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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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siegreiche Feldherrn und Imperatoren, hätte heute besser den Namen Straße des Todes verdient. Denn in langem Zug bewegten sich die Karren der Gladiatoren auf die Arena zu. Auf jedem Wagen standen vier Kämpfer. Gezogen wurde das Gefährt von einem Maultier, gelenkt von einem Sklaven. Statt Hochrufen und Jubelschreien bekamen die Gladiatoren Schmährufe und Beschimpfungen zu hören, nur vereinzelt wurden sie auch angefeuert. Dichtgedrängt versuchten diejenigen, die im Circus keinen Einlaß mehr gefunden hatten, wenigstens vom Straßenrand einen Blick auf die Todgeweihten zu werfen.
    Vitellius stand zusammen mit Pugnax, Felix und Valens auf einem Karren. Während Pugnax, den Römern aus vielen Kämpfen bekannt, ermunternde Zurufe entgegennahm, erbrach sich Valens in einem fort. Die Schaulustigen quittierten es mit Hohngelächter. Da Vitellius seine Ruhe wiedergefunden hatte, wirkte er gelassener als am Vortag, nur seine Augen wanderten unablässig über die Menschen am Straßenrand. Er suchte nach Rebecca.
    Sie fuhren eben unter dem neuerbauten Aquädukt des Kaisers Claudius hindurch, als man ein dumpfes, krachendes Geräusch+ hörte. Mit einem Ruck blieb der Karren stehen. Die Menge schrie auf, die Menschen starrten auf das Wagenrad. Erst jetzt erkannte Vitellius, was geschehen war: Valens hatte in seiner Verzweiflung den Kopf durch die Speichen des Rades gesteckt. Das Rad hatte ihm das Genick gebrochen.
    Gemeinsam zogen die drei den Körper des Selbstmörders aus den Speichen. Vitellius hatte das Gefühl, als ob eine riesige Eisenklammer seinen Brustkorb umschloß, vergeblich versuchte er tief zu atmen, es mißlang, als wären seine Lungen zu klein. Vitellius sah Pugnax von der Seite an, und er erkannte, daß sein Lächeln nur eine Maske war. Sein Blick ging starr in die Ferne, er nahm keinen der Jubler wahr.
    Als die Karren auf den Circus zukamen, schallte den Gladiatoren das hysterische Geschrei von zweimal hunderttausend Menschen entgegen. Die Massen in der langgestreckten Arena ergötzten sich gerade an einer der Tierhetzen, die das Vorprogramm für die Gladiatorenkämpfe bildeten. Fünfzig Löwen waren auf zehn wilde Stiere losgelassen. Jedesmal, wenn ein Stier einen Löwen aufspießte, das Blut spritzte und das verendende Tier seinen Todesschrei ausstieß, begannen die Zuschauer zu kreischen, zu klatschen und mit den Füßen zu trampeln. »Mehr Blut«, schrien sie, »mehr Blut. Der Sand der Arena soll rot sein!« Zweimal hunderttausend Kehlen schrien das hinaus, ein schauerlicher Massenchor.
    Vitellius spürte kalten Schweiß im Nacken. Durch ein Gewirr von abgestellten Wagen und Sänften fanden die Karren der Gladiatoren den Weg zu einem Seiteneingang, der den Mitwirkenden der Spiele vorbehalten war. An dem hohen Portal des Aufenthaltsraumes unter den Tribünen stand ein kaiserlicher Kontrollbeamter vor einer Wachstafel.
    »Name?« fragte er teilnahmslos.
    »Vitellius.« Der Beamte suchte den Namen auf der Tafel, machte ein Häkchen dahinter, seine Anwesenheit war bestätigt. Ein Name blieb übrig: Valens. Der Beamte rief: »Valens!« – Schweigen. »Valens!« Schließlich sagte Pugnax: »Valens hat auf dem Weg hierher den Kopf in das Wagenrad gesteckt. Er ist tot.«
    »Tot.« Der Registratur nahm es ohne Regung zur Kenntnis und schrieb hinter den Namen: suic. – Selbstmord.
    Von den Gladiatoren gingen manche wie wilde Tiere im Käfig auf und ab, schlugen mit den Fäusten gegen die aus riesigen Quadern gefugten Wände, preßten die Köpfe gegen das kalte Gestein oder wirbelten mit den Armen wild durch die Luft. Länger als erforderlich ölten sie ihre athletischen Körper ein. Keiner sah den anderen, jeder dachte nur an den bevorstehenden Kampf. Die Waffen ruhten noch schwerbewacht in einem Seitenraum. Erst unmittelbar vor dem Auftritt wurden sie ausgehändigt.
    Jetzt wurden die Gegner der Gladiatoren durch das Los bestimmt, bei denen nicht von vornherein eine bestimmte Paarung vorgesehen war. In zwei Körben lagen zerbrochene Tontäfelchen, in einem Korb die linke, im anderen die dazu gehörende rechte Hälfte. Paßten die beiden Scherben, so waren ihre Besitzer als Gegner ermittelt.
    Durch das mit einem roten Vorhang von der Arena abgeschirmte Portal, hinter dem sich mannshohe Holztore verbargen, drang das Brüllen der Tiere, das Geschrei der Zuschauer. Sulpicius Rufus klatschte in die Hände: »Aufstellung zum Einmarsch!«
    Die Gladiatoren ordneten sich in der Reihenfolge ihres Auftritts. Sklaven

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