Der Gesang des Wasserfalls
Genaugenommen bin ich Kolumbianer«, fügte er hinzu. »Und Sie?«
»Australierin. Madison Wright. Ich will meinen Bruder besuchen – er ist momentan in der Guyminco-Bauxitmine beschäftigt.«
»Ah ja, wir machen Geschäfte mit der Mine … auf die eine oder andere Art. Manchmal hapert es bei Guyminco am Geld.« Er zuckte die Schultern. »Sie haben Probleme.«
»Ja, AusGeo, die Firma meines Bruders, soll die Mine sanieren. Wie können Sie Geschäfte mit ihnen machen, wenn sie kein Geld haben?«
»Wir lassen uns in Bauxit bezahlen und verkaufen es dann auf dem offenen Markt. Das ist nur eine Art Warenaustausch. Geschäft ist Geschäft«, strahlte er. »Was wollen Sie denn unternehmen während Ihres Aufenthalts hier?«
»Ich weiß noch nicht. Was schlagen Sie vor?«
»Sie sollten sich die Kaieteurfälle ansehen – das Juwel von Guyana.«
Sie unterhielten sich weiter, und Madison spürte, wie sie sich mehr und mehr für diesen freundlichen und mitteilsamen Mann erwärmte.
Plötzlich war sie an der Reihe und ließ die eindeutig ihren sexuellen Reizen geltende Musterung des Passbeamten über sich ergehen, bevor er sich wieder seiner absichtlich langsamen und umständlichen Überprüfung des Passes widmete. Schließlich fiel der Stempel mit dem offiziellen Einreisevermerk, und sie kam durch einen Durchgang in eine schäbige Halle, wo das Gepäck aufgetürmt lag. Nachdem sie ihre Reisetasche endlich gefunden hatte, trug sie sie zu einer großen, kräftig gebauten schwarzen Zollbeamtin, die einen Blick auf die Tasche warf und mit knappen Worten fragte: »Zollfreie Waren, Haushaltsgegenstände, Nahrungsmittel, Alkohol, Einkäufe?«
»Das brauche ich alles nicht, ich bin nur hier, um Ferien bei meinem Bruder zu machen. Bitte überzeugen Sie sich selbst, wenn Sie wollen.« Madison versuchte, höflich zu bleiben, ihre wachsende Ungeduld zu verbergen.
Sie wurde durchgewinkt, zog die mit Rädern versehene Tasche hinter sich her und betrat einen hell erleuchteten Bereich, der gleichzeitig als Warteraum für Ankunft und Abflug benutzt wurde. Dahinter lag ein überfüllter Parkplatz, auf den der Regen weiterhin hinabrauschte. Madison blieb verwirrt stehen, umgeben von geschäftigen, drängenden, rufenden Taxifahrern und Gepäckträgern, die alle auf Kundschaft warteten.
In diesem Moment griff eine Hand nach ihrem Ellbogen. Sie wirbelte herum, um sich gegen diese Dreistigkeit zur Wehr zu setzen, und sah sich plötzlich einem gut gekleideten Mann mit rötlichem Haar und blauen Augen gegenüber. Er lächelte sie an und sagte mit einem angenehmen australischen Akzent: »Sie müssen Madison sein. Ich bin Connor Bain. Lassen Sie uns von hier verschwinden.« Er nahm ihre Tasche und führte sie, die Hand noch immer an ihrem Ellbogen, rasch durch die Menge.
Ein Ruf ließ sie stehen bleiben. »Hallo, Madison!« Antonio eilte auf sie zu, eine hübsche, kleine, dunkelhaarige Frau war bei ihm. »Madison, das ist meine Frau Celine. Alles in Ordnung mit Ihnen, oder wollen Sie mit uns kommen?« Er schaute Connor, der Madison nach wie vor am Ellbogen hielt und die Stirn runzelte, prüfend an.
Madison stellte ihn rasch vor und bedankte sich bei Antonio. »Connor ist ein Freund meines Bruders. Trotzdem vielen Dank.«
»Rufen Sie uns nächste Woche an und erzählen Sie uns, wie es Ihnen ergangen ist«, rief Antonio ihr nach, als Madison, vorwärts gedrängt von Connors Hand an ihrem Arm, auf den regenüberfluteten Parkplatz hinausstolperte.
»Beeilen Sie sich, es ist nass.«
»Das sehe ich selbst, aber musste denn unbedingt alles so schnell gehen?«, fragte Madison, während Connor ihre Tasche auf den Rücksitz schob und ihr die Beifahrertür aufhielt.
»Ich will diesem Wanderzirkus, den diese Zollkonferenz ausgelöst hat, zuvorkommen. Sie fallen für die Konferenz hier ein und übernehmen die Stadt. Die Straßen sind vollkommen verstopft, wenn die unterwegs sind. Wer war denn der Mann überhaupt?«
»Ich habe ihn während der langweiligen Warterei bei der Passkontrolle kennen gelernt – übrigens vielen Dank, dass Sie auf mich gewartet haben. Er handelt mit Maschinen.«
»Dachte mir doch, dass ich ihn kenne. Kolumbianer, soviel ich weiß.« Er warf ihr in der Dunkelheit einen Blick zu. »Gabeln Sie immer Männer in Flugzeugen und auf Flughäfen auf?«
Madison war müde und reagierte gereizter, als sie eigentlich wollte. »Er war sehr hilfsbereit, und falls Sie es nicht bemerkt haben sollten, das war seine Frau, die ihn
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