Der Geschmack der Liebe
mehrfach darüber gesprochen, dass ich mich mit deinen dubiosen Geschäftsmethoden weder anfreunden kann noch will. Wie du weißt, habe ich eine andere Auffassung davon, wie man in diesen Zeiten Kaffee produziert und vor allem unter welchen Bedingungen.“ Das ärgerliche Räuspern, das aus dem Hörer zu vernehmen war, überhörte Konstantin geflissentlich. Ruhig fügte er hinzu: „Ich muss dir ja wohl kaum erklären, welche Situation ich auf unseren Plantagen in Tansania vorgefunden habe?“
Für einen Moment war es am anderen Ende der Leitung still. Sollte seine Mutter etwa tatsächlich einmal sprachlos sein? Nein, natürlich nicht. „Und deswegen musst du gleich zur Konkurrenz gehen, oder was?“
Konstantin schüttelte genervt den Kopf. „Hansen Kaffee ist wenigstens ein Unternehmen, das genau nach den Leitlinien arbeitet, die ich mir vorstelle. Und da Herr Hansen mir so ein attraktives Angebot gemacht hat, ist meine Anstellung hier ja wohl naheliegend, oder nicht?“
„Natürlich, verrate deine Familie. Du wirst schon noch sehen, was du davon hast!“ Sie legte auf. Wie immer musste Valerie das letzte Wort haben.
Auch gut!, dachte Konstantin und sinnierte darüber, wie unterschiedlich die beiden Unternehmen waren: Hansen Kaffee traditionsbewusst, mittelständisch und menschlich – Comtess Coffee hingegen das komplette Gegenteil. Die Rösterei seiner Eltern lag in einem Gewerbegebiet am Rande Hamburgs. Der riesige Bau aus Glas und Stahl verkörperte optisch die kalten und berechnenden Geschäftsmethoden, nach denen dort gearbeitet wurde. Bei Comtess Coffee ging es in erster Linie um Profit und Gewinnmaximierung, während bei Hansen Kaffee Qualität und Fair Trade im Vordergrund standen. Hier wurde der Kaffee noch wirklich verkostet, und es blieb nicht eine einzige, winzige Bohne ungeprüft. Man spürte in jedem Winkel, dass hier Menschen arbeiteten, die ihren Beruf liebten und sich mit dem identifizierten, was sie taten. Wie zum Beispiel Luisa Vogt, die aus dem Kopf wusste, wann welche Lieferung anstand. Er jedenfalls war stolz darauf, seit dem heutigen Tag zu diesem Team zu gehören.
„Ich störe doch nicht, oder?“ Ohne zu klopfen, war Daniel Hansen eingetreten und sah sich um, ohne dem neuen Mitarbeiter die Hand zu reichen.
„Ach, guten Morgen, Daniel“, begrüßte Konstantin den Geschäftsführer, den er schon seit Jugendtagen kannte. Die beiden hatten sich eine lange Zeit nicht gesehen, worüber beide nicht besonders traurig waren. Die beiden jungen Männer hatten aus ihrer gegenseitigen Abneigung nie einen Hehl gemacht.
„Tja, Konstantin, so sieht man sich wieder. Steht es so schlecht um Comtess Coffee, dass du bei der Konkurrenz arbeiten musst?“, fragte Daniel hämisch, während er Konstantin von oben bis unten musterte.
Konstantin überging diese Bemerkung geflissentlich. „Vielen Dank für die freundliche Begrüßung, lieber Daniel. Du musst dich aber nicht weiter um mich bemühen, alles Wesentliche habe ich bereits mit deiner Großmutter und Luisa Vogt besprochen.“
„Luisa Vogt?“ Daniel spuckte den Namen geradezu aus, bevor er Konstantin gelangweilt fragte, ob er ihn ein wenig herumführen solle.
Doch Konstantin schüttelte den Kopf. „Vielen Dank, ich werde mich heute erst mal mit den wichtigsten Unterlagen vertraut machen.“ Wohlweislich verschwieg er, dass er morgen gemeinsam mit Luisa Vogt die Firma erkunden würde. Daniels Antwort war kurz und klang herablassend. „Bitte, wer nicht will, der hat schon. Trotzdem, wenn du Hilfe brauchst, mein Büro ist genau gegenüber.“ Er ging und ließ die Tür offen. Kopfschüttelnd schloss Konstantin sie hinter ihm. Aus irgendeinem Grund hatte der Juniorchef etwas gegen Luisa Vogt, aber warum? Irgendetwas war doch hier im Busch! Nur was?
„Doch, echt!“, raunte Luisa alleine in der Kaffeeküche in ihr Handy. „Ich habe den ganzen Vormittag gebraucht, um meine Kollegen davon zu überzeugen, dass ich sie weder ausspionieren werde noch sonst irgendetwas Abartiges! Es ist fast, als ob die glauben, ich würde mich plötzlich in einen weiblichen Daniel Hansen verwandeln!“ Einen Moment lauschte sie angestrengt, dann unterbrach sie die Tirade ihrer Freundin Molly am anderen Ende der Leitung. „Ist jetzt aber auch egal, es gibt etwas viel Absurderes zu berichten: Ich habe den Typen vom Flughafen wiedergetroffen! Hier in der Firma, er ist unser neuer Werbefuzzi, ist das nicht völlig unglaublich? Abgesehen davon, dass ich echt zehn
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