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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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vermutete, ins Wasser gestreut wurde. Es lähmte die Fische, die an die Oberfläche trieben und nur noch eingesammelt werden mussten.
    Der Indio zeigte auf seinen Sohn, der jetzt stolz einen zuckenden, von dem Pfeil durchbohrten Fisch hochhielt. »So isses am besten.«
    Madi hob die Hände über den Kopf und klatschte Beifall, was ihr von Vater und Sohn ein breites Lächeln einbrachte. »Benutzen die Indios viele Gifte und Heilmittel aus dem Wald?«
    »Klar. Traditionelle Medizin is sehr gut. Mann, diese Leute ham das schon vor zwölftausend Jahren rausgefunden, bevor Kolumbus nach Südamerika kam. Küstenleute wie meine Mama kennen die alten Heilweisen. Stehn sogar im Kochbuch. In Georgetown kann man nich alle Pflanzen dafür kriegen, aber die Indios ham das Wissen.«
    »Dieses Wissen sollte bewahrt werden.«
    »Sollte mehr von den Wissenschaftlern beachtet werden. Fragen Sie Pieter. Er kommt heute Abend.«
    »Pieter?«, fragte sie nach. »Meinen Sie etwa Pieter van Horen?«
    »Der holländische Pflanzenmann, wo Sie bei den Fällen getroffen ham. Kluger Mann. Sucht nach der Medizin von den Bäumen und so. Sie täten sich bestimmt freun, ihn wiederzusehn, dacht ich mir.«
    Im Laufe des Tages nahmen die Vorbereitungen für Xaviers Besuch einen immer festlicheren Charakter an. Es wurde viel gekocht, ein ganzes Ferkel wurde gebraten, der Boden vor der Haupthütte mit Besen gefegt und Tibisirimatten ausgelegt. Die Frauen schienen fast die ganze Arbeit zu machen, während die Männer in ihren Hängematten dösten oder rauchend und plaudernd in kleinen Gruppen zusammensaßen.
    Am späten Nachmittag trafen Indios aus nahe gelegenen Dschungeldörfern ein, kamen in Gruppen über die vielen Pfade und entlang der einzigen Straße, die zum Dorf führte. Frauen trugen Babys in weichen, gewebten Schlingen vor der Brust, und die Männer trugen auf dem Rücken geflochtene
warishis
, Tragkörbe, die an Stirnbändern befestigt waren.
    Kurz vor Sonnenuntergang kündigte das Lärmen der Kinder und Hunde die Ankunft der beiden Männer in einem kleinen, aber mit einem starken Motor versehenen Boot an. Xavier, geschmeidig, dunkelhäutig und gut aussehend, gekleidet in saubere Shorts und ein Hemd, dessen Ärmel über seinen muskulösen Armen hochgerollt waren, wurde von dem großen, blonden Holländer begleitet.
    Madi spürte sofort das Charisma, das von Xavier ausging, als er von den Dorfführern begrüßt wurde. Ein kräftig gebauter Indio mit bemaltem Gesicht, schulterlangen Haaren und westlicher Kleidung schien der offizielle Sprecher zu sein. Er schüttelte Xaviers Hand, klopfte ihm auf die Schulter und redete hastig auf ihn ein, während sich die Dorfbewohner um ihn scharten. Die Frauen hielten sich mit scheuem Lächeln im Hintergrund und ließen den ›Chefs‹ und den älteren Männern den Vortritt.
    Lester und Madi standen ein wenig abseits und sahen zu, wie Xavier durch die Menge schritt, die Kinder tätschelte und die Frauen begrüßte. Dann kam er lächelnd auf sie zu. Lester erklärte, dass er Madi das Diamantenland zeigte.
    »Sie sind weit weg von zu Hause. Machen Sie irgendwelche Feldstudien in Guyana?«
    Madi lächelte. »Nein, ich besuche nur meinen Bruder. Lester war so freundlich, mich unter seine Fittiche zu nehmen. Ich wollte so gern das Landesinnere sehen.«
    »Sehr gut, so lernen Sie was wahre Guyana kennen. Was macht Ihr Bruder hier?«
    »Er ist Managementberater … bei Guyminco, der Bauxitmine.«
    »Ah ja. Verstehe«, sagte Xavier mit einer gewissen Reserviertheit gegenüber der Arbeit ihres Bruders, wie Madi empfand. Xavier drehte sich zu dem Weißen um, der Madi beim Näherkommen anlächelte. »Sie kennen Pieter van Horen bereits, wie ich sehe. Er wird von den Indios sehr geschätzt. Pieter reist mit mir, um unseren Leuten zu erklären, wie wichtig die Wälder sind.«
    »Na ja, das ist ein Teil meiner Mission, auf einen einfachen Nenner gebracht. Ich habe noch eine Menge mehr zu sagen«, meinte Pieter lachend mit seinem starken holländischen Akzent.
    Xavier deutete auf eines der an den Seiten offenen Schutzdächer. »Kommen Sie, setzen wir uns. Die Frauen haben ein paar Erfrischungen vorbereitet, und wir dürfen sie nicht enttäuschen.« Er führte sie zu einer der Matten, und ein Teil der Männer setzte sich im Halbkreis um sie herum. Die Frauen eilten mit Kalebassen voll kühler Getränke herbei. Pieter setzte sich neben Madi, ein wenig abseits von der Gruppe um Xavier, und flüsterte ihr zu: »Wenn Sie das

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