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Der Gesang des Wasserfalls

Der Gesang des Wasserfalls

Titel: Der Gesang des Wasserfalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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einer buntgemusterten Krawatte unter dem verknitterten, beinahe weißen Hemdkragen. In der einen Hand hielt er einen schwarzen Regenschirm, in der anderen eine zerfledderte Bibel.
    John führte seine Gruppe in den Schnapsladen, und während sie ihre Einkäufe tätigten, schlenderte Madi die Straße entlang, die sich zu einem kleinen Platz erweiterte, der in der Mitte mit Gras bewachsen und von mehreren schattenspendenden Bäumen bestanden war. Unter den Bäumen saßen etwa fünfzig Indios, Männer, Frauen und Kinder. Sie hörten aufmerksam einem Mann zu, der eindeutig ebenfalls ein Indio war. Madi kniff in der Sonne die Augen zusammen, um ihn besser erkennen zu können. Ja! Es war der gleiche Mann, den sie beim Indiohospiz in Georgetown kennen gelernt hatte, der Mann, den Lester ihr vorgestellt hatte. Wie hieß er doch gleich? Ach ja, Xavier Rodrigues.
    »Komm, Madi«, rief Matthew. »Zurück in die Zivilisation.«
    Sie warf noch einen Blick auf die Indioversammlung, drehte sich dann um und rannte den Männern nach, die jeder einen Kasten Bier trugen.
    Als sie an der Kirche vorbeikamen, gingen gerade die letzten Mitglieder der Gemeinde hinein, mit dem Mann im schwarzen Anzug als Schlusslicht. Er blieb unter dem Vordach des Kircheneingangs stehen, seine Aufmerksamkeit war gefesselt durch die Gruppe, die mit Bierkästen beladen die Straße entlang kam.
    Sein Gesicht war schweißüberströmt, und seine Augen traten fiebrig hervor. Seine Stimme erhob sich zu einem Predigtgesang:
»O ja, ich höre den Herrn, und er spricht zu mir, und er sagt, hier kommt der Teufel … Ja, Sir, der Teufel kommt und fährt in diese armen Leute und macht sie wild und verrückt … verrückt nach dem Teufelsgetränk.«
Er drohte der Gruppe mit seinem Schirm.
»Ihr werdet alle in der Hölle schmoren, nur der Herr Jesus kann euch retten, ja, Sir, ihr seid in großen Schwierigkeiten mit dem Herrn Jesus.«
    John reagierte als einziger darauf, während die anderen sich etwas verlegen fühlten. »Da mögen Sie Recht haben, Sir«, sagte er. »Nur die Zeit wird das zeigen.«
     
    Der Nachmittag zog sich bei Rum und Bier angenehm träge dahin. Die Frauen folgten John und Ann an den kleinen Strand, um ein kühlendes Bad zu nehmen und auszuprobieren, wie erfolgreich sie beim Angeln waren. »Vielleicht erwischt ihr ja einen vorbeischwimmenden Apapraima«, witzelte John. »Einen der größten Süßwasserfische der Welt.«
    »Gibt es hier wirklich Fische?«, fragte Sharee.
    »Nur Piranhas, hauptsächlich«, erwiderte John leichthin.
    Madi machte einen Satz. »Nur Piranhas? Du machst wohl Witze! Du meinst, die sind hier rumgeschwommen, während wir Wasserski gefahren sind?«
    »Das Schnellboot hält sie ab«, sagte Ann, aber in diesem Augenblick holte John seine Angelschnur ein und zog einen Piranha auf das grasige Ufer.
    Die Frauen drängten sich um den Fisch, der auf dem Gras zuckte. Madi betrachtete das breite, spitz zulaufende Maul mit den schrägen Reihen scharfer Zähne.
    Erinnerungen an Abenteuerromane, in denen ganze Rudel gieriger Piranhas unglückliche Opfer innerhalb von Minuten zerfleischten, ließen sie erschaudern.
    Sharee griff nach einem Stock und stieß den Fisch damit an, der den Stock prompt wütend in der Mitte durchbiss, worauf sie erschreckt zurücksprang.
    Leise lachend hielt John den Fisch vorsichtig fest, drehte den Haken aus der Seite des Mauls und schleuderte das Tier mit einem weit ausholenden Wurf zurück ins Wasser.
    »Jetzt hast du ein Beispiel der Tierwelt Guyanas kennen gelernt, Madi«, sagte John.
    »Ich hab mal einen Jaguar gesehen«, verkündete Sharee. »Auf einer Fahrt nach Brasilien mit meiner Familie. Er war wunderschön.«
    Madi griff das sofort auf. »Genau das will ich auch.«
    »Nach Brasilien fahren?«, fragte Connor, der zusammen mit Matt und Kevin zu ihnen gekommen war, um den Fang zu begutachten.
    »Egal was. Auf jeden Fall ins Landesinnere, um das wirkliche Land und die Menschen und die Tiere kennen zu lernen. Am liebsten würde ich den Mazaruni hinauffahren.«
    »Sie hat wieder in Gwens Buch gelesen«, seufzte Matthew.
    »Wessen Buch?«, fragte Ann.
    Madi erzählte ihr rasch von der abenteuerlustigen jungen Australierin und ihrer Diamantenjagd in den zwanziger Jahren.
    Als sie geendet hatte, fragte Ann: »Möchtest du gern zu den Fällen hinauf?«
    Viti sah zu der groß gewachsenen, eindrucksvollen Engländerin auf. »Fälle? Welche denn?«
    »Die Kaieteurfälle natürlich. Es gibt viele großartige

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