Der gläserne Drache Band II (German Edition)
sein Zimmer ging.
Tanis war entsetzt. Glaubte der Bruder wirklich, sich so dreist über alle Regeln hinwegsetzen zu dürfen? Selbst ein Mann von so schlichtem Gemüt wie Seyfred musste doch inzwischen gemerkt haben, was Mahala trieb. Stellte er sich blind und taub, weil er Angst hatte, sich mit dem zukünftigen Fürsten von Candrien anzulegen?
Tanis war gewiss, dass diese Angelegenheit ein böses Ende nehmen würde.
*****
Am Tag des Turniers erschollen schon zur frühen Morgenstunde die Fanfaren, und Mengen von festlich gekleideten Menschen strömten dem Turnierplatz zu. Die Tribünen für den Adel waren geschmückt, und an den Barrieren, die den Platz absperrten, drängten sich die Schaulustigen. An einer Seite des Platzes hatten die Ritter, die zum Turnier antreten wollten, ihre bunten Zelte aufgeschlagen, vor denen die Fahnen mit den jeweiligen Wappen wehten.
Knappen liefen geschäftig hin und her, um die Vorbereitungen für den Kampf ihrer Herren zu treffen.
Für die jungen Männer, die am heutigen Tag nach dem offiziellen Turnier ihre Prüfungen ablegen sollten, war ein großes gemeinsames Zelt errichtet worden. Da sie ja noch keine Ritter waren und somit keine Knappen hatten, würden sie sich, wenn die Zeit gekommen war, von einigen für diese Aufgabe abgestellten Dienern in die Rüstungen helfen lassen oder sich gegenseitig zur Hand gehen.
Doch zunächst begaben auch sie sich zu ihren Tribünenplätzen, um den Schaukämpfen der Ritter zuzusehen.
Aus Torgard und den umliegenden Fürstentümern waren neun Ritter angereist, die sich zu Ehre und Ruhm miteinander messen wollten.
Als Gondar und die Ehrengäste auf der Tribüne Platz genommen hatten, erklang die Fanfare und der Herold erklärte die Kämpfe für eröffnet.
Die Kontrahenten mussten in drei Disziplinen gegeneinander antreten: dem Lanzenstechen, dem Kampf mit dem Schwert zu Pferd, sowie einer Geschicklichkeitsprüfung, wobei die Ritter aufgehängte Ringe mit der Lanze einsammeln mussten.
Gekämpft wurde mit stumpfen Turnierwaffen, wobei es jedoch trotzdem oft genug zu schweren Verletzungen kam.
So dauerte es d och bis zum Mittag, bis alle Paarungen ausgetragen waren und der Sieger feststand.
Anina war die Aufgabe zuteil geworden, als zukünftige Fürstin von Torgard die Ehrung des Siegers vorzunehmen. Ein wenig verlegen aber stolz hängte sie den Siegeskranz auf die Lanzenspitze des Ritters, die dieser in formvollendeter Höflichkeit vor ihr senkte.
Bis zum Nachmittag, wo die Prüfungen der Anwärter vorgenommen werden sollte, unterhielten Gaukler, Sänger und Spielleute das Publikum. Am Rande des Platzes waren Buden und Stände mit Esswaren und Naschwerk aller Art aufgebaut, an denen sich die Festbesucher gütlich tun konnten.
Dann erklang erneut die Fanfare, und der Herold kündigte nun die Prüfung der Kandidaten an.
Vierzehn junge Männer ritten in den Turnierplatz ein, stellten sich in geordneter Reihe vor dem Ehrenplatz des Königs auf den erhöhten Sitzen der Tribüne auf und grüßten durch das Senken der Lanzen. Gemessen schritt der Herold die Reihe ab, um die vorschriftsmäßige Ausstattung der Probanden zu überprüfen. Da er keinen Fehl an ihnen fand, erklärte er die Prüfungen für eröffnet.
Ehe Tanis sich an den Rand des Platzes begab, um seinen Aufruf zu erwarten, senkte er seine Lanze zu Anina. Diese errötete stolz, nahm ein seidenes Tuch von ihrem Hals und schlang es um die Spitze der Lanze. Somit war allen klar, dass Tanis zur Ehre seiner geliebten Braut in den Kampf ritt.
Auch um Wigos Lanzenspitze flatterte ein Tuch, das seltsamerweise genau die rote Farbe von Mahalas Kleid aufwies, was ihm die empörten Blicke fast des gesamten Hofstaats einbrachte.
Auch auf Gondars und des Königs Stirnen bildeten sich zornige Falten. Mendor war inzwischen von Gondar über Wigos Verhalten unterrichtet worden und hatte auch Malux dazu befragt.
Als dieser ihn darum bat, seinen Dienst für Wigo nicht weiter fortsetzen zu müssen, erkannte der König den Ernst der Lage.
Mendor hatte zunächst Wigos Benehmen als die Streiche eines jungen Heißsporns abgetan, der beim Genuss seiner neu errungenen Freiheit etwas über die Stränge geschlagen hatte.
Die Weigerung Herwards von Walland jedoch, weiterhin als Mentor des zukünftigen Fürsten von Candrien zu wirken, was ihm ja eine weitaus höhere Stellung eingetragen hätte, gab Gondars Anklagen nun aber schweres Gewicht.
So hatte Mendor beschlossen, die
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