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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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kann ich am wenigsten brauchen. Die Oberbürgermeisterin hat mich angerufen und nochmals bekräftigt, wie wichtig ein störungsfreier Ablauf der Proben für die Stadt und für sie persönlich ist.«
    »Für sie persönlich? Was soll das heißen?«
    »Sie hat es zur Chefsache erklärt, jetzt, nachdem Würzburg sich zur Kulturmetropole entwickeln soll.« Kilian musste grinsen. Kulturmetropole und keinen Knopf in der Tasche. Doch das schien das Los der Kunst über viele Jahrhunderte hinweg zu sein. Manche meinten gar, gute Kunst erwachse aus einem leeren Bauch. Wenn man die Sache so betrachtete, war Würzburg für ein florierendes Kunstund Kulturleben bestens gewappnet.
    »Was hast du denn bisher herausbekommen?«, fragte Heinlein.
    »Egal, wie man es sieht: Diese Pflanze kann nicht alleine über das Geländer gefallen sein. Da hat jemand nachgeholfen. Wen der Täter letztlich treffen wollte, weiß ich noch nicht. Aber ich tippe auf Raimondi. Einen Journalisten von der Frankfurter Allgemeinen erschlägt man nicht einfach so, insbesondere dann nicht, wenn er kostenlos Werbung für das Theater machen will.«
    »Wie kommst du darauf, dass seine Berichterstattung positiv ausgefallen wäre? Vielleicht wollte der Täter schlechte Nachrichten über das Theater vermeiden.«
    »Glaubst du, er hätte gegen Raimondi geschrieben? Ich habe bisher zwar nur an einer Probe teilgenommen, aber so, wie ich Raimondi erlebt habe, dürfte das eine sehr gute Produktion werden. Und er hat wohl noch ein paar Überraschungen in petto.«
    »Welche denn?«, fragte Heinlein und schielte verstohlen zu Raimondi hinüber, während er sich zu Kilian beugte.
    »Ich weiß es nicht. Aber in jeder freien Minute telefoniert er. Weiß der Geier mit wem.«
    Seine Mutmaßungen schienen Heinlein nicht zu überzeugen. Er nahm wieder eine normale Sitzposition ein, kratzte sich an der Wange. »Das ist zu wenig. Ich brauche Erkenntnisse, die zur Überführung eines Tatverdächtigen führen. Der Polizeipräsident und die Oberbürgermeisterin sitzen mir im Nacken.«
    »Ich kann nicht zaubern«, entgegnete Kilian.
    »Dann frage ich mich, wieso die Oberbürgermeisterin unbedingt dich an dem Fall dranhaben will.«
    Noch eine dieser Spitzen, die sich in der letzten Zeit irgendwie in Heinleins Vokabular geschmuggelt hatten. Kilian wusste absolut nichts damit anzufangen.
    »Was soll das heißen? Willst du mich draußen haben?«
    Heinlein blieb eine Antwort schuldig. Stattdessen:
    »Ach, bevor ich es vergesse. Hast du diesen Vladimir eigentlich noch einmal gesehen?«
    Kilian verneinte. »Ich dachte, du wolltest dich um ihn kümmern?«
    »Stimmt, aber ich muss der Spur der Waffe nachgehen. Vladimir übernimmst du.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, verabschiedete er sich grußlos.
    Kilian prüfte die Uhr, schaute, wie viel ihm noch von der Pause übrig geblieben war. Fünf Minuten. Das sollte reichen. Er legte einen Fünfer auf den Tisch und wechselte die Straßenseite.
    Franziska war noch immer in Gedanken versunken und sah ihn nicht kommen. Gedankenverloren kaute sie nebenbei auf einem Stück Brot, das sie aus ihrer Tasche geholt hatte. Er setzte sich neben sie, schaute, ob er Raimondi im Auge behalten konnte. Das klappte. Die Straße würde er schnell überqueren können, sollte etwas Ungewöhnliches passieren.
    Sie blickte von ihren Aufzeichnungen auf. Wie Kilian vermutet hatte, arbeitete sie an etwas, das wie das Vertonen von Text auf einem Notenblatt aussah. Zwischen den Zeilen stand Text, zu dem sie komponierte.
    »Störe ich Sie?«, fragte er.
    Sie lächelte und klappte das Heft zu. »Nein, nicht wirklich. Ich kann meine Arbeit später fortsetzen.«
    »Woran arbeiten Sie gerade?«
    »Nichts Dramatisches, nur eine kleine Fingerübung.«
    Er ließ nicht locker. »Und das ist?«
    Sie grinste ob seiner Beharrlichkeit. »Ich arbeite an einer Fortsetzung des
Don Giovanni

    »Einen zweiten Teil?«
    »Nein, nur ein anderes Ende.«
    »Stimmt etwas mit dem jetzigen nicht?«
    »Doch, doch, es ist nur, dass ich die Schlussszene in der Fassung, die wir soeben einstudieren, nicht mehr für zeitgemäß erachte.«
    »Was stimmt mit der alten nicht?«
    Franziska lächelte, holte Luft. »Wenn Sie sich die einzelnen Figuren anschauen, dann geht Donna Elvira am Schluss ins Kloster, Donna Anna erbittet von Don Ottavio Bedenkzeit für eine mögliche Hochzeit, Zerlina und Masetto gehen zusammen nach Hause, und Leporello will sich einen neuen Herrn suchen, der bes-
    ser mit ihm umspringt

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