Der Gladiator
nachdem ich zum Jupiter Capitolinus und zur heiligen Mutter Isis gebetet hatte, war ich davon überzeugt, daß ich dich warnen muß.«
»Welches Geheimnis trägst du mit dir herum?« fragte Vitellius. »Du bist erregt und zitterst am ganzen Körper.«
»Ich zittere um dein Leben, Geliebter!«
»Morgen nehme ich das Training auf für meinen nächsten Kampf. Ich werde kämpfen, und ich werde siegen. Warum sorgst du dich um mich?«
»Vitellius«, begann Mariamne ernst, »bisher hast du immer mit Pheroras zusammengearbeitet. Pheroras wollte, daß du gewinnst, und du trugst den Sieg davon. Nun aber hast du Pheroras gegen dich. Pheroras will, daß du deinen nächsten Kampf verlierst, und was Pheroras sich in den Kopf gesetzt hat, das erreicht er auch.«
»Unsinn«, meinte Vitellius, »hast du nicht selbst gehört, daß er demjenigen 500.000 Sesterze geboten hat, der mich besiegt?«
»Er hat noch viel mehr geboten – meine Zofe hat es gehört. Arruntius Stella, der Wettkampfleiter des Kaisers, soll eine Million erhalten, wenn er einen Gegner ausfindig macht, der dich in der Arena zur Strecke bringt.«
Vitellius erschrak. In seinen Schläfen begann das Blut zu hämmern. »Aber warum«, fragte er, »warum in aller Welt habe ich mir Pheroras zum Feind gemacht?«
»Er hat zwei Gründe, warum er dich fallen läßt: Von irgendeiner Seite wurde ihm unser Verhältnis hinterbracht. Nicht, daß er ernsthaft darunter leiden würde, daß ich dir zugetan bin, aber seine männliche Eitelkeit wird durch unser Verhältnis gekränkt. Er will nicht, daß man in Rom mitleidsvoll über ihn redet. Den Ausschlag gab jedoch, daß du von dem Verkauf der kaiserlichen Flotte weißt. Seither fürchtet er dich. Es wäre ihm ein Leichtes, dich zu beseitigen, aber Pheroras scheut deine große Beliebtheit. Mütter geben ihren Kindern bereits deinen Namen. So ein Mann kann nicht einfach verschwinden. Einem gedungenen Mörder müßte öffentlich der Prozeß gemacht werden. All das ist Pheroras zu riskant. Nein, er will, daß du bei deinem nächsten Kampf vor aller Augen getötet wirst. Vitellius, allein der Gedanke daran bringt mich zum Wahnsinn.«
»Aber bevor es soweit ist, muß ich erst im Kampf besiegt werden.«
»Man wird dir einen unlauteren Kampf aufzwingen und einen unfairen Gegner.«
»Dann bin ich in der Tat verloren.«
»Nein, Vitellius, ich habe mich entschlossen, um dich zu kämpfen. Und koste es mein Leben.«
»Ich sehe keinen Weg«, sagte Vitellius niedergeschlagen.
»Es gibt nur eine Lösung«, antwortete Mariamne, »wenn Pheroras deinen nächsten Kampf nicht mehr ausrichtet.«
»Mariamne!« rief Vitellius erschreckt. »Weißt du, was du da redest!«
»Ich habe lange darüber nachgedacht, und meine Gedanken sind mir nicht leichtgefallen. Pheroras ging mit mir beinahe drei Decennien um wie mit einem Stück Vieh, seinem Lieblingstier zwar, das er zu festlichen Anlässen herausputzte und dem es auch sonst an nichts mangelte; als Mensch, als Ehepartner gar, hat er mich nie anerkannt. Er hat mich gekauft, für mich bezahlt, entsprechend wurde ich behandelt. Liebe? Für Pheroras ist das ein Fremdwort, eine Verschwendung von Gefühlen, die nichts einbringt. Pheroras hat mich nie geliebt, er hat mich stets nur besessen.«
»Arme Mariamne«, sagte Vitellius hilflos. »Arme Mariamne«, wiederholte er und strich ihr zärtlich über das Haar.
»Vitellius«, sagte Mariamne leise, während eine Träne ohnmächtigen Zornes über ihre Wange rann, »ich muß dir ein Geheimnis anvertrauen, das selbst Pheroras nicht kennt. Tertulla ist nicht seine Tochter …«
Vitellius blickte auf, er sah die Frau erwartungsvoll an. Nach einer langen, nachdenklichen Pause sagte Mariamne: »Tertullas Vater heißt Fabius.«
»Pheroras' Sekretär?«
»Pheroras' Sekretär. Eine Frau, die von ihrem Mann in einen goldenen Käfig gesperrt wird, ist für jede Abwechslung dankbar, die sich ihr bietet. Aber außer dir weiß niemand davon.«
»Glaphyra!« Vitellius klatschte in die Hände und rief nach seiner Sklavin. »Bring uns einen Krug vom roten Falerner und dann sieh zu, daß wir nicht gestört werden!« Glaphyra verneigte sich.
Flüsternd, daß kein fremdes Ohr es hören konnte, fuhr Mariamne fort: »Pollio Julius, der Präfekt einer Prätorianerkohorte des Kaisers, ist mir verpflichtet, er hat Locusta, eine berüchtigte Giftmischerin, in seinem Gewahrsam. Man sagt, der Kaiser habe sie in Haft nehmen lassen, damit sie keine Aussage machen kann.
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