Der Gesang des Wasserfalls
Tür.
»Hier. Willkommen in Guyana.« Connor kam herein und hielt ihr einen Porzellankrug mit wunderschönen Paradiesvogelblumen und zwei Zweigen weißen Ingwers entgegen. Der Duft war überwältigend und exotisch. Er stellte den Krug auf die Frisierkommode. Connor war tropfnass, und sie erkannte, dass er im Garten gewesen sein musste, um die Blumen für sie zu pflücken.
»Morgen wird alles besser aussehen«, grinste er. »Der Regen wird aufhören, und Matthew wird gegen Mittag zurück sein.«
»Vielen Dank, dass Sie mich abgeholt und auf mich gewartet haben …«
Er streckte die Hand aus und fuhr mit dem Daumen unter ihrem Auge entlang. »Verschmierte Wimperntusche. Sie sehen wie ein Waschbär aus. Viel Glück, Madison.«
Als er zur Treppe ging, hob Madison die Ecke des Moskitonetzes hoch, und während sie ins Bett fiel, fragte sie sich, was sie von diesem Mann halten sollte, der so herrisch war … und doch sanft genug, den Duft der Blumen wahrzunehmen.
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Fünftes Kapitel
M adison erwachte langsam, öffnete aber nicht die Augen. Sie lauschte dem unbekannten Vogelgezwitscher, dem leisen Klicken des Deckenventilators, dem rhythmischen Scharren eines Reisigbesens, den Stimmen auf der Straße, dem fröhlichen, singenden Tonfall eines unvertrauten Akzents. Ein Metalltor scharrte über Zement, wurde dann zugestoßen.
»Guten Tag, Singh.«
»Wie geht's, Hyacinth?«
»Geht so, Mann.«
Ein Hund bellte. Andere Hunde fielen ein, und Singh brüllte sie an, um sie zum Schweigen zu bringen.
Madison drehte sich auf die Seite. Sie öffnete ein Auge, und durch den Schleier des Moskitonetzes erblickte sie den Krug mit den Blumen. Sonnenlicht strömte ins Zimmer, und ein Windhauch trug ihr den Duft des Ingwers zu und ließ die Glaslamellen leise klirren.
Der starke Duft des weißen Ingwers brachte die Erinnerung an die gestrige Nacht und an Connor zurück, wie er ihr, durchnässt vom Regen und dem feuchten Garten, die duftenden Blumen hinhielt. Diese Geste hatte ihren ersten Eindruck von ihm als einem selbstsicheren, etwas zynischen, karriereorientierten Erfolgstyp erschüttert. Die Tatsache, dass er bereit gewesen war, spät nachts eine Stunde durch den Regen zu fahren, um die Schwester seines Freundes abzuholen, musste bedeuten, dass er und Matthew sich gut verstanden. Sie nahm an, dass er typisch für die Art von Männern war, mit denen Matthew im Ausland zu tun hatte – sie alle waren ehrgeizige, abenteuerlustige Kerle, die sich auf der internationalen Erfolgsleiter ihren Weg nach oben bahnten. Er sah gut aus auf diese offene australische Art, hatte rotgoldenes Haar und freimütige blaue Augen, war nicht sehr groß, hatte aber einen kräftigen Brustkorb und breite Schultern. Sie zweifelte nicht daran, dass er Frauen gegenüber einen gefährlichen Charme haben konnte.
Madi setzte sich auf und krabbelte unter dem Moskitonetz hervor, verärgert über ihre schweifenden Gedanken. Sie war hier, um ihren Bruder zu sehen, ein ganz anderes Land zu erleben und suchte mit Sicherheit nicht nach irgendeiner Liebesgeschichte. Connor Bain war einer der Freunde ihres Bruders, und sie hoffte, dass sie alle miteinander auskamen, ohne dass er oder sonst jemand ihr sexuelle Avancen machte.
Aus der Dusche kam nur ein Rinnsal kalten Wassers, also entschied sich Madison dagegen, ihre Haare zu waschen. Sie ging in die Küche, wo ein dralles schwarzes Mädchen mit einem Schopf krauser Locken eifrig damit beschäftigt war, Teig auf einem bemehlten Brett zu kneten. Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab und lächelte Madison fröhlich an.
»Willkommen, Miss. Ich bin Hyacinth. Gut geschlafen?«
»Ja, vielen Dank, Hyacinth. Ich bin Madison Wright.«
»Ah, Schwester von Mr. Matt. Soll ich zeigen, wie alles geht?«
»Ja, gern. Was ist mit der Dusche los? Gestern nacht war sie noch in Ordnung.«
»Oje, Sie müssen alles lernen.« Hyacinth band sich die Schürze ab. »Komm, ich zeige Ihnen.«
Vierzig Minuten später hatte Madison ihre Haare gewaschen und sich mit den Komplikationen der Wasserversorgung von Georgetown und ein paar anderen häuslichen Besonderheiten vertraut gemacht. Ihr brummte der Kopf von den Anweisungen bezüglich der Wasserpumpe: wann sie an- und abzustellen war; wie man den Dieselgenerator vorglühte und anwarf, um Strom zu haben, wenn die öffentliche Stromversorgung ausfiel, was fast täglich geschah; wo die großen, tragbaren Gasflaschen für den Ofen verstaut und wie die Schlösser am Tor zu
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