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Der gewagte Antrag

Der gewagte Antrag

Titel: Der gewagte Antrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Marshall
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brachte. Er war pünktlich und führte Rajah am Zügel, während ein junger Stallbursche den Wallach am Halfter hatte. Ebenso wie sie selbst, gab er sich den Anschein, dass bei ihren beiden letzten Begegnungen nichts Ungewöhnliches vorgefallen war. Sie ließ sich von ihm in den Sattel helfen, und er ritt ihr, wie es sich gehörte, in kurzem Abstand hinterher.
    Hätte er ihr erzählt, was in ihm vorging, wäre sie bestimmt entsetzt gewesen. Wahrscheinlich hätte sie ihn auf der Stelle entlassen und aus Campions vertrieben. Seit sie überraschend im Hof erschienen war, als er nackt am Brunnen gestanden und er sich durch die Reaktion seines Körpers fast vor ihr verraten hatte, verspürte er das stärkste Verlangen nach ihr. Der Unterschied in der gesellschaftlichen Stellung oder die Umstände waren ihm gleich. Er empfand sich einfach als Mann und sah in ihr nur die Frau. Der Moment auf dem Platz hatte ihm, mehr denn der Vorfall in der Cairn-Höhle, jäh bewusst gemacht, dass er sie nicht nur begehrte, sondern sich nach ihrer Liebe sehnte. Und das war, ganz gleich, von welchem Standpunkt man es betrachtete, eine Ungeheuerlichkeit. Er, ein armer Bediensteter, ein im Moor aufgefundener Niemand, der sich glücklich schätzen durfte, Nahrung und Kleidung zu erhalten, konnte nicht wagen, die Augen zu der Countess of Malplaquet zu erheben. Nein, er musste sehr umsichtig sein und seine Gefühle gut verbergen.
    Elinor entschied sich, nicht an der üblichen Stelle, kurz vor der Felsengruppe, umzukehren, da eine unerklärliche Unrast Besitz von ihr ergriffen hatte. Sie saß ab, drehte sich zu Newcome um und fragte beiläufig: “Sind Sie eigentlich je zum 'Thron Gottes' geritten?”
    “Nein, Madam”, antwortete er verdutzt. “Dieses Privileg hatte ich noch nicht.”
    Unwillkürlich musste sie über seine verblüffte Miene und die scherzhafte Bemerkung lachen. “Natürlich hat der erwähnte Thron nichts mit Gott zu tun”, erwiderte sie schmunzelnd und wies mit der Reitgerte auf eine im höheren Teil des Moores aufragende Felsgruppe. “Das Massiv dort trägt diesen Namen, den die Einheimischen ihm gegeben haben. Als gute Christen glauben sie, Gott residiere hier im Moor von Yorkshire.”
    Nun musste Chad lachen und hatte Mühe, den störrisch mit den Hufen scharrenden Hengst zu bändigen. “Sie haben doch nicht die Absicht, heute da hinzureiten, Madam”, wandte er bedenklich ein. “Es ist schon spät, und die Strecke erscheint mir nicht eben kurz.”
    Sonst immer sehr vernünftig, reagierte Elinor jetzt gereizt und fragte verstimmt: “Wollen Sie mir Befehle erteilen, Newcome? Obliegt es Ihnen nicht eher, meinen zu gehorchen? Ich wünsche, jetzt zum 'Thron Gottes' zu reiten, und Sie begleiten mich. Es sei denn, Sie ziehen es vor, heimzukehren und Mr. Aisgill zu erklären, warum Sie allein sind.”
    Chad war äußerst unbehaglich zumute. Im Verlauf der Unterhaltung hatte ihn das ungute Gefühl beschlichen, heimlich beobachtet zu werden. Er kannte dieses Gefühl, konnte sich indes nicht erinnern, wann und wo er es schon einmal gehabt hatte. Aber er wusste, dass es unklug war, es zu missachten. “Ich muss Ihnen dringend nahelegen, Eure Ladyschaft, auf den Ritt zu verzichten”, erwiderte er ernst. “Ich … ich habe böse Vorahnungen.”
    “Nun, ich nicht”, entgegnete sie leichthin. Zum ersten Male in ihrem von Vernunft geprägten Leben fühlte sie sich herrlich frei und nicht an Verantwortung gebunden. Sie ließ sich in den Sattel helfen und sagte fröhlich: “Also, geben wir den Pferden die Sporen! Und begleiten Sie Ihre Ladyschaft, wohin Sie es Ihnen befiehlt.”
    Chad blieb nichts anderes übrig, als sich unterzuordnen, obgleich eine innere Stimme ihm zuraunte, es sei gefährlich, den Weg fortzusetzen. Schweigend ritt er der Countess über die braunverfärbte Heide und durch die welken Farne nach. Es störte ihn sehr, dass die Abenddämmerung bereits eingesetzt haben würde, ehe man wieder in Campions war. Bestimmt würde Mr. Aqisgill seinen Zorn an ihm auslassen, sollte der unversehens so launischen Lady Malplaquet ein Leid geschehen.
    Sie hielt sich neben ihm, und jedes Mal, wenn er etwas zurückblieb, wie es sich für ihn gehörte, zügelte sie den Rotfuchs und wartete, bis Chad wieder an ihrer Seite war. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, gab er es schließlich auf, sich wie ein seines Standes bewusster Bediensteter zu benehmen. Je näher man dem Massiv kam, desto stärker wurde das Gefühl, in Gefahr zu

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