Der Gesang des Wasserfalls
lieben Kleinen … kommt … kommt.«
Madi und Connor wechselten einen Blick, sie wussten nicht recht, wen sie wohl damit meinte, denn es war niemand zu sehen. Dann kamen mehrere große Otter um die Hausecke gewatschelt.
»Allmächtiger«, entfuhr es Connor.
Die Otter, alle etwa so lang wie Madi groß war, wurden von Amelia und ein paar kleinen Jungs mit Stöcken vor sich hergetrieben. Ihnen folgten mehrere kleinere Otter.
»Oh, die sind ja absolut hinreißend«, sagte Madi aufgeregt. Es waren Riesenotter, manche größer als Seehunde, mit dicken Köpfen, die auf ihren plumpen, mit Flossen versehenen Körpern zu groß wirkten, hervorstehenden, scharf und gefährlich blitzenden Augen und Schnauzen, an denen lange Barthaare sprossen. Trotz ihres unbeholfenen, schwankenden Watschelgangs bewegten sie sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit.
Beim Anblick ihrer Herrin gab es für die Lieblinge kein Halten mehr, und einer der Jungen stellte sich rasch schützend vor Madi und Connor, die wie gebannt dastanden und die Herde der bellenden und wie nörgelige alte Männer grunzenden Tiere betrachteten.
»Halten Sie sich etwas zurück«, riet Kate, »sie sind mir gegenüber sehr besitzergreifend. Versuchen Sie nicht, sie zu streicheln.«
»Ich würde nicht im Traum daran denken. Die könnten einem glatt die Hand abbeißen«, murmelte Connor. Madi war entzückt von den gurrenden, liebevollen Worten, mit denen Kate diese wilden Geschöpfe bedachte, die sich um sie drängten, sie anstießen und sich an ihr rieben, sich auf dem Schwanz aufrichteten und ihre Vorderflossen gegen ihren Körper stemmten. Kate hob einen kleinen Otter von der Größe eines ausgewachsenen Hundes hoch und ging mit dem Tier auf den Armen zum Fluss hinunter. Madi, Connor und Joseph folgten ihr mit gebührendem Abstand. Noch immer rief sie lockend mit ihrer kehligen, kultivierten Stimme: »Meine Schönen, meine Lieblinge … habt ihr mich vermisst … was für eine Freude ihr seid.«
Bald hatten sie das Ufer erreicht, die watschelnde, schwankende Menge der Otter stürzte sich ins Wasser, und Kate watete mit ihnen hinein.
»Sie hat sie gezähmt und gezüchtet. Sie weiß mehr über Riesenotter als sonst jemand in Südamerika, glaube ich«, erklärte Joseph den verblüfften Besuchern. »Ich komme oft her, um Fleisch abzuholen, und es erstaunt mich jedes Mal wieder.«
»Jetzt können Sie ruhig ins Wasser kommen«, rief Kate. Madi und Connor tasteten sich vorsichtig hinein, während aus dem Gebüsch eine Horde Kinder hervorstürmte und kreischend vor Begeisterung ins Wasser sprang. Joseph hockte am Ufer, rauchte eine Zigarette und beobachtete amüsiert das Geschehen. Die Kinder planschten mit den Ottern herum, die tauchten, wieder hochschnellten und unter Wasser schwammen und ständig zu Kate zurückkehrten, wenn sie sie mit ihren Namen rief.
»Das sind Madison und Connor, sie sind Gäste und Freunde, seid nett zu ihnen«, ermahnte Kate die Otter. Vor Madi tauchte plötzlich ein Kopf mit wachen Augen, tropfenden Barthaaren und einem Mund voll beeindruckender Zähne auf. Als sie im hüfthohen Wasser stand, stieß ihr ein kräftiger, pelziger Körper gegen die Kniekehlen, und sie verlor das Gleichgewicht, kippte um und sank in das braune, von all dem Gewimmel und Getobe aufgewühlte Wasser.
Allmählich wurden sie akzeptiert und schlossen sich dem Spiel an, aber die Riesenotter ließen sich nur von Kate mit den Armen auffangen, um über ihre Schulter ins Wasser zurückzutauchen.
Als Amelia mit einem Eimer Fisch kam, setzten sich Madi und Connor zu Joseph ans Ufer. Kate watete heraus, um den Eimer zu holen, und die Horde watschelte hinter ihr her, und einer nach dem anderen bekam einen großen Fisch von ihrer Herrin. »Sie haben eine Hackordnung, und nachdem sie ihre Tischmanieren bewiesen haben, dürfen sie sich um die Reste balgen«, lachte Kate und warf die restlichen Fische ins Wasser, auf die sich nun die ganze Otterbande stürzte.
»Sie sind erstaunlich«, sagte Connor. »Ich hatte keine Ahnung, dass sie so groß werden. Was wird mit ihnen geschehen?«
»Das hier ist ihr Zuhause, es steht ihnen frei, jederzeit zu verschwinden. Aber warum sollten sie? Hier haben sie ein gutes Leben. Es war ein Experiment, und es scheint funktioniert zu haben. Die jüngeren könnten auf sich selbst gestellt nicht überleben, vermute ich. Manchmal verschwinden die Großen und schließen sich ihren ungezähmten Freunden an, und manchmal locken sie ihre Freunde mit zu
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