Der Geschmack der Liebe
gewesen, aber es hatte echt gut getan!
„Das war jetzt aber mal so richtig nötig, oder?“ Der Typ lächelte sie unbeirrt an und reichte ihr die Handtasche. „Na, da bin ich ja froh, dass ich helfen konnte.“ Luisa bemerkte erst jetzt, was für tolle graue Augen der Kerl hatte, doch da wandte sich der auch schon in Richtung Ausgang, als sei nichts gewesen. An der Drehtür blickte er sich noch mal um und strahlte sie so charmant an, dass Luisa sich einen Moment lang nicht mehr daran erinnerte, was eben eigentlich passiert war, und dann verschwand er. Entgeistert starrte Luisa ihm hinterher, bis das Klappern der Anzeigentafel sie wieder zurück in die Realität holte. Der Flieger ihrer Mutter war gelandet, Luisa rannte los.
Als Anna endlich mit ihrem riesigen Koffer und dem Rucksack aus dem Gate trat, wusste Luisa noch immer nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Sie konnte ihrer Mutter doch am Flughafen keine Szene machen, oder? So enttäuscht und sauer sie auch war! Nein, das Gespräch musste warten, bis sie zu Hause waren. Entschlossen nahm Luisa den Koffer ihrer Mutter und steuerte in Richtung des Taxistandes.
„Schön, dass du wieder da bist, wir reden später!“, rief Luisa über ihre Schulter, während sie aus dem Terminal rannte.
„Hey, keine Umarmung?“
Luisa eilte weiter. „Wie gesagt: später.“
Anna holte auf, lief neben ihrer Tochter und blickte ihr prüfend ins Gesicht. Dann schnupperte sie. „Hast du heute Morgen in deinem Lieblingsduft gebadet?“
Luisa schüttelte den Kopf und winkte wortkarg einem Taxi. „Nein, war ein Unfall.“
„Liebes“, Anne griff nach Luisas Arm. „Was ist denn los?“
Luisa zuckte mit den Schultern. „Nur ein kleiner Zusammenstoß hier im Flughafen.“
„Das meine ich nicht! Ist irgendwas anderes passiert? Du bist so … komisch.“
Ein Taxi hielt – endlich … und Luisa wuchtete, ohne ihrer Mutter zu antworten, mit dem Fahrer das Gepäck in den Kofferraum. Dann setzte sie sich nach vorne, überließ es ihrer Mutter, alleine auf den Rücksitz zu klettern.
Anna hatte eingesehen, dass Luisa ihr für diesen Moment nicht mehr verraten würde, also fragte sie jetzt auch nicht weiter nach. Irgendetwas stimmte nicht, das war ihr klar. Ihre sonst so übersprudelnde Tochter schwieg während der gesamten Fahrt eisern und riss, kaum angekommen, dem Fahrer das Gepäck aus den Händen. Anna zahlte und folgte eilig Luisa in das Haus, in dem sie früher zusammen gelebt hatten, bevor Luisa nach dem Abitur in ihre eigene Wohnung gezogen war. Von Minute zu Minute wurde Anna unwohler zumute. Was war nur geschehen?
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, denn kaum in der Wohnung angekommen, ließ Luisa die Koffer sinken und funkelte sie wütend an. „Maximilian Hansen ist gestorben“, sagte sie und sah Anna dabei forschend an. Die ließ ihre Reisetasche auf den Boden fallen und ging zum Sofa. Anna atmete tief ein. Das war nun wirklich eine Nachricht, auf die sie gerne verzichtet hätte. „Woran?“, wollte sie tonlos wissen, doch ihre Tochter hockte sich dicht vor sie und sah ihr streng ins Gesicht.
„Das ist doch nicht so wichtig!“, antwortete Luisa mit mühsam beherrschter Stimme. „Viel wesentlicher ist die Tatsache, dass ich eben bei seiner Testamentseröffnung war!“
Für einen Moment schien Anna wie erstarrt. „Also weißt du jetzt Bescheid.“ Mit einem traurigen Lächeln schaute sie ihre Tochter an.
„Eben nicht!“, Luisa schüttelte verzweifelt den Kopf. „Ich weiß gar nichts. Außer, dass er offensichtlich mein Vater war und Robert nicht, und dass du das alles wusstest, aber mir nie gesagt hast. Du hast mich angelogen!“
Anna zuckte zusammen. Es stimmte. Sie hatte ihrer Tochter nie die Wahrheit gesagt. All die ganzen Jahre. Hin und wieder hatte sie sich überlegt, Luisa alles zu erzählen, sich aber immer wieder dagegen entschieden.
„Raus damit“, befahl Luisa. „Ich hab ein Recht darauf, die Wahrheit zu hören, und zwar die ganze. Von vorne bis hinten und alles drum herum!“
Anna nickte. Ja, jetzt war es an der Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen. Ihre Tochter verdiente es, die ganze Geschichte zu erfahren.
Also begann Anna zu erzählen. Alles. Wie es war damals. Sie hatte Maximilian Hansen kennen gelernt vor … vierundzwanzig Jahren. Beim Segeln. Zufällig. Sie hatten sich gut unterhalten, immer häufiger, und ganz langsam war daraus mehr geworden. Zunächst locker, ohne Fragen zu stellen und Antworten
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