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Der Geschichtenverkäufer

Der Geschichtenverkäufer

Titel: Der Geschichtenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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seine einzige Auserwählte sein.
    Ich sagte: Meinst du, du hättest gern gehört, daß ich den halben Schriftstellerverband mit Uemen versorge? Hättest du dann noch Wert auf unsere Zusammenarbeit gelegt?
    Er schüttelte den Kopf. Laß, sagte er.
    Aber die Rezensionen deines letzten Romans haben dir gefallen, sagte ich, und Wenche auch. Du hast von mir eine achtseitige Synopsis bekommen, und viel zu bezahlen brauchtest du dafür auch nicht. Ich stimme übrigens dem Kritiker zu, der deine Sprache als mitunter schlampig bezeichnet. Du hättest mich bitten sollen, dein Manuskript zu lesen, du weißt, daß ich für einen solchen Durchgang nicht viel berechne.
    Er riß sich zusammen. Wem hilfst du sonst noch? Fragte er.
    Ich legte den Finger an den Mund. Hast du den Verstand verloren? fragte ich.
    Er musterte mich mit treuherzigem Blick. Er glaubte offenbar noch immer, zwischen uns bestünde eine exklusive Vertraulichkeit. Ich sagte: Wäre es dir denn recht, wenn ich Berit oder Johannes von dir erzählte?
    Du hilfst also Johannes?
    Also wirklich, Robert. Es reicht. Ich glaube, du bist müde. Erzähl mal! Wie geht es dir so?
    Total mies, sagte er.
    Er sah nicht gut aus. Es war auffällig, wie grau er im vergangenen Jahr geworden war. Er war der Typ, der auch in späteren Jahren eine dichte Mähne behält, nun aber schien er Haare zu verlieren.
    Er fragte: Hast du irgendwem von mir erzählt?
    Natürlich nicht, erwiderte ich wahrheitsgemäß. Ich sagte: Ich bin die Diskretion selber. Ich bin bis in die Fingerspitzen bilateral. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen, jedenfalls nicht, solange du dich anständig benimmst.
    Einige Wochen darauf tauchte er wieder auf, auch dieses Mal unangemeldet. Ich ärgerte mich. Es war unerträglich, daß sich ein Autor in mein Privatleben drängte. Ich hatte Rennereien im Treppenhaus schon gehaßt, als die Rotznasen aus der Nachbarschaft mit mir im Hinterhof Cowboys und Indianer spielen wollten. Ich hätte Besuch haben, in vergnüglichem Kolloquium mit einer Autorin sitzen oder in tiefer Konzentration versunken sein können. Wenn ich Besuch erwartete, schickte ich außerdem erst Meter ins Schlafzimmer. Seltsamerweise ließ er sich das ohne Widerspruch gefallen.
    Es wurde deutlich, daß es Gerede gegeben hatte. Ich ahnte, daß über mich und meine Beratertätigkeit gesprochen wurde. Ich nahm außerdem an, daß alle, die miteinander gesprochen hatten, zugleich energisch leugneten, selbst auf meiner Kundenliste zu stehen. Ich war immer schon gut im Raten, es ist verwandt mit dem Ersinnen von plausiblen Geschichten.
    Mir ging zum ersten Mal auf, daß man mir etwas antun könnte. Ich fühlte mich jetzt schon dermaßen unter Druck gesetzt, daß ich Robert von den Tonbändern erzählen mußte. Ich hatte auch Schecks von ihm bekommen und sie fotokopiert. Ich erzählte ihm, wie ich alles geregelt hatte: daß mein Bankschließfach sofort geöffnet werden würde, wenn mir etwas zustieße. Ich ging davon aus, daß ihn das zur Ruhe bringen würde. Erst aber wurde er wütend und empört, er war groß, jedenfalls einen Kopf größer als ich. Ich hatte schon zweimal miterlebt, wie er die Beherrschung verlor. Doch bald senkte sich die Ruhe der Resignation über ihn, und ich gönnte sie ihm. Es tut nie gut, mit der freundlichen Hoffnung auf Hilfe zu leben, wenn man sich in Wahrheit in einer hoffnungslosen Lage befindet. Wer sich in einer hoffnungslosen Lage befindet, macht alles nur noch schlimmer, wenn er sich an die wirklichkeitsferne Erwartung klammert, eine Wunderkur könne die Sache noch zum Guten wenden. Apathie ist dem als Gemütszustand fast vorzuziehen. Ich sprach freundlich und verständnisvoll auf ihn ein, auch das war eine Art Autorenpflege. Ich sagte, niemand werde je erfahren, was er von mir gekauft habe. Ich schenkte ihm mehrere große Whiskys ein und erkundigte mich nach Wenches Befinden.
    Ich begegnete ihm erst zwei Jahre später wieder, er sah bleich aus und berichtete von einer akuten Schreibhemmung. Diesmal wolle er sein Glück mit einem Kriminalroman versuchen, sagte er, und ich ließ ihn zwischen zwei Synopsen wählen. Das war großzügig. Robert wußte, daß die Synopsis, die er sich nur ansah, aber nicht kaufte, fortan wertlos sein würde. Ich wußte, ich würde sie aus dem Ordner für verkäufliche Notizen in den für Geschichten verlegen, die ich in Gesellschaft zum besten geben konnte. Ich hatte nicht ganz mit dem Geschichtenerzählen aufhören können, es half bei der

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