Der gläserne Drache Band II (German Edition)
können wir ihn finden? Hast du Tamira gesehen?“ Alle redeten wild auf den armen Nerio ein.
„Lasst Nerio doch berichten! Danach können wir ihm unsere Fragen stellen“, brachte Malux sie zum Schweigen. „Sprich weiter, Nerio!“
„Als wir in Wallharg, dem nächsten, etwas größeren Ort hinter der mundivianischen Grenze ankamen, fand dort der große Wochenmarkt statt. Wir hätten den Zeitpunkt für unseren Besuch dort nicht besser wählen können!“ berichtete Nerio.
„Somit war es nur natürlich, dass wir mit unseren Waren dort auftauchten, und erweckte keinerlei Verdacht.
Während unser Gesinde die Stände aufbaute und mit dem Verkauf der Waren begann, trieb ich mich auf dem Markt herum, um mit den Leuten zu plaudern. Da viele mich von vorherigen Besuchen kannten, fiel auch das nicht auf, denn auf dem Markt werden immer Neuigkeiten ausgetauscht.
Die Leute waren neugierig, denn die Kunde von dem neuen Herrscher von Torgard und der Doppelhochzeit war auch ins Nachbarland gedrungen. Beiläufig fragte ich jeden, mit dem ich sprach, ob es denn auch neue oder seltsame Ereignisse in ihrem Landkreis gäbe. Alle hatten irgendetwas zu berichten – die Geburt einer zweiköpfigen Kuh, den Brand in einer Scheune, die Hochzeit der Tochter des Bürgermeisters und viele solcher Unwichtigkeiten mehr.
Erst gestern Morgen traf ich auf eine Bäuerin, die mir berichtete, dass in einem kleinen Dorf weit abseits wohl seltsame Dinge vorgingen.
„ Wir haben zwar kaum Kontakt mit diesen Leuten, die schon immer etwas seltsam waren und stets für sich blieben“, erzählte sie mir, „aber in der letzten Zeit fiel uns auf, dass sie sich noch ungewöhnlicher benahmen als sonst, wenn wir mal einem von ihnen begegneten. Ihre Augen haben einen starren Blick und sie bewegen sich, als würden sie an Fäden gezogen.
Wenn man sie anspricht, hat man das Gefühl, sie hätten einen erst dann überhaupt gesehen.
Wenn das nicht seltsam ist, weiß ich nicht, was man sonst so nennen könnte!“
„ Das kann man ja kaum glauben!“ antwortete ich.
„ Glaubst du, ich lüge dich an?“ fragte sie empört. „ Du kannst es selbst sehen, denn drei von ihnen verkaufen Gemüse an einem Stand am hinteren Ende des Marktes. Geh nur und schau sie dir an! Dann wirst du schon merken, dass ich die Wahrheit sage.“
Natürlich näherte ich mich sofort diesem Stand und blieb in einiger Entfernung stehen, um die drei Leute zu beobachten. Es waren zwei Frauen und ein Mann, die sich tatsächlich wie Marionetten benahmen. Ihre Sprache war tonlos und ihre Gesichter völlig unbewegt.
Ich ging zu unseren Leuten zurück um sie anzuweisen, bei Marktende ganz normal einzupacken und allein nachhause zurückzukehren, denn ich wollte den dreien heimlich folgen, wenn sie aufbrachen, um zu sehen, wohin sie gingen. Zwar hatte mir die Frau, die mir von ihnen erzählt hatte, den Namen des Dorfes genannt, aber ich wollte mich nicht offen danach erkundigen. Welchen Grund hätte wohl ein Fremder gehabt, nach einem winzigen, abgelegenen Dorf zu forschen?
So folgte ich, als sie aufbrachen, ihrem Wagen in großem Abstand. Als sie dann von der normalen Straße zwischen den Orten in einen Karrenweg abbogen, der wohl zu ihrem Dorf führte, wartete ich ab, bis sie völlig außer Sichtweite waren. Dann folgte ich vorsichtig dem Weg.
Als die Häuser in Sicht kamen, versteckte ich mein Pferd in einem kleinen Wäldchen und schlich in Deckung näher an das Dorf heran. Es besteht aus etwa zwanzig Häusern und einer alten verfallenen Mühle. Neben dieser Mühle steht ein großes Steingebäude, das nicht verfallen ist.
Wenn ihr mich fragt, dann haust Romando in diesem Gebäude. Ich habe mich aber nicht näher herangetraut, um nicht per Zufall doch noch entdeckt zu werden.“
„Das hast du sehr gut gemacht, Nerio!“ lobte Malux. „Mit deiner Beschreibung werden wir den Ort wohl finden.“
„Ich muss den Ort selbst sehen“, sagte Wigo. „Doch dafür muss ich mich persönlich dorthin begeben Darum bitte ich Nerio, mir zu gestatten, die Bilder seiner Erinnerung aus seinem Kopf abrufen zu dürfen.
Keine Angst, Nerio, es wird dir keinen Schaden zufügen und es wird auch keine Folgen haben außer leichten Kopfschmerzen, die jedoch rasch vergehen werden.“
Ein wenig ängstlich gab Nerio seine Erlaubnis, und Wigo legte die Hände auf seine Schläfen. Ein Zauberspruch öffnete den Weg zu dem, was der Verwalter gesehen hatte.
Wigo sah das Dorf,
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