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Der gestohlene Abend

Der gestohlene Abend

Titel: Der gestohlene Abend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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Hillcrest nicht einmal Eiswürfel leisten?«
    »Ich habe mich noch gar nicht bei Ihnen bedankt, Mr. Barstow«, erwiderte ich. »Ihre Hilfe war erfolgreich.«
    »Meine Hilfe? Ach, Matthew, wenn Sie sich nur nicht immer so unterschätzen würden. Und ob ich Ihnen wirklich einen Gefallen getan habe, werden wir erst noch sehen. Prost. Ich glaube, das wird eine lustige Runde, in die Sie da ab nächster Woche hineingeraten.«
    Damit ließ er mich stehen. Ich schaute wieder zu David und Janine hinüber. Sie wich nicht von seiner Seite. Es sah fast so aus, als wollte sie ihn beschützen. So unauffällig, wie ich konnte, verließ ich den Raum.
    Es war Theo, der mir die Tür öffnete. Sprechen konnte er gerade nicht, denn er löffelte etwas in sich hinein, das wie Krabbensalat aussah. Seine rollenden Augen signalisierten indessen, dass offenbar dicke Luft herrschte. Als ich das kleine Wohnzimmer betrat, saß Gerda mit finsterer Miene auf einem Sessel, hielt eine Bierdose in der Hand und schüttelte energisch den Kopf, während Winfried erregt auf sie einsprach.
    »Natürlich war das eingefädelt. Barstow steckt dahinter. Oder McMillan oder sonst einer ihrer Gegner aus dem Berufungsausschuss. Ihr werdet sehen. Das Verfahren wird sich länger und länger hinziehen. So läuft das immer. Die graben so lange, bis sie irgendetwas finden. Und wenn es so weit ist, dann sägen sie sie ab.«
    »Eine beschissene Männerfantasie ist das«, schnitt ihm Gerda das Wort ab. »Und ich kann gar nicht fassen, dass du auch noch heimlich darüber triumphierst. Was hat Marian dir denn getan? Dieser David hat sie heimtückisch bloßgestellt. Auf übelste Weise.«
    »Ach was, er hat ihr nur ein wenig von ihrem eigenen Gift zu probieren gegeben. Du hast sie doch letztes Jahr erlebt, als sie diesen Marxisten aus Chicago auseinandergenommen hat. War das vielleicht besser?«
    »Das war hart, ja. Aber der Mann stand hier nicht zur Berufung an. Und es ist nicht verboten, seinen Standpunkt mit Nachdruck zu vertreten.«
    »Mehr hat David heute auch nicht getan.«
    »Bullshit«, entfuhr es Gerda. Sie richtete sich zornig auf. »Er hat die Situation schamlos ausgenutzt. Wer hat ihn für diese Lecture nominiert? Wer hat ihn überhaupt hierher gebracht? Wem verdankt er seinen Erfolg, hm? Marian. Er ist ihr Schüler, verdammt noch mal. Sie hat ihm den Steigbügel gehalten, und er hat ihr heute öffentlich ins Gesicht gespuckt. Egal, was man von ihren Ideen halten mag: Dieser David ist ein hinterfotziges Schwein.«
    Die Schärfe des Ausdrucks ließ Winfried verstummen. Ich schaute betreten vor mich hin. Theo hatte sich in eine Zimmerecke verzogen und rührte schweigend in seiner Krevettenmayonnaise oder was immer er da aß.
    »Was meinst du denn dazu, Matthias?«, sagte Winfried plötzlich zu mir. »Du gehörst doch mittlerweile zum Club, oder? Du warst doch beim Empfang. Irgendwelche Neuigkeiten?«
    »Ich gehöre zu überhaupt keinem Club«, sagte ich. »Kann mir vielleicht mal jemand erklären, was das alles soll?«
    Niemand sagte etwas. Gerda fixierte mich kurz und richtete ihren Blick dann wieder auf Winfried. Ich hatte das Gefühl, sie würde gleich aufstehen und gehen.
    »Zu so einer Schweinerei kann man jemanden gar nicht anstiften«, sagte sie verächtlich. »Das hat der sich schon selbst ausgedacht. Oder meinst du vielleicht, Barstow ist zu David gegangen und hat gesagt: He, alter Junge, wir wollen Marian in die Pfanne hauen. Schreibe uns doch mal eben einen genialen philologischen Aufsatz zu einem Thema, das Marian auch schon bearbeitet hat. Falls möglich, dann nimm auch noch ihre Theorie auf die Schippe und löse nebenbei eine der härtesten Nüsse der Shakespeareforschung. So ist das nie im Leben gelaufen.«
    »Unwahrscheinlich«, räumte Winfried ein. »Aber wie dann?«
    »Ich weiß es nicht. Der Vortrag war genial. Und er war eine Sauerei. Das Einzige, was man heute Abend also mit Sicherheit sagen kann ist, dass dieser David ein schlaues Arschloch ist.«
    Theo musste kichern. Winfried zog die Augenbrauen hoch. »OK. Von mir aus. Aber David hin oder her: Er hat etwas bezweckt, oder etwa nicht?«
    »Natürlich hat er etwas bezweckt«, sagte Gerda. »Er hat die Frau verraten, der er alles verdankt. Ein Muttermörder ist er.«
    »Komm, Gerda«, ließ sich Theo leise vernehmen. »Mach mal halblang. Du redest ja schon wie Doris.«
    Sie fuhr so zornig herum, dass ihre blonden Haare kurzzeitig ihr Gesicht verdeckten.
    »Was soll denn das jetzt? Und was

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