Der Geschmack der Liebe
wollte schließlich gut geplant werden. Ach, was hieß hier Übernahme! Vernichten würde Valerie die Firma, aufkaufen und sich einverleiben! Aus sicherer Quelle wusste sie, dass Eleonore einen Aufschub bei der Bank erreicht hatte. Aber der würde auch trotz der langjährigen Verbindung zwischen Mengersson und den Hansens nicht ewig gewährt werden. Valerie hatte einen Plan. Einen perfekten, gerissenen, perfiden Plan. Sie war richtig stolz auf sich. Da klingelte ihr Handy, und am anderen Ende wurde sich wortreich für die Verspätung entschuldigt.
„Quatschen Sie nicht, ich will Fakten, Zahlen und Informationen.“ Valerie lauschte, und ihr Gesicht nahm einen zufriedenen Ausdruck an.
„Gute Arbeit fürs Erste“, flötete sie schließlich und legte dann auf. Eleonore, die ach so feine Hanseatin, konnte noch so sehr die Nase hoch tragen, das Wasser stand ihr schon längst bis zum Hals. Auch wenn sie es noch nicht wusste!
Bekleidet mit der alten Schürze ihrer Oma und einem Kopftuch auf dem Haupt putzte Molly gerade gut gelaunt Fenster. Heute war ihr freier Tag, und die Sonne schien herrlich. Und gleich würde sie auch wieder in Mollys Wohnung strahlen können, wenn Molly erst einmal die Fenster von dem Rußfilm befreit hatte, der alles Licht schluckte. Dass diese Hamburger auch überall mit ihren Autos herumdüsen mussten! Obwohl, es waren ja wohl eher die Touristen, die die Luft verpesteten und keinerlei Sinn für Stil hatten. Wenn Molly nur an die Horden gut gelaunter Menschen dachte, die durch ihr Viertel flanierten und stolz ein „Schanze“-T-Shirt trugen, bekam sie schon Lust wegzuziehen. Das war ja wohl oberpeinlich! Auf der anderen Seite, wo sollte sie wohnen, wenn nicht hier? In Hamburg gab es ihrer Meinung nach eben nur ein cooles Viertel – und das war die Schanze. Mozart, ein Nymphensittich, der Molly vor ein paar Tagen zugeflogen war, balancierte ein wenig ungeschickt auf der Gardinenstange. Zu seinem Namen war der Vogel gekommen, weil er immer wieder eine Melodie pfiff, die ein wenig nach „Die kleine Nachtmusik“ klang. Deshalb hatte Molly beschlossen, ihm einfach den Namen des Komponisten zu geben, solange der Vogel sich bei ihr aufhielt. Doch der Nymphensittich fühlte sich offenbar bei ihr sehr wohl, machte er schließlich keinerlei Anstalten, weiterzuziehen. Die einzigen Worte, die er beherrschte, waren „Weichei“ und „Dumme Nuss“, was Molly derart amüsierte, dass sie nichts dagegen hatte, den frechen Piepmatz auf Dauer bei sich aufzunehmen. Schade, dass er sich gestern Abend, als Luisa da war, im Kleiderschrank versteckt hatte. Luisa hätte sich bestimmt auch köstlich amüsiert über Mollys neuen Mitbewohner!
„Schau mal, Hirsekörner“, lockte Molly den Vogel und hielt ihm die Stange entgegen. Doch Mozart zeigte sich vollkommen desinteressiert. „Weichei!“ war alles, was ihm dazu einfiel.
„Dann nicht!“, antwortete Molly mit einem Schulterzucken und putzteufelte weiter. Als sie sich die Fenster nach hinten heraus vornahm, fiel ihr Blick auf die Wohnung gegenüber, die seit Wochen leer gestanden hatte. Doch heute waren die Fenster geöffnet, und Vorhänge flatterten im Wind – offensichtlich war dort jemand eingezogen. Interessant, dachte Molly und warf immer mal wieder einen Blick hinüber. Es dauerte nicht lange, und sie sah die Silhouette eines Mannes, der von Weitem betrachtet nicht unattraktiv aussah. Auch er schien Molly bemerkt zu haben, denn sie fühlte seinen Blick auf sich gerichtet. Molly zupfte sich wie zufällig das Kopftuch herunter und hätte noch stundenlang so dastehen können, doch da zerriss das Läuten des Telefons die Stille: Es war Luisa, die aufgeregt von der Versammlung erzählte.
„Und was ist mit Konstantin?“, wollte Molly wissen, während sie das Fenster, nicht ohne ein leises Bedauern zu verspüren, schloss. „Habt ihr euch noch mal verabredet?“
Claus wunderte sich nicht schlecht, als sich die Tür zu seinem Atelier öffnete und sein Sohn den Kopf hereinsteckte.
„Vater, hast du ein paar Minuten für mich?“
„Komm rein und mach die Tür hinter dir zu.“ Claus winkte ihm zu und vollendete mit ein paar Tupfern das Gemälde, an dem er gerade arbeitete.
Konstantin hatte die Mittagspause genutzt, um seinem Vater einen Besuch abzustatten. Jetzt blickte er sich überrascht um. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass Claus tatsächlich so gut malte.
„Hast du die mal jemandem gezeigt?“, fragte er verblüfft und ging von einem Bild zum
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