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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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um meinen Jungen. Ich hab 'n bisschen Geld gespart, mal sehn, ob's noch mehr wird.«
    Madi gefiel die Aussicht gar nicht, Lester nicht um sich zu haben. Er war zuverlässig, ehrlich und angenehm und bereit, Vertrauliches mit ihr auszutauschen und ihr die guyanische Lebensart zu erklären.
    Connor, Matthew und Kevin von ihren Erlebnissen zu erzählen war immer eine eher flüchtige Angelegenheit, sie lachten über sie oder hörten mit einer etwas nachsichtigen Gleichgültigkeit zu. Für sie suchte Madi nur einen Zeitvertreib, sie hatten sie gern da, betrachteten ihren Besuch aber nur als einen Ferienaufenthalt. Sie versuchte, nicht über Connor nachzudenken. Er war ein netter Kerl, sie fühlte sich wohl in seiner Gesellschaft und wollte das Ganze nicht nur als romantisches Zwischenspiel betrachten. Aber sie waren beide nicht bereit, über das nächste Essen, die nächste Party hinaus zu planen.
    Madi spürte, dass sie mit ihrem Verlangen, die Wildnis zu erforschen und zu durchstreifen, eine wichtige Reise in ihr Inneres unternahm, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was sie dabei entdecken mochte. Aber sie war von dem beunruhigenden Gedanken erfüllt, dass sie auf dieses neue Gefühl der Verwegenheit reagieren musste, da sie sonst nie ihren Frieden finden würde.
    Nach dem Besuch bei der Bank lud sie Lester zum Kaffeetrinken ein. Das war zu einem regelmäßigen Bestandteil ihrer Ausfahrten geworden. Zuerst hatte Lester die Wartezeit berechnet, aber jetzt betrachtete er die Kaffeepause als Zeit für ein Schwätzchen unter Freunden und rechnete sie nicht auf die Fahrzeit an. Er genoss Madis ehrlich gemeinte, gleichberechtigte Haltung ihm gegenüber und schätzte ihr immer tieferes Interesse, das sie seinem Land entgegenbrachte. Trotz seiner angeborenen sorglosen Unbekümmertheit, mit der er an fast alles heranging, hatte er sich anfangs bei diesen Kaffeepausen etwas unwohl gefühlt, freute sich jetzt aber schon darauf, trotz der gutmütigen Frotzeleien der anderen Taxifahrer.
    »Man sieht Ihnen an, wie wenn Sie was nich in Ruhe lässt. Ärger mit 'nem Mann?«, fragte Lester mit anzüglichem Grinsen.
    »Eigentlich nicht. In dieser Hinsicht vermeide ich es, zu weit vorauszudenken. Nein, ich bin es selbst, Lester. Ich spüre diesen unwiderstehlichen Drang, ins Landesinnere zurückzukehren.« Madi spielte mit einer Haarsträhne an ihrer Wange herum. »Ich habe mich noch nie so … getrieben gefühlt. Und ich weiß nicht, warum.«
    Lester nickte. Diese Lady hat zu viel in dem alten Buch gelesen, dachte er. Er schaute in seine Tasse und nahm einen großen Schluck des stark gesüßten Gebräus.
    Als er seine Tasse abstellte, beugte sich Madi über den Tisch. »Lester, ich möchte mit Ihnen zu Ihrem Claim kommen. Ich möchte nach Diamanten schürfen.«
    Der Vorschlag wurde leise und ruhig ausgesprochen und brachte den Taxifahrer vollkommen durcheinander. Einen Augenblick lang starrte er sie verständnislos an, dann verzog er allmählich das Gesicht zu einem breiten Lächeln, obwohl es ihm immer noch die Sprache verschlug.
    »Ich mache keinen Witz, Lester. Ich möchte wirklich mitkommen, vielleicht so für zwei Wochen. Ich werde Ihnen nicht im Weg sein, sondern Ihnen helfen. Hinfahren und es einfach machen, genau wie Gwen.«
    Lester sah sie mit offenem Mund an und fand dann seine Stimme wieder. »Na, das is 'ne vollkommen verrückte Idee. Das geht doch nich. Was täten die Leute sagen? Sie sind keine von uns. Das schickt sich nich. Zum Teufel, Mann, jeder Pork-Knocker am Fluss würde sich das Maul über mich zerreißen. Und über Sie«, fügte er nachdrücklich hinzu.
    »Es ist mein Ernst, Lester. Wäre Ihnen ein bisschen Gesellschaft nicht willkommen? Und außerdem brauche ich niemandem Rechenschaft darüber abzulegen, wie ich mein Leben führe.« Sie war selbst ein bisschen erstaunt, mit welchem Nachdruck sie ihren Standpunkt darlegte, und dachte daran, dass ihre neu gefundene Selbstsicherheit ihren früheren Ehemann zutiefst schockiert hätte.
    Lester war immer noch ganz verdattert, aber Madi lächelte breit und flehte fast flüsternd: »Bitte, Lester, denken Sie darüber nach. Bitte.«
    Schließlich brach er in sein ansteckendes Lachen aus. »Mann, Sie sind voller Überraschungen. Was wird 'n Ihr Bruder dazu sagen … He, Bruderherz, ich fahr den Fluss rauf in den Dschungel mit meinem Kumpel Lester. Also hörn Sie, Miss Madison Wright, was wird er sagen?«
    »Na, mein Bruder, er wird sagen, ich bin 'n total verrücktes

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