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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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und Palmen standen verstreut auf dem Rasen, der bis ans Wasser reichte. Der Wasserspiegel war abgesunken und gab schlammige Uferbänke frei. Eine Stimme hinter ihm folgte seinem Gedankengang.
    »Wenn viel Regen is und Hochwasser, kommt der Fluss bis übern Rasen, tut ums Haus rumfließen …«
    Matthew drehte sich um und lächelte die mollige, tiefschwarze Afrikanerin in der gestärkten weißen Uniform an, die eine große silberne Teekanne in den Händen hielt. »Sind Sie von hier?«
    »Ja, bin hier geboren. Mein Daddy hat auf'n Flussbooten gearbeitet. Das warn Zeiten, eh. Gute Zeiten.«
    »Und jetzt?«
    »Schlimme Zeiten in der Mine vor 'n paar Jahren. Überall in Guyana. Jetzt isses immer noch nich so gut. Sehr still. Vielleicht tun sie zumachen, was? Oje, die Partys, wo wir hier hatten. Oje.« Sie kicherte.
    »Mein Name ist Matthew Wright. Ich werde hin und wieder hier übernachten, nehme ich an.«
    »Ich bin Shanti. Sie tun mir sagen, was Sie brauchen, ich bring Ihnen alles.«
    Matthew lächelte sie an. »Vielen Dank.« Er schaute über den Fluss. »Was ist da drüben hinter dem Ort? Kann man da auf eigene Faust ein bisschen in den Dschungel gehen?«
    Sie verzog die Lippen. »Warum wollen Sie das denn? Tun Sie beim Fluss bleiben. Viel hübscher. Viel sicherer. Da drüben gibt's Jumbis. Heut nacht kommt der große Mond, da sollten Sie nich draußen sein.«
    »Na ja, ich hatte nicht direkt an heute Abend gedacht …«
    Shanti linste durch die Lamellen. »Schlechte Zeit vom Jahr, Regen, großer Mond, und nachts kommt der Jumbi. Tun Sie die Fenster zumachen. Stellen Sie die Klimaanlage an.«
    »Nein, nein, die Ventilatoren reichen mir. Ich habe gern frische Luft. Aber was sind denn Jumbis, Shanti?«
    »Böse Geister. Gibt ganz verschiedene. Is nich gut, eim Jumbi zu begegnen.« Sie fröstelte bei dem Gedanken. »Ich bring jetzt diese Kanne runter fürn Lunch.« An der Treppe wandte sie sich noch einmal zu ihm um. »Tun Sie gut auf sich aufpassen heut Nacht.«
    Matthew erwähnte die Jumbis gegen Ende des Essens, und Lennie warf lachend den Kopf zurück. »Die sind ja so abergläubisch. Mann o Mann, können die sich Geschichten ausdenken, wenn sie was nicht tun wollen. Ganz schön verrückte Geschichten über Geister, ihre Art afrikanischer Voodoo, nehme ich an. Aber sie scheinen daran zu glauben.«
     
    Am Abend trafen sich die beiden Australier mit Stewart Johns in dessen Haus, um die Übernahme der Mine zu besprechen. »Eine verdammte Schande ist das! Gute Leute, gute Ressourcen und gute Möglichkeiten. Aber alles in einem grauenhaften Zustand, nicht wahr?« Der Chef verfiel in sein berühmtes Schweigen, wie er es auch bei Konferenzen tat. Das war das Zeichen für die anderen, ihre Ansichten einzubringen.
    »Vom technischen Standpunkt aus können wir es bewältigen, aber die Kosten werden enorm sein«, stellte Kevin klipp und klar fest.
    »Und die Frage ist, werden wir kostendeckend verkaufen können?«, fügte Matthew hinzu.
    Johns antwortete nicht sofort, sagte dann aber nach einer nachdenklichen Pause: »Ich glaube schon. AusGeo hat sich noch nie vor einer Herausforderung gedrückt, aber es würde die Firma in Gefahr bringen, wenn wir zu viele aussichtslose Fälle wie diesen übernehmen würden. Ich denke jedoch, wir können Guyminco einen einigermaßen realistischen Plan für eine Privatisierung innerhalb von zwölf Monaten vorlegen. Wir können damit beginnen, ein Vertrauensklima zu schaffen, an dem es momentan auf traurige Weise mangelt.« Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Trotz der finanziellen Ausblutung des Unternehmens durch die Regierung hat sich der jetzige Angestelltenstab tapfer geschlagen angesichts des Mangels an Bargeld und Ersatzteilen, auch an Bemühungen der Direktion und allgemeiner Unterstützung hat es nicht gemangelt. Aber so kann es nicht weitergehen. Sie stehen ganz kurz vor dem endgültigen Aus«, schloss er.
    »Ich nehme an, das wissen sie alle«, sagte Kevin.
    »Das hier ist ihre Zukunft. Das Investitionsklima in Guyana ist jetzt gesünder, als es lange Zeit war. Wenn die Menschen in diesem Land auf die Füße kommen wollen, dann wird die Mine, sobald sie wieder mit voller Kapazität produziert und Profit abwirft, für die Regierung, die Bevölkerung und den Rest der Welt ein Zeichen sein, dass hier eine neue Ära begonnen hat.«
    Er schaute Matthew und Kevin an, und die beiden Männer nickten. Wenn ihr Chef sagte, es sei machbar, dann würden sie es machen,

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