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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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»richtet euren Zorn gegen mich. Ich habe mich in den Wirren der unglückseligen Katastrophe vergessen. Ich habe mich einem Mann hingegeben und bin dabei ertappt worden. Es konnte kein Geheimnis bleiben!«
    Vibidia gewann als erste die Fassung wieder. »Tullia!« sagte sie, »ich hoffe, du bist dir im klaren darüber, was das bedeutet!«
    Tullia schlug die Hände vors Gesicht. Sie nickte mit dem Kopf, und der schlanke Körper der Sechzehnjährigen begann unter Weinkrämpfen zu beben.
    »Wer war es?« fragte Vibidia in barschem Ton; aber Tullia schüttelte nur den Kopf. »Wer hat dir Gewalt angetan?«
    »Man hat mir nicht Gewalt angetan«, schluchzte Tullia, »ich habe mich ihm hingegeben, ich wollte es. Ich wollte einmal körperliche Liebe spüren, einmal einen Mann in mir fühlen …«
    »O heilige Vesta!« Die Priesterin Aelia erhob die Hände zum Gebet und blickte zur Decke.
    »Ich wäre nie eine untadelige Vestalin geworden«, fuhr Tullia fort, »denn nicht mein Wille war es, das ewige Feuer zu hüten, sondern der meiner Eltern. Sie wollten mit meinem 30-jährigen Tempeldienst Ruhm und Ansehen gewinnen. Sollen sie jetzt mit meinem Tod fertigwerden.«
    Während Vibidia noch immer den Namen des Mannes zu erfahren suchte, der dieses Unglück verschuldet hatte, und die übrigen Vestalinnen mit erhobenen Armen zum Himmel beteten, trat ein Liktor ein. Vibidia fragte nach seinem Begehr.
    »Eine Botschaft für die Vesta-Priesterin Tullia«, sagte er militärisch knapp. Gespannt blickten alle auf den Liktor.
    »Berichte!« sagte Vibidia.
    »Vitellius, der Gladiator, läßt melden, Tullia solle sich keine Sorgen machen, er habe die geforderte Summe gezahlt.«
    »O nein!« rief die junge Priesterin; dann sank sie stumm zu Boden.
    Mit auf dem Rücken verschränkten Armen ging Pheroras in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Sein Sekretär Fabius notierte auf einer Papyrusrolle alle Aufträge seines Herrn.
    Pheroras zeigte mit dem Finger auf Fabius und sprach: »Ich brauche dreitausend Beifallklatscher. Du holst sie am besten von den Getreidespeichern. Übermorgen ist Ausgabe der Rationen für die Arbeitslosen, da findest du genug Männer, die bereit sind, in den Circus zu gehen und für Vitellius zu klatschen. Zehn Sesterze pro Vorstellung; aber nur wenn der Applaus gut war.«
    »Gewiß«, sagte Fabius beflissen und machte sich eifrig Notizen. Fabius beherrschte die ›Notae Tironinae‹, eine Art Kurzschrift, die Ciceros Freund und Sekretär Tiro erfunden hatte. Zu einer Zeit, da die meisten nicht einmal die Langschrift beherrschten, war ein Stenograph schon etwas Außerordentliches und nur ganz reichen oder wichtigen Leuten vorbehalten.
    »Am besten«, fuhr Pheroras fort, »du engagierst drei Vorklatscher für die verschiedenen Arten des Beifalls, einen für den Bombus, das Beifallssummen, einen für die Testa, das Klatschen mit der flachen Hand, und einen für den Imbrex, das Klatschen mit hohler Hand. Jeder erhält elftausend Sesterze, zehntausend zur Entlohnung und tausend als Lohn für seine Organisation.«
    »Herr«, unterbrach Fabius, »genügen nicht einfache Klatscher und Schreier? Die benötigen kein Training, brechen bei Nennung des Namens Vitellius in Jubel aus und kosten nur die Hälfte, denk' ich.«
    Pheroras sah seinen Sekretär an und lächelte: »Fabius«, sagte er und legte ihm die Hand auf die Schulter, »habe ich schon einmal auch nur einen Sesterz verschleudert? Geld ist keine Angelegenheit reicher Leute, Geld ist die Sache der Sparsamen und Knausrigen. Ich weiß, was ich tue, wenn ich abgerichtete Beifallsspender anwerbe. Jeder Römer bevorzugt eine andere Art des Beifalls. Wird aber seine Lieblingsdisziplin angestimmt, dann fühlt er sich persönlich angesprochen, er stimmt mit ein, auch wenn der Beifall vielleicht gegen seine Überzeugung ist. Nur so kannst du den Beifall der Massen manipulieren. Rom lebt vom Beifall der Massen. Diese Massen haben schon manchen in den Tod getrieben, manch anderen aber auch zum reichen Mann gemacht. Gelingt es dir, die Massen zu beeinflussen, dann kannst du entscheiden über Tod und Verderben, über Glück und Reichtum.«
    Fabius nickte einsichtig.
    »Mögen Eure Gedanken in Erfüllung gehen!« sagte er.
    »Sie werden, Fabius, sie werden.« Und nach einem kurzen Augenblick des Nachdenkens fügte Pheroras hinzu: »Aber ich will nur Beifallklatscher haben, die gewaschen und rasiert sind!«
    »Ist notiert!« sagte Fabius.
    »Dann laßt uns eine Botschaft an den Quästor

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