Der Gladiator
Bestechungsgeld. Wieviel gibst du ihm eigentlich?«
»Jeder höhere Beamte des Staates erhält von mir im Monat tausend Sesterze, die zwanzig Quästoren, die sechzehn Prätoren und die beiden Konsuln. Seit kurzem lasse ich sogar den vier Ädilen eine Vergünstigung von fünfhundert Sesterzen zukommen – nicht weil ich sie für wichtige Leute halte, aber ihre Überwachungsbefugnisse als Verkehrs-, Bäder- und Bordellwächter können bisweilen von Nutzen sein; und manch ein Ädil hat sich schon in ein höheres Amt emporgearbeitet. Aber wir wollen nicht über Geldgeschäfte reden.«
»Nein, reden wir über uns«, sagte Antonia. »Wann sehe ich dich wieder?«
»Wenn du willst, an den nächsten Calenden, zur gleichen Zeit an dieser Stelle!« Vitellius hatte Feuer gefangen.
Vitellius hörte die klagenden Schreie eines Mädchens. »Was hat das zu bedeuten?« fragte er den Sklaven, der ihn am Portal seiner Villa begrüßte. »Die Herrin läßt das Judenmädchen auspeitschen«, antwortete dieser und wies mit der Hand ins Peristyl. In Vitellius' Augen blitzte Zorn auf, er eilte in den Säulenhof, wo Tertulla die grausame Szene mit sichtlichem Genuß beobachtete: Ein Sklave schlug mit der Rute auf das nackte Hinterteil des Mädchens ein. Man hatte sie an den Händen gefesselt und über eine Bank gelegt. Die anderen Sklaven standen herum und mußten zusehen.
»Aufhören!« rief Vitellius schon von weitem. Erschrocken starrten die Sklaven auf den hereinstürmenden Herrn, dann sahen sie Tertulla an, ein Ehestreit schien sich anzukündigen. »Löst ihr die Fesseln und verschwindet!« befahl Vitellius. – »Nur du, Tertulla, bleibst hier!«
Als fürchteten sie ein drohendes Gewitter, flüchteten die Sklaven in ihre Dienstbotenräume.
»Warum läßt du sie auspeitschen?« fragte Vitellius.
»Sie hätte mich beim Umkleiden beinahe erwürgt«, ereiferte sich Tertulla, »sie zog mir das Kleid mit Gewalt vom Kopf, während der Gürtel sich um meinen Hals geschlungen hatte.«
»War das nicht nur ein willkommener Anlaß, auf den du lange gewartet hast, um das Judenmädchen zu züchtigen?«
»Es ist mein gutes Recht, eine Sklavin, die es verdient hat, auspeitschen zu lassen. Das wirst du mir nicht nehmen.«
Vitellius wurde laut: »Solange ich Herr in diesem Hause bin, werden Sklaven nur dann ausgepeitscht, wenn sie es verdient haben. Die Sklavin ist – da bin ich sicher – unschuldig. Du läßt sie auspeitschen, weil du glaubst, mich damit zu treffen. Du hast sie von Anfang an nicht gemocht, weil ich ihr Äußeres hübsch und ihr Wesen einnehmend fand. Nun möchtest du es wohl auf eine Kraftprobe ankommen lassen.«
»Lächerlich!« zischte Tertulla. »Du glaubst, stark zu sein, in Wirklichkeit bist du ein armseliger Schwächling. Weil du deine Fäuste zu gebrauchen verstehst, glaubst du etwas zu können. Du kannst kämpfen, ja, aber sonst nichts. Als Geschäftsmann bist du ein Versager. Beim Tempel der Venus und Roma wird das größte Amphitheater der Welt errichtet. Und wer finanziert das Projekt? Drei unbedeutende kleine Geldverleiher, die sich bislang glücklich schätzten, wenn jemand sie um ein Kleindarlehen anbettelte. Ich möchte wissen, warum du ein Vermögen für Bestechungsgelder ausgibst, wenn andere das Rennen machen. Oh, wenn das mein Vater erlebt hätte!«
Tertullas Worte trafen Vitellius wie ein Schlag ins Gesicht und verletzten ihn zutiefst. Seine Frau hatte recht, mit den Geschäften war es abwärts gegangen in letzter Zeit. Er war nicht der clevere Geschäftsmann wie Pheroras, der Klienten gegeneinander ausspielte und bei dem die Konkurrenz stets das Nachsehen hatte. Seine Schiffe, mit denen Pheroras früher das große Geld machte, lagen ohne Ladung im Hafen von Ostia und verschlangen hohe Liegekosten, 500 Sesterze pro Schiff und Tag, die alten Frachtkähne bedurften dringend der Renovierung. Wozu aber Geld in eine Flotte investieren, die ohnehin nicht ausgelastet war?
»Die Zeiten sind schwerer«, verteidigte sich Vitellius.
»Mein Vater hat gerade in schlechten Zeiten die größten Geschäfte gemacht«, schrie Tertulla erregt. »Aber wenn ein Unternehmer nur Muskeln hat und keinen Kopf …«
»Ich habe mich nicht in dieses Haus gedrängt!«
»Nein, du hast dich eingeschlichen!«
»Deine Mutter hat mich auf dem Sterbebett gebeten …«
»Sterbende reden wirr, das weiß jedes Kind!«
»Ich habe es aus Liebe zu deiner Mutter getan.«
»Aus Liebe? Du hast Mutter nicht geliebt, du hast mit ihr
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