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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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zu deiner Familie, und ich …«
    Ja, was würde er tun?
    »Du kommst mit«, entschied Maria Christina. »Du kommst mit zu meiner Familie, und wir werden heiraten.«
    Er lachte leise. »Schön wär's. Aber ich bin ein einfacher Schreiner.«
    »Du bist ein Holzschnitzer, hast du mir gesagt.«
    »Nun gut, einige Sachen habe ich schon modelliert, aber ich weiß nicht, ob das reicht, um eine Familie zu erhalten.«
    »Mein Vater wird schon aushelfen. Er hat genug Geld.«
    Brenski richtete sich auf.
    »Sprich nie mehr so zu mir«, sagte er. »Sprich nie mehr vom Geld deines Vaters.«
    »Aber warum denn nicht? Ich bin doch seine Tochter! Er hat wirklich genug Geld, und warum soll ich davon nicht sprechen? Ist Geldhaben eine Krankheit, etwas Ansteckendes?«
    Sie hat sich in den wenigen Tagen von Grund auf verändert, dachte er. Wo er Bescheidenheit, Zurückhaltung, ja Frömmigkeit gefunden hatte, im Kloster, vor dem Angriff der Marokkaner, da fand er heute, so schien es ihm, dem stets Argwöhnischen, das Töchterchen eines großen Finca-Besitzers und Bankiers.
    »Nein, Geld ist keine ansteckende Krankheit, aber willst du einen Mann, der von deinem Vater oder von dir ausgehalten wird?«
    Sie lachte. Aber in ihren Augen war ein harter Glanz. »Weder mein Vater noch ich tun etwas umsonst. Meine Familie hat gegeben und genommen. Sie war gerecht, zu sich und zu anderen. Wenn andere Mißerfolg hatten und wir Erfolg, so ist das nicht die Schuld meiner Familie, sondern die Schuld derer, die sich vielleicht nicht so angestrengt haben, vielleicht nicht früh genug aufgestanden sind. Aber ich weiß, was trotz all der negativen Erfahrungen, die du gemacht hast, immer noch in dir steckt, und das ist wahrhaftig eine Krankheit – dein Glaube an den Sozialismus. Der Glaube, daß alle Menschen gleich seien, Brüder. All die Schlagworte, die schon in der Französischen Revolution aufgekommen sind: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, und doch wurden diese Parolen nie verwirklicht – weil sie sich nicht verwirklichen lassen! Wenn du mich fragst, dann wird damit nur die Masse trunken gemacht, beruhigt, damit sie die neuen Herren duldet, die von unten gekommen sind und hart genug waren, sich über Berge von Leichen nach oben zu kämpfen. Dein Beleidigtsein, weil ich davon sprach, daß mein Vater zuerst einmal für uns sorgen könnte, zeigt, wie sehr du aus einem reglementierten Milieu stammst. Du bist wahrhaftig ein Deutscher – ein Preuße, so wie man es in den Büchern liest, wo diese Deutschen und Preußen dann zur Karikatur werden. Dein Stolz ist ein falscher Stolz. Es ist der Stolz eines primitiven Matadors, der einen bis zur tödlichen Erschöpfung gehetzten Stier absticht. Ich hasse den Stierkampf, ich hasse den falschen Stolz, und ich hasse Männer, die sich selbst immer beweisen müssen, daß sie Männer sind.«
    Brenski nickte. »Das war eine ziemlich lange Rede. Für mich gibt es nur eine Antwort darauf – alles, was du gesagt hast, ist falsch und auch wieder richtig. Natürlich bin ich zu stolz, um von deinem Vater Geld zu nehmen. Natürlich bin ich ein Deutscher. Aber das soll ein Makel sein? Über kurz oder lang würdest du es hassen, daß ich ausgehalten werde, oder ich würde dich hassen. Und ich weiß auch gar nicht, was diese akademische Unterhaltung soll. Ich gehe nach Frankreich zurück, du gehst zu deinen Eltern. Und wenn der Krieg einmal aus ist – so oder so – und wenn ich aus mir selbst etwas gemacht habe und wenn ich dann überhaupt noch für dich eine Rolle spiele, dann können wir weitersehen.«
    Sie blickte ihn lange an. Sie zog das Laken bis unter ihr Kinn. »Für dich habe ich das Kloster aufgegeben«, sagte sie, »und du willst mich im Stich lassen?«
    »Du hast nicht für mich das Kloster aufgegeben. Du bist vor den Marokkanern geflohen und warst froh, daß du den Druck nicht mehr auf dir hattest, leben zu müssen, wie du leben mußtest. Daß gerade ich es war, den du für deine Flucht wähltest, das ist wahrscheinlich nur ein Zufall.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht! Ich hätte mich mit den anderen Novizinnen geopfert. Denn wenn Gott es so wollte, dann wollte er es eben so.«
    »Gott kann nicht gewollt haben, daß die Marokkaner das Kloster stürmen und die Novizinnen vergewaltigten und abschlachteten. Er ist kein blutgieriger Dämon, dein Gott.«
    »Mein Gott? Hast du etwa keinen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Bist du nie zur Kirche gegangen?«
    »Als Kind schon. Aber das ist lange

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