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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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eigentlich heute Kaiser?«
    »Otho? Nein, seit heute Aulus Vitellius!«
    »Aulus Vitellius? Ach der!«
    »Aber er soll schon wieder ermordet sein.«
    »Und wie heißt sein Nachfolger?«
    »Vespasian.«
    »O tempora, o mores! – Welch eine Zeit!«

K APITEL 14
    N ame?«
    »Marcus Encolpius.«
    »Welchem Erwerb gehst du nach?«
    »Ich bin Bademeister in den Thermen des Agrippa. Mir untersteht das Heer der zweitausend Badesklaven.«
    »Und was ist dein Begehr?«
    »Herr, ich benötige fünfzigtausend Sesterze. Ich weiß, das ist eine hohe Summe für einen Bademeister; aber sie soll gut angelegt sein.«
    Vitellius lachte: »Willst du zum Wohl der Allgemeinheit eigene Thermen eröffnen?«
    »Nein, Herr«, antwortete Encolpius, »ich will auf dem Marsfeld ein Salb- und Massagehaus eröffnen. Denn ich habe beobachtet, daß immer mehr vornehme Römer die öffentlichen Badeanstalten zur Körperpflege meiden. Zu groß ist der Andrang. Ich habe in unmittelbarer Nachbarschaft der Agrippa-Thermen ein Haus gemietet, jetzt fehlt es mir an Ausstattung und Mobiliar.«
    »Dein Plan gefällt mir«, sagte Vitellius. »Du hast Familie?«
    »Ich habe eine Frau und zwei erwachsene Töchter, und sie alle werden in meinem Unternehmen mithelfen.«
    »Bist du bereit, zwölf Prozent Zins zu zahlen? Im ersten halben Decennium erfolgt keine Tilgung. Danach fünf Prozent.«
    »Ich danke Euch, Herr!« Der Bademeister fiel Vitellius zu Füßen, küßte seine Hände; doch der wehrte ab. »Halt ein, Encolpius, noch ist der Handel nicht perfekt!« Und an seinen Schreiber Cornelius Ponticus gewandt: »Überprüfe die Angaben und stelle den Kreditbrief aus. – Der Nächste!«
    Wer Vitellius hinter seinem großen Schreibtisch in dem neuerbauten Bankgebäude auf dem Esquilin sitzen sah, konnte sich nur noch schwer vorstellen, daß diesem Mann noch immer der Ruf vorausging, der größte Gladiator Roms zu sein. Buschige Barthaare sprossen an Kinn und Oberlippe, er schien um Jahre gealtert. Nur wenn er sich erhob, mit auf dem Rücken verschränkten Armen in seinem Büro auf- und abging und Geschäftsbriefe diktierte, ahnte man etwas von seiner katzenhaften Beweglichkeit, mit der er zahllose Gegner geschlagen hatte.
    »Name?« fragte er routinemäßig und ohne aufzublicken, als der nächste Klient eintrat.
    »Ich bin Antonia, die Frau des Prätors Domitius.«
    Vitellius sah auf. Vor ihm stand eine Frau in mittleren Jahren. Sie trug das wellige dunkle Haar in der Mitte gescheitelt und im Nacken hochgesteckt. Die großen grauen Augen verliehen ihrem Gesicht etwas Kindliches. Eine wallende Tunika verbarg die fraulichen Körperformen nur mit Mühe.
    »Was kann ich für dich tun?« fragte Vitellius, und seine Stimme klang anders als bei dem ersten Klienten. Antonia schaute sich ängstlich um, ihr Blick blieb auf dem Schreiber haften, der in einer Ecke des Raumes vor Stößen von Akten und Papier saß.
    »Es handelt sich um eine sehr private Angelegenheit«, sagte die Frau und senkte verlegen den Kopf. Vitellius erhob sich, ging zu Cornelius Ponticus und flüsterte ihm etwas zu; darauf stand dieser auf und verschwand. Vitellius sah Antonia erwartungsvoll an.
    »Du mußt dich nicht schämen, wenn du einen Kredit brauchst«, sagte Vitellius, um das peinliche Schweigen zu überbrücken, »halb Rom lebt auf Kredit, nicht einmal vor dem Kaiserhaus macht die Geldknappheit halt, davon lebe ich. Als unser letzter Kaiser, mein Namensvetter Aulus Vitellius, nach Germanien ging, nahm er seiner Mutter eine Perle vom Ohr und verpfändete sie. Frau und Kinder steckte er in eine Mietwohnung, und sein Haus vermietete er. Wäre er zu mir gekommen, hätte er sich dies ersparen können.«
    »Ich brauche kein Geld«, unterbrach Antonia.
    »Das ist ungewöhnlich«, meinte Vitellius, »zu mir kommt nur, wer Geld braucht.«
    »Für mich bist du kein Geldverleiher, der mit der Not anderer Geschäfte macht. Für mich bist du immer noch der große, starke, tapfere Gladiator Vitellius, der sich vor nichts fürchtet, der mit der Drehung seines Körpers hunderttausend Menschen in Entzücken versetzt, der zusticht gerade in dem Augenblick, in dem es niemand erwartet.« Und dabei glänzten ihre großen Augen.
    Die Worte der Frau versetzten Vitellius in Erstaunen.
    »Ich habe jeden Kampf von dir gesehen«, fuhr sie fort, »ich habe um dich gezittert und für dich gebetet, ich habe mit dir gelitten und mit dir gesiegt. Seit zwei Jahren trage ich mich mit dem Gedanken, zu dir zu kommen. Ich habe

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