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Der gewagte Antrag

Der gewagte Antrag

Titel: Der gewagte Antrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Marshall
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empfangen.”
    “Eigentlich hat er ja nur seine Pflicht getan”, sagte Annabelle trocken.
    “Seine Pflicht?”, wiederholte Elinor erstaunt. “Er war kein Muss, das Leben für mich aufs Spiel zu setzen, Tante Annabelle! Er hätte mir auch nicht seine Jacke geben müssen, als mir in der Nacht kalt war. Nein, er hat weitaus mehr getan denn nur seine Pflicht und Schuldigkeit.” Und das in mancherlei Hinsicht, fügte Elinor in Gedanken hinzu.
    “Nun, bestimmt hat Dankbarkeit ihn zu seinem tapferen Verhalten bewogen”, äußerte Annabelle bedächtig. “Schließlich hast ja auch du ihn durch deine Entscheidung, ihn hier aufzunehmen, vor einem ungewissen Schicksal bewahrt.”
    “Das ist richtig”, stimmte Elinor der Tante zu. “Und nun meinst du, Newcome und ich seien quitt? Gut, dann werde ich ihm sagen: 'Nein, Newcome, ich kann mich nicht bei Ihnen dafür bedanken, was Sie für mich getan haben, denn bekanntlich ist es so, dass eine Hand die andere wäscht. Gewiss, Sie haben bei der Verfolgung des Attentäters Ihr Leben für mich riskiert, aber ich habe Ihnen Unterkunft geboten, allerdings ohne etwas dabei zu riskieren'.” Nur den guten Ruf, hörte Elinor die innere Stimme ihr zuraunen, denn bald würde jeder in Campions merken, was sie für Newcome empfand.

6. KAPITEL
    E linor hatte wieder großen Wert auf ihr Äußeres gelegt und sich für ein dunkelgrün und hellbraun gestreiftes Kleid mit Spitzenbesatz sowie eine ihr von Tante Annabelle geschenkte, bislang jedoch nie getragene lindgrüne Toque entschieden, die mit orangefarbenen, blauen und rötlichen Federn und einer großen Rubinagraffe geschmückt war. Es entging ihr nicht, dass ihre Erscheinung beim Betreten des Arbeitszimmer Aufsehen im Kreise ihres Kronrates erregte.
    Überrascht schaute der Verwalter sie an; der Ausdruck in den wässrigen Augen des alten, noch gebrechlicher wirkenden Bibliothekars spiegelte pures Erstaunen wider, und aus Newcomes Blick sprach unverhohlene Bewunderung.
    Elinor zwang sich zu einer gelassenen Miene, obgleich sie nervöser denn je im Leben war, nahm Platz und registrierte mit Wohlgefallen, wie gut Chad Newcome aussah. Zweifellos als Belohnung für gute Dienste hatte der Stallmeister ihn angewiesen, die nur zu besonderen Anlässen getragene grüngolden betresste Galalivrée anzuziehen. Den ehrerbietig in den Händen gehaltenen Zweispitz zierte eine goldene Kokarde; Jabot und Handschuhe erstrahlten in makellosem Weiß, und die schwarzen Stiefel waren auf Hochglanz poliert.
    “Heute möchte Ihnen in aller Form danken, Newcome”, sagte Elinor in bebendem Ton und bemühte sich, die Stimme unter Kontrolle zu bekommen. Es fiel ihr wirklich schwer, nach den Zärtlichkeiten der vergangenen Nacht Gleichmut vorzutäuschen. Flüchtig bemerkte sie, dass Newcome, der bislang die Augen auf den Teppich gerichtet hatte, zu ihr hinschaute und sie leicht belustigt betrachtete. Aber es sprach auch Verständnis für sie aus seinem Blick. “Die Angst, der Schock und die Erschöpfung haben mich gestern daran gehindert, Ihnen für Ihre Courage meinen Dank auszusprechen”, fuhr sie etwas ruhiger fort und schalt sich im Stillen eine Lügnerin, denn nichts davon traf zu. “Mr. Aisgill hat mir vorgeschlagen, Ihnen für den mir unter Einsatz Ihres Lebens bewiesenen Beistand eine Sonderzulage zu Ihrem Lohn zu zahlen.”
    Ehe Chad Newcome etwas äußern konnte, sagte Stuart rasch: “Er hat sie mit der Begründung abgelehnt, Mylady, er habe nur seine Pflicht getan und erwarte weder eine Prämie noch anderweitige Vergünstigungen.”
    “Stimmt das, Newcome?”, fragte Elinor und schaute ihn an.
    Er sah ihr in die Augen und antwortete fest: “Ja, Eure Ladyschaft.”
    Jäh hatte sie den Eindruck, von einer unerklärlichen Macht an den Rand eines Abgrundes gezogen zu werden, und nichts und niemand konnte sie davor bewahren, in die Tiefe zu stürzen. Sie wusste nicht, was sie erwidern solle, und war froh, dass William Payne sich räusperte.
    “Wie edelmütig!”, sagte er trocken. “Aber da Newcome Sie, Madam, vor Schaden bewahrt hat, sollte seine Tapferkeit zumindest in den Annalen des Hauses vermerkt werden.”
    “Das wäre etwas voreilig”, warf Chad ein. “Mit Verlaub, Mylady, meine Herren, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass derjenige, der den glücklicherweise misslungenen Überfall geplant hat, vielleicht noch einmal versucht, Ihre Ladyschaft umzubringen.”
    Sekundenlang herrschte betroffene Stille, und dann wiederholte John Henson

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