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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Palette: Fingerabdrücke, Blut, Speichel, Geruch, Mikropartikel. Wir haben noch mindestens eine Stunde zu tun, wenn nicht sogar zwei.«
    Subow steckte sich eine Zigarette an und wandte sich an Boris.
    »Ich möchte mich bei Ihnen bedanken. Sie haben sehr gute Arbeit geleistet. Ein steriler Tisch, ein steriles Glas, keinerlei andere Spuren, es ist ein Vergnügen, so zu arbeiten.«
    Nastja erhob sich unwillig von ihrem Platz. Nach dem stundenlangen Warten auf der Straße war ihr gerade erst warm geworden.
    »Ich werde wohl tatsächlich gehen, es ist schon spät.«
    Kartaschow schraubte im Flur schnell die Glühbirne in der Fassung fest, die er in Erwartung seines Gastes sorgfältig gelockert hatte. An der Tür blieb Nastja plötzlich noch einmal stehen.
    »Boris, könnten Sie mir vielleicht helfen?«
    * * *
    Nastja konnte inzwischen überhaupt nicht mehr schlafen. Sie lag neben Ljoscha im Bett, dachte nach und bereitete sich auf den nächsten Tag vor. Bedauerlicherweise hatte die Inszenierung in Kartaschows Wohnung nicht zu den Ergebnissen geführt, die sie sich erhofft hatte. Natürlich hatte man ausreichend Spuren gesichert, um im Bedarfsfall ohne weiteres beweisen zu können, dass dieser Mann, dessen Identität man innerhalb einer Stunde festgestellt hatte, in Kartaschows Wohnung war. Jetzt würde man ihn beschatten, und schon morgen würde man einiges über seine Verbindungen wissen. Aber die Provokation war nicht gelungen. Einen Mord hatte der Mann sich nicht anhängen lassen. Er hatte sich gut in der Hand gehabt und war offenbar bestens auf alles vorbereitet gewesen, da er, trotz des überraschenden Angriffs durch den abwesend vermuteten Wohnungsbesitzer, sofort bekannt hatte, ein Einbrecher zu sein, und kein einziges Mal versucht hatte, die Schläge zu parieren, obwohl er nach Kartaschows Aussage eine beachtliche Muskulatur besaß. Offenbar war er tatsächlich sehr gut durchtrainiert, denn er hatte sich überraschend schnell von den Schlägen erholt und war bei erster Gelegenheit auf leisen Sohlen aus der Wohnung verschwunden. Aber kein Ergebnis war auch ein Ergebnis. Aus der Tatsache, dass es dem Mann gelungen war, seine Identität nicht preiszugeben und seine Hintermänner nicht zu verraten, ließen sich wertvolle Schlüsse ziehen. Nicht alles konnte schließlich so glatt über die Bühne gehen wie der Bluff mit Wassja Kolobow, der vor Schreck sofort geglaubt hatte, was man ihm sagte. Und außerdem hatte hier auch Glück eine Rolle gespielt, denn den Brief hatten sie Kolobow aufs Geratewohl geschickt. Aber wie immer er auf den Brief reagiert hätte, es wäre in jedem Fall eine Aussage gewesen. Wäre er zum Beispiel überhaupt nicht erschrocken und hätte den Brief einfach weggeworfen, dann hätte das bewiesen, dass Nastjas Vermutung falsch gewesen war. Er hätte aber auch derart erschrecken können, dass er sofort zur Miliz gelaufen wäre und alles erzählt hätte. Aber Kolobow hatte das getan, was er getan hatte, und jetzt wusste Nastja einiges. Ganz offensichtlich hatte Vika ihren Mördern gesagt, dass Kolobow sie mit ihnen zusammen auf dem Saweljewskij-Bahnhof gesehen hatte. Und kurz darauf hatte man ihre Leiche bei Kilometer 75 hinter Moskau gefunden, auf der Strecke nach Saweljewsk.
    Nachdem Nastja von Kartaschow nach Hause zurückgekehrt war, überreichte Ljoscha ihr eine Liste der für sie eingegangenen Anrufe. Es war schon sehr spät, aber mit einem der Rückrufe wollte sie nicht bis zum nächsten Tag warten. Sie ging hinunter zu ihrer Nachbarin Margarita Iossifowna, die immer bis spät in der Nacht vor dem Fernseher saß und sich die alten Filme ansah, die ab Mitternacht auf dem Moskauer Regionalsender ausgestrahlt wurden. Nastja wählte die Nummer von Gena Grinewitsch. Aber leider hatte er keine besonderen Neuigkeiten für sie. Die ihm bekannten Journalisten wussten über Brisac kaum mehr als das, was auf den Umschlägen seiner Bücher stand. Sie bestätigten, dass es sich um einen bekannten Namen handelte, dass die Bücher große Verkaufserfolge erzielten, aber keiner von den Journalisten hielt ihn für einen richtigen Schriftsteller. Nach ihrer Meinung beherrschte er zwar sein Handwerk, aber er besaß keinen göttlichen Funken. Er machte ein Geheimnis aus sich, um seinen Marktwert zu erhöhen. Die Journalisten waren davon überzeugt, dass hinter alledem keinerlei mysteriöse Verbrechen standen, sondern dass es sich lediglich um einen Reklametrick handelte, mit dem die Käufer bei der Stange

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