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Der Geschmack von Apfelkernen

Der Geschmack von Apfelkernen

Titel: Der Geschmack von Apfelkernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagena
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nicht erst seit
     kurzem.
    Eigentlich hätte ich es wissen müssen, doch ich war
     grenzenlos überrascht, als Max mir die Tür aufmachte. Er war auch kurz verwundert,
     aber noch bevor ich etwas sagen konnte, lächelte er, kam einen Schritt auf mich zu
     und sah dabei richtig erfreut aus.
    - Iris, wie gut. Ich wollte sowieso noch bei dir vorbeisehen
     heute.
    - Wirklich?
    Wieso schrie ich eigentlich so? Natürlich musste er bei
     mir vorbeisehen, er war schließlich so etwas wie mein Anwalt. Max warf mir einen
     unsicheren Blick zu.
    - Ich meine, so ein Zufall. Und ich wollte eigentlich
     überhaupt nicht zu dir!
    Sein Lächeln wurde etwas schmaler.
    - Nein, nein, sagte ich, so natürlich nicht, ich wollte
     nur sagen, dass ich nicht wusste, dass du hier wohnst. Aber jetzt, wo du hier bist,
     nehme ich natürlich … äh dich.
    Max’ Augenbrauen fuhren in die Höhe. Ich verfluchte mich
     und fühlte, wie mein Gesicht rot anlief. Gerade als ich mir mit einer scharfsinnigen
     Bemerkung – vielleicht so etwas wie »äh, also ich geh mal wieder« – den Rückzug
     bahnen wollte, sagte Max grinsend:
    - Tatsächlich? Du nimmst mich? Das hatte ich mir schon
     immer gewünscht. Nein, sei nicht albern. Bleib hier! Iris! Jetzt komm schon rein.
     Oder wir gehen beide raus, also geh am besten durch, du weißt ja wohl noch, wo es
     zur Terrasse geht.
    - Ja.
    Als ich verlegen durch das Haus lief, das mir einmal so
     vertraut gewesen war, wurde meine Verwirrung noch größer. Dies war nicht das Haus,
     das ich kannte. Es gab irgendwie gar keine Türen mehr. Keine Tapeten. Keine Decke!
     Alles war ein großer Raum, weiß gestrichen, meine Sandalen quietschten auf den
     nackten Holzdielen. Es gab eine glänzend weiße Küche und ein großes, vergammeltes
     blaues Sofa, eine Wand mit Büchern und eine Wand mit einer gewaltigen, aber durchaus
     eleganten Hi-Fi-Anlage.
    - Wo sind deine Eltern? rief ich.
    - Die wohnen in der Garage. Schließlich verdiene ich jetzt
     mehr als mein Vater mit seiner Rente.
    Ich drehte mich um und schaute ihn an. Ich mochte ihn!
    - Hey, war ja nur ein Scherz. Meine Mutter wollte immer
     weg von hier, das weißt du ja. Und mein Vater war krank, sehr krank sogar. Und als
     er wieder gesund war, haben sie beschlossen, so viel wie möglich zu reisen. Sie
     haben eine kleine Wohnung in der Stadt. Manchmal kommen sie hierher zu Besuch, und
     nur dann schlafen sie in der Garage. Aber mein Wagen ist nicht besonders groß, und
     daher –
    - Max, halt die Klappe, du Niete. Ich wollte dich
     unbedingt fragen, wo man hier schwimmen gehen kann, ohne dass du hinter einem
     herschleichst. Kannst du mir nicht einfach sagen, wo du in den nächsten Tagen zu
     schwimmen gedenkst, damit ich weiß, welche Orte ich meiden sollte?
    - Gib nicht so an. Ich tue nur das, was ich immer tue.
     Kann ich etwas dafür, dass du offenbar meine Gewohnheiten studiert hast und dich mir
     jetzt immer zufällig und inzwischen sogar unbekleidet in den Weg wirfst? Und nun
     klingelst du noch an meiner Haustür und stellst plumpe Fragen!
    Max schüttelte den Kopf, drehte sich um und ging in die
     Küche. Er hatte ein weißes Hemd an und schon wieder Flecken auf dem Rücken, diesmal
     graue und grünliche, als hätte er sich gegen einen alten Baum gelehnt. Während er
     mit Flaschen und Gläsern hantierte, hörte ich noch sein trauriges Gemurmel.
     Ausdrücke wie »loses Wesen«, »Charakterschwäche« und »zwanghaft« kamen auch darin
     vor.
    Wir tranken Weißweinschorle auf der Terrasse. In meiner war
     natürlich mehr Wasser als Wein. Die Terrasse war noch so, wie sie immer gewesen war,
     nur der Garten war ganz verwildert. Die Grillen zirpten. Und ich bekam
     fürchterlichen Hunger.
    - Ich muss nach Hause.
    - Warum? Du bist doch gerade erst gekommen. Ich habe dich
     noch nicht gefragt, was du von meinen Eltern wolltest. Ich habe dich übrigens auch
     noch nicht gefragt, was du so machst und wo du wohnst, denn das weiß ich alles schon
     aus meinen Unterlagen.
    - So? Wie kommt denn das da hinein?
    - Anwaltsgeheimnis. Über meine Klientinnen kann ich Ihnen
     leider keine Auskunft geben.
    - Na, aber irgendwer muss dir ja über deine Klientinnen
     Auskunft gegeben haben?
    - Sage ich ja, aber ich sage nicht, wer.
    - Welche von meinen Tanten war es? Inga oder Harriet?
    Max lachte, schwieg.
    - Ich muss los, Max. Ich will noch, also, ich habe noch
     nicht. Jedenfalls muss ich los.
    - Ja, dann. Das sind natürlich zwingende Gründe, warum
     hast du

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