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Der Gesang der Haut - Roman

Der Gesang der Haut - Roman

Titel: Der Gesang der Haut - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Picus-Verlag
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Gerlach hob die Schulter: Ach Henrietta, Carolin war eine frühere Kommilitonin, du verwechselst wieder etwas. Vielleicht eine kleine Affäre. Er hob die Stimme: Eine Affäre halt, Sexgeschichte, willst du mir jetzt eine Szene machen? Pass auf, sagte sie, du bist haarscharf an dem Rückspiegel des Wagens rechts vorbeigefahren. Ich will dir keine Szene machen, ich möchte mit dir darüber sprechen.
    Warum? Meine Seitensprünge haben bei mir keine großen Erinnerungen hinterlassen, vergiss sie. Schließlich warst du keine Sexbombe, meine arme Henrietta.
    Hör auf! Wütend griff Henrietta nach dem Steuer und riss daran. Gert versuchte dagegen anzukämpfen und schaffte es, noch rechtzeitig zu bremsen und an der Seite anzuhalten, allerdings auf dem Fahrradweg. Ein empörter Radfahrer machte einen schnellen Bogen um den Wagen, es gelang ihm, das Gleichgewicht zu halten und er tippte sich brüllend an die Stirn, während er vorüberfuhr.
    Erinnerst du dich an den Detektiv Fischer?, sagte Henrietta, er ruft ja dauernd an, und er hat mich vor Kurzem besucht, bedroht, und dann Viktor …
    Ich weiß nicht, mit wem du dich herumtreibst, wen du empfängst, wenn ich Golf spiele. Können wir weiterfahren?
    Nein. Fischer, sagt dir der Name etwas?
    Es gibt Millionen Fischer in der Bundesrepublik. Wie viele hatte ich unter meinen Patienten?
    Zwei oder drei, aber keinen Detektiv. Ich wollte die Geschichte ohne dich regeln, Gert, ich wollte es noch vor fünf Minuten. Du hast die Wahl, ich lasse dich entmündigen und kann über das Geld verfügen, das der Scheißdetektiv verlangt, oder du gehst mit zur Bank und wir heben das Geld zusammen ab oder du akzeptierst, dass Fischer deine Fälschung an die große Glocke hängt – mit allen Konsequenzen, die daraus folgen.
    Er lachte: Konsequenzen? Was für Konsequenzen?
    Du kannst dir auch etwas anderes einfallen lassen, zum Beispiel, den Fischer killen. Du hast freie Hand.
    Ach, Henrietta!
    Er machte das Autoradio an, es lief Musik. Das Gespräch ist beendet, sagte er. Mach dir keine Sorge, ich habe alles im Griff. Er schaute sie von der Seite an: Er hatte ganz klare Augen, belustigte, ja, so belustige Augen. Wir haben als Kinder Killer gespielt, sagte er noch, es hieß damals anders, Räuber und Gendarm. Ich war lieber der Räuber. Wie war das bei euch Mädchen?
    Eine Radfahrerin fuhr heran und gestikulierte wütend. Sie erinnerte Henrietta an ihre Tochter: der dunkle Blick, die braune Mähne, die aus dem Helm herausguckte. Die Frau klopfte an das Fenster, das Henrietta runterließ, und knurrte: Wisst ihr, dass ihr den Fahrradweg blockiert? Wohl alle Rechte mit der blöden Kiste gepachtet? Gert lächelte entzückt das Mädchen an. Fräulein, sagte er an seiner Frau vorbei, Sie platzen in eine Ehekrise, Sie retten mir das Leben, danke für die Ablenkung.
    Die Radfahrerin schaute milder. Sorry, grinste sie, passiert in den besten Familien … Sie fuhr weiter und Gert sagte: Hübscher Hintern, das Mädel. Was wollte sie eigentlich von uns?
    Was würde deine Tochter dazu sagen?
    Wozu?
    Henrietta schlug die Hände vors Gesicht. Die Augen brannten, sie blinzelte, schluckte, ihre Züge verkrampften, die Tränen liefen aber schon. Ich weine, wunderte sie sich, schade, dass ich nicht bei Viktor habe weinen können. Er hätte sie in die Arme genommen und getröstet, sie hätte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, nach Art der Leute, die routiniert weinen, sie hätte irgendetwas Verzweifeltes geschluchzt, so wie, ich kann nicht mehr, was soll ich bloß tun, er hätte seine Finger in ihr Haar getaucht, er hätte gewartet, dass sie sich beruhigte, und Dinge gesagt wie, es wird wieder gut, ich kann Ihre Verzweiflung verstehen, Sie fühlen sich betrogen, unglücklich, hilflos. Sie hatte seit Jahren nicht geweint, und erst die Beleidigung einer unbekannten Radfahrerin brachte sie dazu.
    Warum weinst du? Ist noch keiner gestorben, oder?
    Gert betrachtete sie interessiert. Dann langte er nach ihrem Kopf, strich leicht über ihr Haar, bevor er die Hand schnell zurücknahm, als hätte es geknistert. Alles wird wieder gut, sagte er. Ich weiß schon längst Bescheid, habe aber einen Plan, der Fischer wird uns nichts anhaben können. Und jetzt fahren wir nach Hause, bevor die Kiste Wurzeln schlägt.
    In seiner Stimme lag etwas Weiches.
    Zu Hause sprach vorerst keiner mehr das über Problem Fischer. Gert hatte sich mit der Zeitung – die er las, die er nicht las? – im Salon niedergelassen. Henrietta durchsuchte

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