Der Geschmack der Liebe
noch blöde Witze machen kannst!“, fuhr Valerie ihn da auch schon an. „Konstantin läuft über zur Konkurrenz, und du sagst nur: ‘Er muss wissen, was er tut.’„
„Stimmt doch auch. Er ist erwachsen“, antwortete Claus gelassen und wusste, wie sehr er sie damit auf die Palme brachte.
„Erwachsen? Ich würde das eher völlig ehrgeizlos nennen. Und das hat er auf jeden Fall von dir“, gab Valerie hämisch zurück. „Aber was soll’s, es ist sowieso nur eine Frage der Zeit, bis Hansen den Bach runtergeht. Ich werde mich einfach entspannt zurücklehnen, abwarten und im rechten Moment zugreifen. Lange dauert das nicht mehr.“
„Du klingst ja sehr sicher“, nachdenklich betrachtete Claus seine Frau.
„Ich habe meine Augen und Ohren eben überall“, grinste sie kalt.
Aha, so war das also. Claus fragte sich, wer aus der oberen Etage von Hansen Kaffee wohl auf ihrer Gehaltsliste stand. Mit Erpressung und Bestechung kannte sie sich aus. Starr blickte er sie an. Wann war aus seiner Ehe eigentlich eine derartige Farce geworden? Wann hatte er begonnen, dieses Lebens mit ihr mehr als überdrüssig zu werden? Oder war das gar kein schleichender Prozess gewesen? War es ihm früher einfach besser gelungen, das Beste aus dieser verfahrenen Situation zu machen? Was wäre wohl geschehen, wenn Christine sich damals für ihn entschieden hätte? Ach, Christine, wie zerbrechlich sie ausgesehen hatte bei der Beerdigung. Claus hätte sie nur zu gerne tröstend in seine Arme genommen.
Valerie kniff die Augen zusammen und betrachtete ihren in Gedanken versunkenen Ehemann. Das machte er in letzter Zeit immer häufiger. Zog sich in sich selbst zurück. War wohl seine Art, vor ihr wegzulaufen. Nun, bitte schön, nicht dass das ihm irgendetwas nutzte. Denn sie hatte ihn fest an der Leine. Und das wusste er auch. Wart nur ab, mein Lieber, dachte sie höhnisch. Du wirst noch Augen machen, mein Tag kommt! Valerie lächelte böse. Claus würde sie nicht in ihren Plänen behindern, er nicht. Dazu war er viel zu weich. Sie dagegen hatte die nötige Härte, gerade weil sie aus ärmlichen Verhältnissen stammte. Ihre Kindheit in einer schäbigen und zugigen Dreizimmerwohnung am Hamburger Stadtrand hatte sie geprägt.
Von klein auf hatte sie sich geschworen, dass aus ihr mal etwas Besseres würde. Und sie hatte recht gehabt. Sobald sie konnte, war sie von zu Hause weggegangen und war nie wieder dahin zurückgekehrt. Sie hatte als Kellnerin gearbeitet, um das Jurastudium zu finanzieren, und eines Tages war Claus aufgetaucht. Claus, sein bester Kumpel Maximilian und das Mäuschen Christine, in das beide jungen Männer hoffnungslos verliebt waren. Lange Zeit konnte sich die farblose Christine nicht zwischen den beiden entscheiden und war mal mit dem einen, dann wieder mit dem anderen ausgegangen. Noch heute wurde Valerie wütend, wenn sie daran dachte. Denn sie selbst war vom ersten Augenblick an in Maximilian verliebt gewesen, doch der hatte seine Augen nicht von Christine lassen können.
Aber mit Plan B war Valerie immerhin nicht schlecht gefahren. Claus hatte jemanden gebraucht, der ihn tröstete, und sie jemanden, der ihr eine Zukunft bieten konnte. Geld hatte Claus immer gehabt. Doch genug davon konnte man nicht besitzen, oder? Valerie rieb sich lächelnd die Hände. Wenn jemand genau wusste, wie man sein Vermögen vermehren konnte, dann wohl sie.
Erschöpft saß Eleonore auf einem Stuhl im Krankenzimmer und beobachtete ihre Schwiegertochter, die fast ebenso bleich war wie die Kissen, auf denen sie lag. Die letzten beiden Stunden waren entsetzlich gewesen. Die Rettungssanitäter hatten ihre Schwiegertochter ins Krankenhaus gebracht, wo ihr der Magen ausgepumpt worden war. Heute Nacht würde sie zur Beobachtung auf der Intensivstation bleiben. Eleonore blickte immer wieder auf ihr Handy. Daniel hatte sich noch immer nicht gemeldet. Insgesamt drei Nachrichten hatte sie ihm auf seiner Mailbox hinterlassen. Wo trieb er sich nur herum?
„Frau Hansen?“ Eleonore schrak zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass der junge Arzt den Raum betreten hatte. „Doktor Schneider“ stand auf seinem Namensschild.
„Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken.“
Eleonore winkte ab.
„Ich bin ein wenig angegriffen“, lächelte sie ihn müde an. „Sie wird doch wieder gesund?“
„Keine Sorge, in ein paar Tagen ist Ihre Schwiegertochter wieder völlig hergestellt. Das heißt, körperlich zumindest …“ Verlegen brach er
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