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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Rucksack und ging, Mr. Bells Wanderstock fest in der Hand, auf das dunkle Haus zu. »Ham Sie eine gute Reise gehabt, Miss Madi? Wo warn Sie?«, fragte Singh, öffnete die Haustür und knipste das Licht an.
    »Es war wunderbar, Singh. Ich bin zu den Kaieteurfällen hinaufgestiegen.«
    Leise schloss Singh die Tür hinter ihr. »Oh, das is was. Das is wirklich was«, murmelte er ehrfürchtig.
    Madi war schon ins Bett gefallen, bevor Matthew den Gang entlanggetappt kam und an ihre Zimmertür klopfte. Er schaute auf seine Schwester unter dem Schleier des Moskitonetzes hinab.
    »Hat es sich gelohnt, Madi?«
    »O ja. Es hat sich absolut gelohnt.«
    »Prima. Schlaf gut. Wir reden morgen Früh.«
    »Du musst das unbedingt auch machen, Matt«, rief sie ihm schläfrig nach.
    Sie schlief auf der Stelle ein und träumte vom Kaieteur, von Connors Küssen und Berührungen, von den Wasserkaskaden, von Regenbögen und kleinen schwarzen Vögeln und hörte im Traum wieder das Singen der winzigen Goldfrösche.

[home]
    Zwölftes Kapitel
    W ater Street, das Geschäftsviertel der Stadt, war übervoll, verstopft und chaotisch. Ein ganz normaler Zustand. Die Mischung der verschiedenen Rassen – schwarze Haut und Schlitzaugen, feinknochige Hindugesichter mit krausem Haarschopf, Afrikanisches vermischt mit Portugiesischem und Indianischem – begeisterte Madi normalerweise. Aber heute fühlte sie sich davon erdrückt. Nach der Schönheit der Tour zum Kaieteur ließ sie der Krach, der Gestank, das Gefühl der Gefahr, von Taschendieben ausgeraubt zu werden, ihre kleine Handtasche fester an die Brust drücken und hinter Ann hereilen.
    »Geht's dir nicht gut? Du wirkst so abwesend. Singh wartet auf uns vor dem Stabroek-Markt«, sagte Ann.
    Madi war erleichtert, Singh zu sehen, der Ann den Einkaufskorb abnahm und ihnen die Tür des Toyota Jeeps öffnete.
    Mit einem Seufzer lehnte sich Madi in dem klimatisierten Wagen zurück. »Ich glaube, ich durchlaufe so was wie einen Anpassungsprozess. Eine Art milden Kulturschock. Ich bin geistig und emotional immer noch beim Kaieteur und auf dem Fluss. Ich kann dieses Gewimmel in der Stadt nicht ertragen.«
    »Wie soll es dir da erst in London oder Sydney gehen?«, fragte Ann.
    Singh steuerte den Wagen zwischen den Ständen und Käufern vor der Markthalle hindurch und konnte gerade noch einem Mann ausweichen, der eine ganze Rinder-Hälfte über den sonnendurchfluteten Platz trug.
    »Ich bin noch nicht bereit weiterzureisen. Ich habe sogar vor, wieder den Fluss hinaufzufahren. Weiter ins Landesinnere. Jetzt, wo ich auf den Geschmack gekommen bin, will ich mehr sehen. Ich bin völlig fasziniert von diesem Land.«
    Ann warf ihr einen Blick zu. »Du klingst, als hättest du Labba gegessen und Bachwasser getrunken. Das bedeutet, dass du immer die Sehnsucht, das Verlangen haben wirst, nach Guyana zurückzukehren. Zumindest glaubt man das hier. Aber ich verstehe, was in dir vorgeht. Bei mir war es genauso.«
    »Ehrlich?«
    »Aber ja. Ich kam wegen einer Rallye her, lernte John kennen, verliebte mich in ihn, flog zurück nach England und konnte es nicht erwarten, wieder hier zu sein. Das lag natürlich auch an John, und ich brauchte eine Weile, zwischen meinen Gefühlen für ihn und der ungeheuren Anziehungskraft zu unterscheiden, die dieses Land auf mich ausübte.«
    »Wie hast du dich angepasst?«
    »Ich bin so viel wie möglich herumgereist. John hat mir das leicht gemacht, weil er überall Leute kennt. Ich weiß immer noch nicht so ganz, was diesen Zauber ausmacht … es ist so anders als England. So exotisch … der Dschungel, die phantastischen Gärten, der fabelhafte und reichlich privilegierte Lebensstil, den man hier haben kann. Die Menschen sind hinreißend – unglaublich warmherzig, wie du bestimmt schon bemerkt hast. Es gibt natürlich auch viele frustrierende Dinge, aber auf eine merkwürdige Weise gehört das ebenfalls zum Charme des Ganzen. Hier kann man über Missgeschicke einfach lachen. In England wird man dabei bitter und verkniffen.« Sie lachte herzlich.
    »Und du vermisst England nicht?«
    »Wie sollte ich? Ich habe das Glück, zweimal im Jahr hinfliegen zu können.«
    Madi schaute hinaus auf die Straße, auf die Gesichter, die so anders waren als alles, was sie von zu Hause gewohnt war, die Kolonialhäuser, die tropischen Bäume, das wirre Durcheinander von Autos, Fahrrädern, Lastwagen und Karren. »Seltsam, ich habe nie daran gedacht, woanders als in Australien zu leben. Ich konnte

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