Der Gladiator
Reden!«
Pheroras beschwichtigte seine Frau: »Ich bin für klare Verhältnisse. Das Ganze ist ein Geschäft. Kämpft Vitellius weiter so tapfer und wagemutig, dann wird er sich ein Vermögen verdienen. Und ich will daran teilhaben. Schließlich sollen meine Investitionen Früchte tragen. Zwar bist du auf meine Hilfe nicht angewiesen, aber ohne meine Hilfe wird dein Erfolg weit weniger einträglich sein. Denk nur an Pugnax, er errang über Jahre hinaus einen Sieg nach dem anderen und hauste wie ein Hund in der Gladiatorenkaserne. Pugnax hat es nicht verstanden, seine Erfolge in Wohlstand umzusetzen.«
»Ich bin einverstanden«, sagte Vitellius hastig, als hätte er Angst, Pheroras könnte sich das Ganze noch einmal überlegen. Mariamne und Tertulla sprangen auf, umarmten den jungen Gladiator, Pheroras trat hinzu und faßte den Gast am Unterarm: »Auf ein gutes Gelingen. Dein Erfolg wird auch mein Erfolg sein.«
Wie ein hungriger Wolf schlich Manlius, der Centurio, durch die Arkaden, die unter den Zuschauertribünen des Circus maximus lagen. Zahllose kleine Geschäfte, Stehausschänke und Bordelle warteten auf Kundschaft, eine billige Gegend. Für einen Sesterz konnte man alles haben, eine Frau, einen Becher Wein und ein Mitbringsel für die Ehefrau. Die Huren vor den Türen rafften ihre Kleider in die Höhe, sobald ein Mann des Weges kam. »Kleines Vergnügen gefällig, Manlius?« – Der Herr schien bekannt zu sein. Manlius lehnte dankend ab und erntete eine hämische Bemerkung: »Sind wir dir etwa nicht mehr gut genug, du Aufschneider? Oder hast du bei den Circusspielen eine Loskugel aufgefangen?« – »Wer weiß«, lachte Manlius und strebte dem Esquilin zu, einer vornehmen Gegend mit ausladenden Häusern der römischen Geschäftsleute.
Eines dieser Häuser trug die Bezeichnung ›Aureum‹ und galt als eine ganz besondere Adresse. ›Aureum‹ wurde es deshalb genannt, weil es nur gegen Entrichtung einer Goldmünze, eines Aureus, betreten werden durfte – was einem Wert von hundert Sesterzen entsprach. Das ›Aureum‹ war das teuerste und vornehmste der 45 Lupanare in Rom, der Traum eines jeden Mannes, für die meisten allerdings unerschwinglich.
Herausgeputzt wie ein Pfau stieg Manlius die weißen Marmorstufen zu dem säulenbewehrten Eingang empor. In der Cella atriensis saß eine dunkelhäutige Sklavin, die nur mit buschigen weißen Federn bekleidet war. Sie hielt dem Ankommenden eine Schale aus irisierendem Glas entgegen, Manlius verstand und legte seinen Aureus hinein. Darauf öffnete sich wie von Geisterhand eine zweiflügelige Tür zum Atrium, duftende Rauchschwaden und sphärenhafte Musik strömten ihm entgegen.
In dem betörenden weißen Rauch erkannte Manlius die rosig geschminkten Körper zweier Mädchen, die sich auf dem spiegelnden Boden liebten. Ihre langen wallenden Haare waren silbrig gefärbt. Genüßlich ließ die eine ihre Zunge über die hart aufgerichteten Brustwarzen der anderen gleiten. Und noch ehe er sich auf einem der Kissen an den Wänden niederlassen konnte, wurde er von zwei Badesklavinnen in ein Seitengemach gedrängt, entkleidet, gewaschen und gesalbt. Schließlich trat eine schwarzlockige Frau hinzu, die vor allem dadurch auffiel, daß sie mit einem langen, wallenden Gewand bekleidet war. Sie stellte Manlius einige Fragen. Welchen Typ Frau er bevorzuge, blond oder schwarzhaarig, gertenschlank oder mollig, knabenhafte oder pralle Brüste, nackt oder halbbekleidet, dunkel oder hellhäutig, eine oder zwei; welchen Wein er trinke, rot oder weiß, süß oder herb; welche Farbe das Zimmer haben sollte, in dem er sich den Freuden der Liebe hinzugeben gedenke.
Bei allen Göttern, es verschlug Manlius beinahe die Sprache, er stammelte hilflos schnelle Antworten und ließ sich dann bereitwillig über eine Treppe in das obere Stockwerk geleiten. Rot, wie gewünscht, waren die Wände des Zimmers mit Ornamenten bemalt. Die schweren Stoffbahnen, die von der Decke hingen, bildeten über dem Bett einen Baldachin. In die Wand eingelassen war eine gelbschimmernde Alabasterwanne. Manlius ließ sich auf das Bett fallen und schloß die Augen. Als er sie wieder öffnete, blickte er auf die nackten Brüste zweier zartduftender Mädchen, die über ihm hingen wie goldene reife Pfirsiche.
»Ich heiße Licinia«, hauchte die eine, »und mein Name ist Sancia«, die andere. »Wie ist dein Name?«
»Ich bin Manlius, der Centurio. Ich beaufsichtige die Getreideverteilung im Speicher von
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