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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Straße dahin und gelangte in das Haus Summerlands, wo er erfuhr, daß die Brüder sich in den Leseklubb begeben hätten. Es war die Stunde, in welcher dessen Mitglieder sich in die Morgenblätter vertieften, und Tim war aus Anhänglichkeit für den Advokaten mitgegangen, obgleich es ihm leichter gewesen wäre, einen Bären zu erlegen als eine Zeile zu buchstabiren. Forster folgte ihnen. Er durchschritt langsam die kleinen Kabinets, in welche sich die einzelnen Leser aus dem Saale, wo störendes Geräusch nicht zu vermeiden war, zurückgezogen hatten.
    In einem dieser Zimmer hingen die Statuten des Vereines aus. Er trat vor die eingerahmte Schrift, um einen Punkt zu suchen, der ihn darüber belehrte, ob der Eintritt Fremden gestattet sei. Die dicken Läufer, welche den Fußboden bedeckten, hatten seine Schritte unhörbar gemacht, so daß seine Gegenwart in dem Nebenraume, aus welchem die halblauten Stimmen zweier Männer durch die dünne Portière klangen, unbemerkt blieb. Ohne es zu beabsichtigen, vernahm er jedes Wort ihrer Unterhaltung.
    »
Well,
Sir, Ihr habt mich vollständig überzeugt, daß bei dem Geschäfte ein außerordentlich hoher und sicherer Gewinn zu erzielen ist. Texas hat schon öfters die kräftigsten Versuche gemacht, sich von Mexiko loszusagen, immer aber wurde es durch die Uebermacht der Truppen niedergeworfen. Jetzt ist man in Washington entschlossen, ihm die nachdrücklichste Hülfe zu gewähren, und die Folge wird sein, daß das herrliche, reiche und fruchtbare Land zur Union schwören muß. Ein Strom von Einwanderern wird sich über dasselbe ergießen und der Preis des Bodens sich in kurzer Zeit um das Zwanzig-und Mehrfache steigern. Wer die Mittel besitzt, einige Grants von genugsamer Ausdehnung zu bekommen, kann sich Millionen verdienen. Zwar sind die Eurigen bedeutend, aber wenn Ihr mir gestattet, Master Wilson, eine Summe, welche ich gerade verfügbar habe, beizuschießen, so wird Euer Vortheil nur vergrößert werden.«
    »Wie hoch ist sie?«
    »Vierzig, vielleicht auch fünfzig-oder sechzigtausend Dollars, welche ich Euch in guten Wechseln auf Galveston mitgeben werde. Zwar waren mir Eure Verhältnisse bisher unbekannt, aber die Empfehlung, welche Ihr mir von Harris und Thomson, Jefferson City, vorlegtet, genügen vollständig, Euch mein ganzes Vertrauen zu erwerben. Wann werdet Ihr reisen?«
    »So bald wie möglich. Es ist keine Zeit zu verlieren, die Verhältnisse, mit welchen wir rechnen, sind öffentliche, und es sollte mich wundern, wenn nicht auch noch Andere als wir auf die gleiche Spekulation verfielen.«
    »Dieser Gedanke liegt allerdings nahe. Verfügt Euch mit in meine Wohnung, wo wir die Angelegenheit sofort in Ordnung bringen können.«
    »Und Eure Tochter, Master Olbers?«
    »Ist mir zu lieb, als daß ich mehr als eine Andeutung gegen sie aussprechen sollte. Sie ist vollständig frei, wie ich sicher weiß, und ihr seid ja ein Gentleman, dem es nicht schwer fallen kann, die Zuneigung eines Mädchens zu erringen. Meine Zustimmung habt Ihr, und das Uebrige ist ganz Eure Sache.«
    Sie erhoben sich und verließen den Ort, ohne Forster, welcher hart an der Wand stand, zu bemerken. Es war der dicke Bankier und der Mann, welcher gestern den so wirkungsvollen Faustschlag erhalten hatte. Wilson also war sein Name. Forster dachte an die Gestalt in der Thornische.
    »Tom Wilson, der Geliebte von Sarah; er ist’s; es ist kein Zweifel möglich! Und sollte ich mich irren, wenn ich ihn für jenen Schurken halte, der die Pfahlmänner anführte? Er trägt sich anders, doch dieses Gesicht ist nicht zu verwechseln, und die Narbe erhöht die Gewißheit. Aber wie kommt er zu der Empfehlung von Harris und Thomson? Er kann während der Zeit unmöglich in Jefferson gewesen sein. Und selbst wenn ich mich in Allem irrte, ein Schelm ist er, wie sein gestriges Verhalten und die Liebschaft beweist, welche er mit der Terzerone unterhält, während er nach der Hand von Marga trachtet. Ich werde ihn entlarven!«
    Er durchwanderte die Enfilade der Zimmer weiter und fand bald die Gesuchten. Tim Summerland saß, ihm abgekehrt, am Tische und durchstöberte die Bilder eines illustrirten Journales. Der gestrige Salonanzug war ihm zu unbequem; er hatte ihn mit einer allerdings neuen Trapperkleidung vertauscht, doch auf dem Kopfe, wirklich, da saß die alte Mütze, die ihres Gleichen suchte. Er hatte sich unmöglich von ihr trennen können.
    Forster trat an ihn heran und schlug ihm die Hand auf die Schulter.

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