Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
hatte, war eine Spur attraktiver als die Sektionssäle am Gerichtsmedizinischen Institut. Sterile, gekachelte und neonlichtdurchflutete, kahle Industriearchitektur. Nur dass hier kein Geruch nach Desinfektionsmitteln und schalen Leichenteilen die Luft füllte, sondern ein warmer, kratziger Vorgeschmack auf die Hölle in Hals und Nase drang.
    Heinlein kam gerade rechtzeitig, als einer der Angestellten einer Frau eine kupferfarbene Urne übergab. Neben den beiden erkannte er Kayleen McGregor, ganz in Schwarz, einen dünnen Schleier vor dem Gesicht, der von einem schwarzen Hut gehalten wurde.
    Der Vorgang hatte nichts Feierliches, nichts Zeremonielles. Es war die schlichte Übergabe der Reste eines Menschen in einem kleinen Gefäß. Heinlein hielt sich im Hintergrund, wartete auf die richtige Gelegenheit, Kayleen anzusprechen. Als sie ihn erkannte, kam sie auf ihn zu.
    »Was wollen Sie hier?«, fragte sie barsch.
    »Ich muss mit Ihnen sprechen«, antwortete Heinlein verhalten.
    »Haben Sie überhaupt kein Ehrgefühl? Freddie ist keine fünf Minuten von uns gegangen, und Sie platzen hier rein. Kann das nicht bis morgen warten?«
    Heinlein schwieg. Hinter Kayleen tauchte die Frau mit der Urne auf. »Ich bin jetzt so weit«, sagte sie.
    Kayleen wandte sich ihr zu. »Sofort, ich werde diesen Herrn noch schnell verabschieden.«
    Die Frau nickte, entfernte sich ein paar Schritte.
    »Also, was gibt es so Dringendes?«, fragte Kayleen im vertraut abweisenden Ton.
    Heinlein zeigte auf die Frau hinter ihr. »Wer ist sie?«
    »Die Schwester Freddies. Sie ist aus Frankfurt angereist, um ihn nach Hause zu holen.«
    »Wieso lässt sie ihn hier einäschern und nicht in Frankfurt?«
    »Wo ist der Unterschied? Asche ist Asche. Sie ist die Letzte aus der Familie, eine Feier wird es nicht geben. So habe ich sie nach Würzburg eingeladen, damit zumindest eine Person mit ihr Abschied nehmen kann.
    Wieso wollen Sie das alles wissen?«
    Heinlein nahm sie am Arm, führte sie ein paar Schritte weg. »Der eigentliche Grund, wieso ich Sie sprechen wollte, ist folgender: Warum haben Sie mir verschwiegen, dass Sie ehemalige Sportschützin sind?«
    »Ich verstehe nicht, was Sie mit dieser Frage bezwecken.«
    »Ich ermittle in einem Tötungsdelikt, das mit einer Faustfeuerwaffe begangen worden ist.«
    »Ja und?«
    »Ich sehe da schon einen Zusammenhang.«
    »Blödsinn.« Kayleen drehte sich um, war im Begriff, die Unterhaltung zu beenden.
    »Warten Sie«, Heinlein hielt sie am Arm, »es ist noch lange nicht zweifelsfrei geklärt, dass Fred Sandner Selbstmord verübt hat. Und solange dies nicht der Fall ist, ist eine Fremdtötung genauso wahrscheinlich. Also, noch einmal: Haben Sie bei Fred Sandner eine Waffe gesehen?«
    »Nein, das habe ich Ihnen schon gesagt.«
    »Eine kurzläufige .38er Smith & Wesson?«
    »Nein.«
    »Kennen Sie den Waffentyp?«
    »Ja. Bei uns zu Hause hat jeder Zweite eine.«
    »Wozu?«
    »Zum Beispiel, um die Schafe vor Dingos zu schützen.«
    »Was sind Dingos?«
    »Australische Wildhunde.«
    »Besitzen Sie eine .38er?«
    »Nein, aber mein Bruder, der die Ranch führt.«
    »Hält er sich zurzeit in Deutschland auf?«
    Kayleen hatte genug. »Nein, zum Teufel. Jetzt reicht es mir. Nicht nur, dass Sie mich verdächtigen, jetzt wollen Sie auch noch meine Familie mit hineinziehen. Ein für alle Mal: Ich habe Freddie keine Waffe gegeben, und ich habe auch keine bei ihm gesehen. Weder in seinem Hotelzimmer noch in seinem Büro. Freddie hasste jede Form von Gewalt. Haben Sie das endlich kapiert?!«
    Sie war laut geworden. Die Frau mit der Urne blickte von Trauer gebeugt herüber. Sie schluchzte, kämpfte mit den Tränen.
    Heinlein sah ein, dass er hier nicht weiterkommen würde.

12
    Raimondi hatte seine Kommunikationszentrale in der Mittagspause zwei Tische neben Kilian im Choko Chanel aufgeschlagen. Er bestand darauf, dass er für die Dauer seiner Geschäfte, wie er es nannte, ungestört arbeiten konnte. Kilian hatte ihn im Blick, so sah er kein Problem darin. Eine gewisse Distanz zu ihm kam ihm nicht ungelegen. Auf der einen Seite war er ein äußerst interessanter Mensch, wenn man ihn bei seiner Arbeit beobachtete, und man wollte unweigerlich mehr über ihn erfahren; zum anderen aber wirkte er über jeden Zweifel erhaben, eine Eigenschaft, die Kilian auf den Tod nicht ausstehen konnte.
    Wenn er ihn so betrachtete, das Handy am Ohr, wie er argumentierte und dem Gesprächspartner die Vorteile seiner Produktion anpries, erinnerte er

Weitere Kostenlose Bücher