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Der Geschmack von Apfelkernen

Der Geschmack von Apfelkernen

Titel: Der Geschmack von Apfelkernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagena
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Weise wurde glücklicherweise die kleine schwarze Fliege aus meinem Auge gespült, und
     ich brauchte nicht mehr so töricht zu zwinkern.
    Während ich mich diesen und anderen Überlegungen hingab,
     wickelte Max das Fahrrad aus meinem Kleid und löste den Gurt meiner Tasche vom
     Lenker. Er zog meine Füße aus dem Rahmen und nahm die Tasche von meinem Kopf. Er
     lehnte das Fahrrad an die Hecke vor seinem Haus und kniete sich neben mich auf die
     Straße. Wenn ich erwartet hatte, dass Max mich jetzt auf starken Armen in den
     Sonnenuntergang tragen würde, dann hatte ich mich getäuscht. Wahrscheinlich wollte
     er auch nicht sein hübsches blaues Hemd mit weißer Farbe verschmieren. Ich versuchte
     aufzustehen, und es ging auch ganz gut, jetzt, wo das Rad weg war.
    - Kannst du auftreten? Was tut dir weh?
    Alles tat weh, aber ich konnte auftreten. Er nahm mich am
     Ellbogen und schob mich in seinen Garten. Den leeren Farbeimer warf er vorher noch
     in die Mülltonne.
    - Setz dich, Iris.
    - Aber ich.
    - Kein Aber. Diesmal. Fügte er hinzu und lächelte schief.
     Aber an seinen Augen konnte ich erkennen, dass ihn mein Anblick ängstigte.
    - Max, bitte lass mich in dein Badezimmer und das Zeug
     wegmachen, bevor es sich für immer in meiner Haut festsetzt.
    Dieser Satz, den ich ohne Schluchzen oder törichtes
     Zwinkern hervorgebracht hatte, schien ihn zu beruhigen.
    Er sagte:
    - Ja, warte. Ich komme mit.
    - Wozu?
    - Meine Güte, Iris, jetzt stell dich nicht so an.
    Ich saß auf dem zugeklappten Toilettensitz und ließ ihn
     machen. Er wischte so nett und so zart an meinem Ohr und meiner Wange herum, dass
     ich gleich wieder heulen musste. Max sah es und entschuldigte sich dafür, dass er
     mir wehgetan habe. Da heulte ich gleich noch viel mehr. Er ließ den Schwamm sinken,
     kniete vor mir auf den Badezimmerfliesen und nahm mich in den Arm. Und das war das
     Ende seines hübschen blauen Hemds.
    Ich heulte noch ein bisschen in seinen Kragen, aber nur,
     weil es dort so gut roch und auch sonst sehr gemütlich war, dann schaute er sich
     meine Schürfwunden an den Knien und Händen an. Im Gesicht hatte ich keine, meine
     Tasche hatte mich gerettet, und die Terpentinflasche war sogar heil geblieben. Dann
     ging er hinaus, und ich stieg in die Dusche und wusch mir mit einem blauen
     Männershampoo den Rest weißer Farbe aus dem Haar.
    Als ich in einem blauen Männerbademantel wieder hinaus auf
     die Terrasse kam – das goldene Kleid war als solches nicht mehr zu erkennen gewesen
     –, lag er in einem Liegestuhl und las Zeitung. Ein großer Stapel Akten türmte sich
     neben ihm auf. Natürlich, es war ja ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag heute, wie
     konnte ich annehmen, dass er überhaupt zu Hause sein würde.
    - Wieso bist du nicht im Büro? fragte ich ihn.
    Er lachte.
    - Sei froh, dass ich es nicht bin. Manchmal nehme ich mir
     die Sachen mit nach Hause.
    Er legte die Zeitung weg und betrachtete mich kritisch.
    - Die Farbe ist weg, aber die richtige Farbe hat dein
     Gesicht immer noch nicht.
    Ich begann, an meiner Backe zu reiben. Max schüttelte den
     Kopf.
    - Nein, das meinte ich nicht. Du siehst blass aus.
    - Das macht dein Bademantel, ist nicht meine Farbe.
    - Ja, kann sein. Vielleicht möchtest du doch lieber wieder
     das Ding anziehen, mit dem du gekommen bist ?
    Ich hob die Hände.
    - Schon gut, schon gut, du hast ja gewonnen, ich gebe auf,
     zufrieden? Darf ich mich jetzt hinsetzen?
    Max stand auf und drückte mich in seinen Liegestuhl. Das
     war schon wieder sehr nett, ich schämte mich für meinen mürrischen Ton, den ich mir
     auch nicht erklären konnte, und da fing ich schon wieder an zu heulen.
    Max sagte hastig:
    - Nein, nicht, Iris, ist schon gut, ehrlich. Es tut mir
     leid.
    - Nein, mir tut es leid. Du bist so nett, und ich und ich
     –
    Ich wischte mir mit dem Ärmel seines Bademantels über die
     Nase.
    - … und ich, ich putze mir mit dem Ärmel deines
     Bademantels die Nase! Das ist schrecklich!
    Max lachte und sagte, dass das wirklich schrecklich sei
     und dass ich damit aufhören solle und lieber ein bisschen von dem Wasser trinken
     solle, das da für mich auf dem Tisch stehe.
    Also tat ich, was er mir geraten hatte, und aß auch gleich
     noch zwei Schokoladenkekse und einen Apfel dazu. Max fragte:
    - Was wolltest du mit der Farbe?
    - Na streichen.
    - Ach so.
    Er schaute mich an, ich kicherte. Dann aber dachte ich an
     die Schrift am Hühnerhaus und wurde ernst.
    - Wusstest du, dass auf dem

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