Der Gladiator
auszulaufen. Und damit ist das Risiko gewiß geringer als bei den kleinen Seglern, die ständig auf dem Mittelmeer kreuzen.«
Die beiden anderen stimmten ihm zu. Metilius versprach, die Liste der bestochenen Beamten zu besorgen, stieß damit aber bei seinen Mitbewerbern auf Skepsis. Es wurde vereinbart, an den nächsten Iden am selben Ort wieder zusammenzukommen, um konkrete Beschlüsse zu fassen.
»Hure«, rief Pedanius in die Ecke der Hafenkneipe, »nun komm und zeige, was du kannst!«
Wie hatte sie sich verändert! In seinem Büro hatte sich die züchtige Ehefrau eines Prätors vorgestellt, jetzt stand Vitellius einer sinnlichen Frau gegenüber, die mit ihren Reizen nicht geizte. Antonia trug ein dünnes, lavendelfarbenes Kleid, das in der Taille von einer goldenen Kette zusammengehalten wurde. Und bei der kleinsten Bewegung gab der tiefe Ausschnitt den Blick auf ihre nackten Brüste frei.
»Beinahe hätte ich dich nicht erkannt«, entschuldigte sich Vitellius, der, wie sich das für einen wohlhabenden Mann gehörte, im pferdebespannten Wagen vorgefahren war.
Antonia lächelte. »Ich weiß durchaus einen Mann zu fesseln, auch wenn mir das bei meinem eigenen Ehemann bisher nicht gelungen ist.« Sie gab den Sklaven, die mit ihrer Sänfte etwas abseits standen, ein Zeichen, sich zu entfernen. »Es ist dir doch recht«, fragte sie dann, »daß ich zu dir in den Wagen steige?«
Vitellius nickte und fragte: »Du bist öfter in dieser Gegend?«
»Nein. Ich schwöre es bei meiner rechten Hand«, antwortete Antonia, »aber für Leute, die ein Abenteuer suchen, ist es wohl der rechte Ort.«
»Du suchst also ein Abenteuer«, wiederholte Vitellius und blickte über das bunte Treiben. Vor mehr als zwanzig Jahren hatte er hier an der Mulvischen Brücke den Boden Roms betreten. Das pralle Leben, das hier pulsierte, hatte ihn, den Kesselflicker aus Bononia, schockiert. Hier hatte alles seinen Anfang genommen. Und da drüben, tatsächlich, stand er noch immer, Cäsonius; er hatte keine Haare mehr auf dem Kopf, aber den kleinen Jungen schickte er noch immer begehrliche Blicke hinterher.
»Was heißt Abenteuer«, sagte Antonia und setzte sich neben Vitellius, nicht ohne die Gelegenheit zu benutzen, dem Gladiator einen tiefen Einblick auf ihre blanken Brüste zu vermitteln, »aber fürs erste würde ich mich mit einem Abenteuer durchaus begnügen.«
Wäre Antonia nicht bereits neben ihm im Wagen gesessen, vielleicht hätte Vitellius den Gäulen die Peitsche gegeben und wäre davongeprescht. So aber blieb ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten. Irgendwie erinnerte diese Frau Vitellius an Messalina, der er an derselben Stelle begegnet war. Und welch verhängnisvolles Ende hatte dieses Abenteuer gefunden! Doch dann drängte er derlei Gedanken beiseite. Antonia war nicht Messalina, und die Frau eines Prätors war nicht die des Kaisers. Messalina wollte ihren Spaß mit ihm haben, und er wollte Antonia für seine Geschäfte benutzen. Ein Verhältnis zu haben mit der Frau des Prätors, dem die Aufsicht über die Staatskasse oblag, war für einen Bankier von unschätzbarem Vorteil. Also ließ er die Dinge auf sich zukommen.
Offensichtlich hatte das provozierende Gehabe der Edelhuren Antonia verwirrt. Wie sie ihre Röcke hoben, die Brüste mit unflätigen Redensarten feilboten. Auch die Jünglinge, die von einem Mann zum anderen sprangen und sich anpriesen, waren nicht für die Augen der Frau eines Prätors bestimmt. »Laß uns die Gärten des Lucullus aufsuchen«, schlug Vitellius deshalb vor, »dort können wir uns der Ruhe hingeben«, und wendete den Wagen.
Das letzte Stück gingen sie zu Fuß. Fischteiche wechselten mit Obstplantagen und Tierkäfigen, und dazwischen luden lauschige Pavillons zum Verweilen, eine phantasievolle künstliche Landschaft am Rande der Steinwüste Roms. »Ein bewundernswerter Mensch, dieser Lucullus«, bemerkte Vitellius im Gehen, »für gewöhnlich fehlt großen Feldherrn und Politikern der Sinn fürs Romantische. Lucullus war die große Ausnahme; er starb in geistiger Umnachtung.«
Antonia schwieg. Sie schmiegte sich so nahe an ihren Begleiter, daß dieser die Wärme ihres Körpers fühlte. »Es scheint nicht leicht zu sein, mit einem Prätor verheiratet zu sein«, sagte er in der Hoffnung auf eine Antwort, aber Antonia reagierte nicht. »Er selbst wird ständig von zwei Liktoren bewacht, seine Frau kennt man nicht einmal.«
Da blieb Antonia stehen, schlang die Arme um Vitellius' Hals und
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