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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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trotz ihrer Bedenken. Das war der Grund, warum sie bei AusGeo blieben, selbst wenn ihnen bessere Angebote winkten. Johns war ein mitreißender Anführer. Sie arbeiteten gern für ihn, weil das oft bedeutete, das Unmögliche zu erreichen.
    »Also gut. Während der nächsten Wochen werden wir unsere Einschätzungen und Lösungsvorschläge zu einem detaillierten Aktionsplan zusammenfassen. Sie wissen beide, auf welche Gebiete Sie sich zu konzentrieren haben. Legen Sie los! Wir treffen uns montags bis samstags jeweils um sechzehn Uhr dreißig zu der üblichen Besprechung. Sonntags haben Sie frei.«
    Kevin und Matthew schlenderten im hellen Mondlicht über den Rasen zurück zum
Wanika House
. »Ich beneide dich nicht darum, eine Marketingkampagne auf die Beine stellen zu müssen«, sagte Kevin.
    »Dafür muss ich erst mal ein wesentlich überzeugenderes Produkt haben. Guyminco hat sehr viel an Marktanteilen verloren, da stimme ich dir zu.«
    Leise stiegen sie die Treppe hinauf, tranken noch ein letztes Glas auf der Veranda und gingen dann in ihre Zimmer. Matthew bemerkte das aufgeschlagene Bett, die fest geschlossenen Fenster und die eingeschaltete Klimaanlage, die kalte Luft ins Zimmer blies. Er stellte sie ab, öffnete die Fensterläden, knipste das Licht aus und fiel, ohne sich um das Moskitonetz zu kümmern, ins Bett. Bisher hatte er die Moskitos nicht als unangenehm empfunden, außerdem fühlte er sich von dem dichten Netz eingeengt.
    Als er während der Nacht wach wurde, strich eine angenehme Brise über sein Gesicht. Trotzdem fühlte er sich unwohl. Er bewegte sich und drehte sich auf die Seite, schoss aber sofort wieder hoch, weil er spürte, dass irgendein Tier an ihm war. Matthew fuchtelte mit den Händen, schlug heftig um seinen Kopf. Ein Flattern und Kratzen machte ihn plötzlich hellwach, er schlug sich etwas vom Nacken und griff nach dem Lichtschalter. Der Anblick von Blut auf dem Kissen und auf dem weißen T-Shirt, das er trug, erfüllte ihn mit Entsetzen. Er spürte nichts. Eine Spinne, eine Schlange, was … ihm wurde eiskalt, als er neben dem Bett eine kleine, wie betäubt daliegende Fledermaus sah, deren einer Flügel schwach zuckte. Im ersten Augenblick sah das Tier weich und harmlos aus, bis er die spitze Nase und die langen Zähne entdeckte. Bei der Erkenntnis, dass es sich um eine Vampirfledermaus handelte, überlief ihn ein Schauder. Er legte die Hand an den Nacken und spürte, wie Blut heraussickerte. Gott, wie viel Blut mochte er wohl schon verloren haben? Er fühlte sich schwach. Lag das am Blutverlust oder an seinem Entsetzen über die Art und Weise, wie er es verloren hatte?
    Die Finger immer noch auf die Bisswunde gepresst, stolperte er hinaus auf die Veranda, war sich aber bewusst, dass es ihm nichts nützen würde, Kevin zu wecken. Er ging nach unten, durchquerte die Halle und das Speisezimmer und kam in die große Küche. Im Mondlicht konnte er klobige Haushaltsgeräte, einen Kühlschrank, einen langen Tisch und eine frei stehende Werkbank erkennen. Er öffnete den Kühlschrank und griff nach dem hohen Krug mit abgekochtem Wasser, in einem Küchenschrank fand er ein Glas. Er stürzte das Wasser hinunter, füllte das Glas mehrfach wieder nach und zog dann zwei Falttüren auf, hinter denen sich die Speisekammer befand. Vielleicht gab es hier einen Erste-Hilfe-Kasten, aber wie zum Teufel behandelte man einen Vampirbiss?
    Er tastete im Halbdunkel herum, verschob große Konservenbüchsen, bis das Küchenlicht anging und Shanti in einem verblichenen geblümten Morgenrock im Türrahmen erschien und ihn erstaunt anstarrte.
    »Immer noch hungrig, Mr. Matthew?«
    Dann sah sie das Blut an ihm und stieß ein erschrecktes Keuchen aus. »Oje, o Gottogott. Was ist mit Ihnen passiert?«
    Matthew sank auf einen Küchenstuhl nieder. »Eine Fledermaus hat mich gebissen. Ein Blutsauger … so ein Vampirding. Übertragen die Krankheiten?«
    »Die sind böse, ganz böse. Das blutet und blutet, Mr. Matthew. Besser, wir gehn zum Obeah-Mann. Ziehn Sie sich was an und wir gehn hin, jetzt gleich. Er wird Ihnen helfen.«
    »Jetzt? Ist er Arzt? Ist es weit? Wie kommen wir dorthin?«
    »Hörn Sie auf zu reden und tun Sie sich was anziehn. Ja, wir gehn, jetzt gleich.« Shanti wurde ganz geschäftig, redete wie zu sich selbst und eilte in ihr Zimmer, um sich etwas überzuziehen.
    Matthew befühlte seinen Nacken. Er war immer noch klebrig, und nach wie vor sickerte Blut aus der Wunde. Da er zu müde für eine

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