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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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einer Wahrsagerin, einer Kartenlegerin gewesen oder hatte sich mit irgendwelchem esoterischen Geschwafel oder New-Age-Psychogeschwätz abgegeben. Allerdings würde sie die Möglichkeit, dass es Geister gab, nicht vollkommen von sich weisen … nahm sie an.
    Annabel warf sich den Schal über die Schulter und berührte Madis Arm. »Madison, wir sind in Guyana. Sie müssen hier solche Dinge akzeptieren. Das sollte einer Australierin doch nicht schwer fallen, wo ihr dauernd vom Geist dieses Vagabunden singt. Ich habe gehört, dass Matthew und Kevin hier in bestimmten Kreisen berühmt sind für ihr Partyduett Ihrer inoffiziellen Nationalhymne.« Die beiden Frauen tauschten ein verständnisvolles Lächeln aus. »Jumbis, Geister, Gespenster, nennen Sie es, wie Sie wollen, wir glauben daran und akzeptieren sie. Haben Sie keine Angst, Madison. Er will Ihnen nichts Böses. Er war hier zu Hause. Lassen Sie uns noch eine Tasse Tee auf der Veranda trinken.«
    Während Annabel ihnen Tee nachschenkte, dachte Madison schweigend darüber nach, mit welcher Selbstverständlichkeit die Anwesenheit eines Geistes in dem alten Haus hingenommen wurde. »Meine Liebe, es gibt hier viele Dinge, die Sie möglicherweise nicht verstehen. Kämpfen Sie nicht dagegen an, akzeptieren Sie einfach, dass es einen Grund dafür gibt. Stellen Sie sie nicht in Frage und bohren Sie nicht darin herum, gehen Sie nur geradeaus weiter und folgen Sie Ihrem eigenen Weg. Dann kann Ihnen nichts passieren.«
    Madi griff nach ihrer Tasse und nahm die wie nebenbei gemachte Bemerkung in sich auf, hatte aber das Gefühl, dass hinter Lady Annabels Worten eine Warnung stand. Sie fragte sich, ob sie damit wohl auf Ernestos Tod oder ihren Besuch in
New Spirit
anspielte.
    Madi glaubte nicht, dass sie dieses Haus noch einmal betreten würde. Wie sollte man jemand anderem erklären, dass man einen Geist gesehen hat? Darüber konnte man nicht einfach mit jedem sprechen. »Ach, übrigens habe ich gestern morgen einen Geist gesehen. Onkel Eric mit dem Holzbein.«
     
    Aber sie erzählte es Lester, als er sie am nächsten Tag zur Bank fuhr.
    Er schenkte ihr ein listiges, wissendes Lächeln. »Ah, Sie ham 'nen Jumbi gesehn, eh? Das is sehr gut, Madison. Sie stellen sich ein. Auf die Wellenlänge von Guyana. Bald werden Sie auch die Trommeln spielen.«
    »Machen Sie keine Witze, Lester, es war sehr beunruhigend.«
    »Sehn Sie, Sie sagen nich, dass es gruselig war.«
    Madison dachte einen Augenblick darüber nach. »Nein, das war es auch nicht. Aber wer würde schon Angst vor einem alten Mann mit einem Holzbein haben? Was hätte er mir tun können?«
    »Das stimmt. Aber Sie streiten nich ab, dass es 'n Jumbi war.«
    »Ich habe den Mann gesehen, ich habe das Foto von ihm gesehen, und er ist seit Jahren tot. Es war derselbe Mann. Ich habe die Existenz von Geistern nie abgestritten, ich war mir nur nicht sicher, ob es sie gibt oder nicht. Aber es kommt mir alles so … na ja, irgendwie verrückt vor. Und doch weiß ich, was ich gesehen habe.«
    »Jumbis können gut sein und schlecht sein. Der Obeah-Mann kann einen Bann aussprechen, damit sie wegbleiben. Aber wenn Sie 'nen bösen Jumbi sehn, tun Sie ihm sagen, er soll verschwinden und zu diesem Onkel Eric gehn«, meinte er glucksend.
    Madi fragte sich, wie so eine Geschichte wohl bei einer Dinnerparty in Sydney ankommen würde, und lachte laut auf.
    »Was is 'n so komisch, Miss Madison?«
    »Nur so ein Gedanke, Lester.«
    Er warf ihr einen prüfenden Blick zu und wechselte dann das Thema. »Wie wars beim Kaieteur? Ham Sie das Geheimnis gefunden … die Frösche gesehn?«
    »Hab ich! Sie sind zauberhaft.«
    »Und ham Sie gut in der Hängematte geschlafen, wo wir gekauft ham?«
    »Bestens. Ich kann Ihnen kaum die entsetzlichen Betten beschreiben, in denen ich auf der Tour beinahe hätte schlafen müssen.«
    Madi begann, von ihrem Trip zu erzählen, und Lester hörte mit Befriedigung zu, erfreut, dass sie das Erlebnis so sehr genossen hatte. »Und wo Sie das jetzt gesehn ham, was kommt als nächstes? Gehn Sie nach London?«
    »Das war nur der Anfang, Lester. Mich hat's erwischt. Ich möchte noch viel mehr vom Landesinneren erforschen.«
    »Das hört sich gut an, aber ich werd 'ne Weile nich da sein, um mir Ihre Geschichten anzuhörn. Ich will rauf zu meinem Claim. Zeit, mal wieder nach'm Feuer im Fluss zu sehn.«
    »Sie wollen nach Diamanten schürfen?«, rief Madi voller Neid. »Da oben an Ihrem Claim?«
    »Ja. Meine Mama kümmert sich

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