensch, so meinte ich es vorher, so siehst du deinen Beruf.
    Ja, in einem gewissen Sinn.
    Dem Tastsinn. Dein Vorname ist doch Viktor, oder?
    Ja. Ich glaube übrigens, Sie schon gesehen zu haben, als ich zum ersten Mal in die Praxis kam; Sie hatten einen Termin bei Doktor Gerlach.
    Kann sein.
    Es entstand ein Schweigen, das Moira nicht brach, sie wartete auf eine neue Frage, die er nicht fand, und sie schaute ihn amüsiert an. Dann brachte er schließlich hervor: Hm … Was ist Ihre Lieblingsfarbe?
    Ich liebe alle Farben eines Gefühls, antwortete sie. Alle Farben der Natur und des Menschen. Ich mag die Farben deines Gesichts, die Farbe deiner Augen und deiner Lippen. Warum errötest du denn? Aber auch dieses Rötliche ist schön. Deine hohen Wangenknochen mag ich, ich mag grundsätzlich hohe Wangenknochen. Welche Jahreszeit hast du am liebsten?
    Alle, ich könnte nicht in einem Land ohne Jahreszeiten leben. Ich liebe auch den Winter und den Regen.
    Ach, du bist gut integriert, lachte Moira, ich meine, du passt gut in die Landschaft.
    Wieso hatte er noch nicht an diese einfache, naheliegende und ungefährliche Frage gedacht: Was studieren Sie?, fragte er.
    Film an der Filmhochschule Köln, nach dem Abi habe ich übrigens eine Ausbildung als Krankenschwester gemacht, aus reiner Ideologie, ein bisschen wie Philip eine ideologische Ehe eingegangen ist, leider ist die Ideologie eine sehr abstrakte Angelegenheit, die zwangsweise in der Bettpfanne der Kranken ersäuft. Ja, und ich wollte die Augen der Toten nicht mehr schließen. Ich trug zu viel Zärtlichkeit in mir.
    Sie haben den Tod

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