Der Gesang des Wasserfalls
Gesprächsfaden wieder auf, als sich ihre Blicke nach den ersten Bissen trafen. »Am Wohlergehen dieser freundlichen Menschen, will es mir scheinen, besteht in diesem Lande wenig Interesse. Würden Sie da zustimmen, Connor?«
»Schauen Sie, man kann die Uhr nicht zurückstellen. Die Minen sind da und werden weiter bestehen. Genau wie andere Industriebetriebe, auch wenn sie sich in der Landschaft nicht sonderlich hübsch ausnehmen. Wenn die Menschen an dem Wohlstand teilhaben wollen, der durch die Industrie geschaffen wird, müssen die Unternehmen erst mal effizient und profitabel arbeiten. Und wenn die Menschen besseren Umweltschutz wollen, und dahin geht der Trend heutzutage fast überall, dann müssen sie sich mit niedrigeren Profiten zufrieden geben. Guyana kann sich verdammt glücklich schätzen, dass es mit so vielen natürlichen Ressourcen gesegnet ist.«
Pieter beugte sich vor und wedelte mit seiner Gabel. »Ich bin ganz Ihrer Meinung, Connor. Die Frage, die wir zu diesem Zeitpunkt allerdings stellen sollten, ist, wie man die Menschen an den Entscheidungen über den gegenwärtigen Entwicklungsprozess beteiligen kann. Sollen wir unseren Kaffee im Garten trinken?«
Connor warf Madi mit erhobenen Augenbrauen einen Blick zu, als die Kaffeekanne herumgereicht wurde. Madi lächelte ihm beruhigend zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie gemeinsam in den Garten gingen.
Sie setzten sich auf grob gezimmerte Holzstühle unter einem blühenden Frangipanibaum mit einem alten, knorrigen Stamm und ausladenden Ästen. Kate versicherte sich, dass sie alles hatten, was sie brauchten, und verschwand dann mit Joseph, um eine Fleischlieferung zu besprechen.
»Guter Kaffee«, sagte Pieter. »Tut gut, die tägliche Arbeitsroutine mal zu vergessen, nicht wahr?«
Connor war froh, endlich einmal zustimmen zu können. »Ja, wir haben uns hier blendend erholt. Gute Gelegenheit, die Batterien wieder aufzuladen.«
»Seltsam«, sagte Pieter, »aber mir wird meine Arbeit eigentlich nie zu viel.«
»Was genau machen Sie eigentlich?« Connor hätte sich auf die Zunge beißen mögen, als er erkannte, wie geschickt Pieter ihn auf diese Frage hingeführt hatte. »Madi scheint zu glauben, dass das Pflanzengeschäft enorme Möglichkeiten zu bieten hat«, fügte er hinzu.
Pieter war mit seinem Thema bestens vertraut. Der Überblick, den er Connor verschaffte, war so konzentriert, faktenreich und tief gehend, dass kaum Fragen übrig blieben.
»Ich habe dir ja gesagt, dass Pieter ein Experte ist«, meinte Madi. »Beeindruckt?«
»Ja, das kann ich nicht leugnen. Erstaunlich, dass die Pharmakonzerne bereit sind, Millionen Dollar für die Erforschung dieser Naturheilmittel auszugeben, wo in fünfundneunzig Prozent der Fälle das Geld zum Fenster rausgeworfen ist. Und doch wollen sie immer noch mehr.«
»Weil die Gewinne enorm sind, wenn sie ein kommerziell erfolgreiches Medikament auf den Markt bringen«, sagte Madi. »Findest du nicht auch, dass die Menschen, die dieses Wissen ererbt haben, an den Gewinnen beteiligt werden sollten?«
»Also«, sagte Connor zurückhaltend, »dazu kann ich nichts sagen. Das ist eine Entscheidung der Regierung.«
»Vielleicht wäre es eine Alternative, Forschung im Namen der Indios zu finanzieren und ihnen die Rechte an den patentierten Medikamenten zu geben«, schlug Pieter vor, als sei ihm der Gedanke gerade erst gekommen.
»Aber dafür wäre allein ein Startkapital in Millionenhöhe nötig«, protestierte Connor.
»Und?«
»So was hat es noch nie gegeben.«
»Und?«, wiederholte Pieter.
»Die IFO würde dafür kein Geld zur Verfügung stellen.«
»Aber danach erkundigt haben Sie sich noch nicht, oder?«
Connor erkannte, dass ihm kaum mehr Raum zum Manövrieren blieb, und sein schwindender Widerstand brach vollends zusammen, als er den zärtlichen, erwartungsvollen Ausdruck in Madis Gesicht sah. »Okay. Wer hat die Projektunterlagen und wer die politischen Verbindungen?«
Pieter lächelte. »Xavier und die anderen Indioführer haben einen Vorschlag ausgearbeitet. Ein Treffen in Georgetown kann kurzfristig vereinbart werden. Die zusammengestellten Unterlagen sind sehr detailliert. Ihnen ist natürlich klar, dass das alles politische Bedeutung hat, daher rechnen wir mit Ihrer Diskretion.«
»Selbstverständlich.«
An diesem Punkt der Diskussion lehnte sich Madi leicht verblüfft zurück. Nicht über Connors Kapitulation, sondern über die Erkenntnis, dass es sich um ein sorgfältig
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