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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einem Dienstboten unter das Thor?«
    »Es ist so, Mylord; er ist ein Gentleman ich kenne ihn genau, denn er ist mein – mein – –«
    »Dein Geliebter?«
    »Ja,« antwortete sie leise, indem eine tiefe Gluth ihren dunklen Teint durchleuchtete. »Die Herrin darf aber nichts davon wissen, und da – da wollte ich Euch ersuchen, ihr zu verschweigen, daß Ihr mich mit ihm gesehen habt!«
    »
Well!
Wer ist denn dieser Gentleman, der Dir das kleine Herz bethört?«
    »Ich nenne ihn Tom, Mylord.«
    »Und wie heißt er noch?«
    »Das soll ich verschweigen; Euch aber will ich es sagen. Er heißt Tom Wilson und ist ein sehr reicher Plantagenbesitzer in Texas. Er ist sehr oft drüben bei Bankier Olbers und hat mich durch das Fenster gesehen und sehr lieb gewonnen.«
    »Olbers? Ist dies der dicke Herr, welcher jetzt dort auf dem Balkon sitzt?«
    »Ja, und die Lady ist Miß Margareth, seine Tochter, die sehr oft zu meiner Herrin kommt und Marga genannt wird.«
    »Forster wußte nun auf einmal, wem sein so lebhaftes Interesse gehörte. Ein Gedanke durchblitzte ihn.«
    »Hat Dein Geliebter eine Narbe über der Stirn?«
    »Ja. So kennt Ihr ihn, Mylord! Er hat sie von einem Indianer bekommen.«
    »Woher weißt Du, daß er reich ist?«
    »Er hat mich einmal mit in seine Wohnung genommen und mir eine ganze Menge Nuggets und Goldstaub gezeigt. Er wird nächstens verreisen.«
    Das Mädchen war mittheilsam geworden. Forster mußte dies benutzen, denn was er hier erfuhr, konnte ihm von Nutzen sein.
    »Wohin?«
    »Nach Mexiko zu seinem Bruder.«
    »Ah! Warum so weit?«
    »Sein Bruder, welcher Alkalde in Morelia ist, hat ihm geschrieben, daß er ein großes Geschäft mit ihm machen will. Ich habe den Brief gelesen.«
    »Wie heißt der Alkalde? Natürlich auch Wilson!«
    »Nein, denn er ist nur der Stiefbruder und heißt Antonio Molez.«
    »Was für ein Geschäft soll es sein?«
    »Das stand nicht dabei. Werdet Ihr meine Bitte erfüllen, Mylord?«
    »Ja, doch nur unter der Bedingung, daß Du auch Deinem Geliebten nichts von unserer Unterredung sagst!«
    »Habt Dank. Ich werde schweigen!«
    Sie ging und Forster eilte an das Fenster zurück. Marga und ihr Vater hatten den Balkon bereits verlassen. Er setzte sich an den Schreibtisch und fertigte den Küchenzettel. Dann machte er Toilette zum Ausgehen. Er wollte den braven Summerland besuchen und hatte während dieser Beschäftigung nicht bemerkt, daß die heimlich Geliebte, jetzt in schwarze, rauschende Seide bekleidet, ihre Wohnung verließ und über die Straße herüber das Haus von Mutter Smolly betreten hatte. Diese war eine Freundin ihrer verstorbenen Mutter gewesen, hegte eine große Zuneigung zu dem schönen Mädchen und empfing sie mit freundlichen Vorwürfen.
    »Aber, mein Kind, wo denkst Du hin? Gestern den ganzen langen Tag nicht auf einen einzigen kleinen Augenblick zu mir herüberzukommen! Hast Du denn Deine alte, gute Tante Smolly ganz und gar vergessen?«

    »Ha, Tantchen, Du bist ganz entsetzlich alt! Aber vergessen habe ich Dich trotzdem nicht, sondern mich im Gegentheile recht sehr nach Dir gesehnt. Ich hatte schon am Vormittage für die Abendgesellschaft unendliche Vorbereitungen zu treffen und mußte, denke Dir nur, nach Tische um des garstigen Wilson willen, den Papa so unbegreiflich protegirt, mit spazieren reiten. Konnte ich da kommen? Und dann die langweilige Soiree, die mir unerträglich gewesen wäre, wenn nicht Wilson gefehlt und Tim Summerland so interessant erzählt hätte.«
    »Du scheinst diesen Wilson gar nicht gern zu haben!«
    »Nein, Tante, noch viel weniger als ungern. Kannst Du Dir denken, warum?«
    »Wie sollte ich!«
    »Er hat bei Papa angedeutet, daß er nur meinetwegen in Stenton verweile, und dieser forderte mich auf, so freundlich wie möglich gegen ihn zu sein; er beabsichtige ein ganz bedeutendes Unternehmen mit ihm und wünsche, ihn durch engere Bande an sich zu fesseln. Soll mich das nicht ärgern?«
    »Gewiß! So etwas ist allerdings höchst ärgerlich, wenn man sich für den Betreffenden nicht zu interessiren vermag. Aber warte nur, Marga, es kommt schon noch die Zeit, daß – –«
    »Daß Du Deine Zimmer vermiethest. Nicht wahr, Tante Smolly, das wolltest Du sagen?«
    »Eigentlich nicht, Du Schelm; aber da Du auf dieses Thema kommst, so mußt Du erfahren, daß ich gestern endlich doch vermiethet habe.«
    »An einen wahren Gentleman?«
    »Ja. Soll ich Dir sagen, wie er heißt?«
    »Natürlich! Ich muß doch wissen, wer in Deinem Hause

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