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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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von seiner furchtlosen Expedition ins Unbekannte auf der Suche nach einem Schatz, der jede Beschreibung übertraf.
    »Der Tee ist fertig, Liebes«, trällerte Annabel. Madi nahm das Buch mit auf die verglaste Veranda, wo Annabel ein Fenster geöffnet und ein Tablett mit Teekanne, Tassen aus Royal-Albert-Porzellan und einer geöffneten Milchbüchse abgestellt hatte.
    »Annabel, dieses Buch von Raleigh ist faszinierend!«
    »Ich weiß. Der arme Raleigh, er unternahm so viele Anstrengungen, kam seinem Ziel so nahe, und trotzdem wurde er im Tower von London enthauptet.« Annabel goss den Tee ein. »Genau wie Raleigh war Daddy davon überzeugt, dass da draußen irgendwo ein Goldvermögen lagert. In meiner Kindheit erzählte er mir die Legenden darüber als Gutenachtgeschichten.«
    »Sie müssen eine ungewöhnliche Kindheit gehabt haben.«
    »Ja, es war schon etwas Besonderes.« Lady Annabel lächelte träumerisch. »Nichts in meinem Leben ist dieser Zeit je gleichgekommen. Niemand war so außergewöhnlich wie Daddy. Er wurde von jedermann bei Hofe und im diplomatischen Korps bewundert. Man sagte, er sei ein sehr guter Diplomat gewesen. Nachdem meine Mutter gestorben war, war ich umgeben von einem hingebungsvollen Vater, liebevollen Onkeln und Tanten, und jetzt … sind sie alle fort.« Sie reichte Madi eine Tasse und deutete auf die Wand, an der gerahmte Fotografien hingen.
    »Es war eine großartige Zeit«, sagte sie mit wehmütiger Nostalgie. »Was hatten wir für einen Spaß, wenn wir alle zusammenkamen! Weihnachten war ein rauschendes Fest. Wir bemühten uns immer, hierher zurückzukommen, gemeinsam Weihnachten zu feiern und das alte Jahr in Britisch-Guiana zu verabschieden. Wir waren Britisch-Guiana und waren stolz darauf.« Sie betonte das Wort ›britisch‹.
    Madi betrachtete die Reihen verblichener Fotos in Rahmen aus Walnussholz und angelaufenen Silberrahmen. »Keine sonstigen Vettern und Cousinen oder andere Familienangehörige?«
    »Einige Kinder leben jetzt in England. Sie besuchten mich hin und wieder, zum obligatorischen Tee mit der verrückten Tante Annabel.«
    »Das ist traurig … dass Sie sie nur hin und wieder sehen, meine ich.«
    »Aber nicht im Geringsten! Sie sind die langweiligste und spießigste Bande, die man sich vorstellen kann. Und die Kinder haben kein Benehmen. Ein weiterer Grund, hierher zurückzuflüchten.« Sie lachte, aber Madi spürte, dass es ein falsches Lachen war.
    Wieder betrachtete Madi die Reihen der Fotos dahingeschiedener Verwandter und blieb an dem bräunlich verfärbten Bild eines Mannes in Golfkleidung hängen, der mit Golfschlägern und indischen Caddies posierte. Sie stellte ihre Tasse ab und stand auf, um sich das Foto näher anzuschauen.
    »Annabel, dieser Mann, wer ist das?«
    »Oh, das ist Onkle Eric. Er lebte hier mit meinem Vater während der Zeit meiner Ehe.«
    »Wohnt er denn nicht mehr hier?«
    »Lieber Himmel, nein. Er ist schon vor Jahren gestorben.«
    Ein Schauder durchlief Madi. »Annabel, ich habe ihn vor ein paar Minuten auf der Treppe gesehen. Ich hörte, wie er die Holzstufen hinaufstieg. Er hatte einen schwerfälligen Gang, vielleicht humpelte er.« Plötzlich ging Madi auf, dass sie weder gesehen hatte, wie der Mann weiter heraufkam, noch gehört hatte, dass er die Treppe wieder hinunterging.
    Annabel stellte ihre Tasse auf das Tablett. »Kommen Sie mit.«
    Madi folgte ihr durch das Haus zu einem der Schlafzimmer. Annabel schob die Tür auf. Es war eindeutig das Zimmer eines Mannes, und es sah aus, als wäre sein Bewohner gerade hinausgegangen.
    Annabel trat an den Kleiderschrank und öffnete ihn. Tweedjacketts und Baumwollhemden hingen darin, und in der Ecke standen einige Spazierstöcke. »Onkel Eric hatte ein Holzbein, aus dem Burenkrieg. Er humpelte stark beim Laufen.«
    Madi wurde ganz schwindelig. »Aber ich habe ihn auf der Treppe gesehen, ganz deutlich«, flüsterte sie heiser.
    Annabel schloss leise die Tür des Kleiderschranks, unberührt von Madis Behauptung. »Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Sie haben nur einen Jumbi gesehen, meine Liebe.«
    »Man sieht keinen Geist am helllichten Tag, Annabel. Und es war kein Geist, es war Ihr Onkel Eric.« Madis Stimme war ein bisschen schrill geworden. Dieses Haus war ihr jetzt mehr als unheimlich. Wie sollte eine weltgewandte, aufgeklärte Frau wie sie eine solche Erklärung einfach hinnehmen? Geister! Sie war die Letzte, die von solchen Erscheinungen heimgesucht werden würde. Nie war sie bei

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