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Der gläserne Drache

Der gläserne Drache

Titel: Der gläserne Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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blonden Locken der beiden je mit einem farblich passenden Band im Nacken zusammen.
     
    „Ihr beide seht sehr hübsch aus!“ sagte sie. „Das wird dem Herrn Romando gefallen. Aber nun geht rasch ins Speisezimmer!“
     
    Als die Mädchen dort ankamen, war noch keiner der anderen anwesend. Nur zwei Dienerinnen waren mit den letzten Handgriffen am Frühstückstisch beschäftigt. Beim Eintreten der beiden zogen sie sich lautlos zurück.
     
    Tamira und Anina waren unschlüssig. Sollten sie sich schon niedersetzen? Sie tauschten einen Blick und waren zu der stillen Übereinkunft gekommen, dass es wohl besser sei, auf die Ankunft des Hausherrn im Stehen zu warten.
    Da öffnete sich auch schon die Tür und Romando trat ein, gefolgt von den Zwillingsbrüdern.
     
    „Guten Morgen!“ sagte Romando und ging an den beiden Mädchen vorbei zu seinem Platz am Kopfende der Tafel. Die beiden Mädchen knicksten unbeholfen und lächelten dann Wigo und Tanis zu, die ihnen wie schon am Abend zuvor die Stühle zurechtschoben.
     
    Als alle saßen, sagte Romando: „Die beiden jungen Damen mögen mir verzeihen, dass sie den gestrigen Abend ohne mich verbringen mussten. Doch wie ich hörte, haben mich die beiden Herren gut vertreten. Ich hoffe, ihr habt euch schon ein wenig eingewöhnt, denn ich habe vor, euch beide nach dem Frühstück das erste Mal zu prüfen.“
    Als er das Erschrecken in den Augen der Mädchen sah, fuhr er fort: „Ihr braucht keine Angst zu haben, ich habe nicht vor, euch weh zu tun! Doch nun greift zu, denn mit einem gut gefüllten Magen sieht man alles viel gelassener.“
     
    Während des Essens schwiegen die beiden Schwestern, denn nach dem, was sie am Abend zuvor von Wigo und Tanis erfahren hatten, fühlten sie sich in Romandos Anwesenheit unbehaglich und beklommen. So wurde die karge Unterhaltung nur von den drei Männern geführt. Dass die Mädchen sich nicht an der Unterhaltung beteiligten, schien für Romando nicht auffällig, da er es auf ihre Unsicherheit in der neuen Umgebung zurückführte.
     
    Als man sich vom Tisch erhob, wies Romando die Brüder an, mit ihren Übungen vom Vortag fortzufahren. „Und ihr beide folgt mir in die Bibliothek!“ sagte er zu Anina und Tamira. „Ich habe schon zu lange nach neuen Kandidaten suchen müssen und will nicht noch mehr Zeit unnütz verschwenden.“
     
    In der Bibliothek hieß er die beiden, sich in gegenüberliegenden Sesseln niederzulassen. Er selbst zog sich einen dritten heran.
     
    „Anina, schließe die Augen!“ befahl er. „Ich werde deiner Schwester jetzt einen Gegenstand zeigen, und sie soll versuchen, dir das Bild dieses Dings zu übermitteln. Wir werden sehen, ob es ihr gelingt.“
     
    Gehorsam schloss Anina die Augen. Aber sie war fest davon überzeugt, dass das wohl kaum gelingen würde.
    Sicher, sie hatten oft festgestellt, dass sie beide das gleiche fühlten oder dachten und sich nur mit einem Blick verständigen konnten. Aber das hier schien ihr nun doch unmöglich zu sein. Wie sollte sie mit geschlossenen Augen wissen, welchen Gegenstand der Magier der Schwester zeigen würde?
    Sie hörte, wie Romando aufstand, und fühlte gleich darauf, dass er ihr ein Tuch über die Augen band.
    „So!“ sagte er befriedigt. „Nun bin ich sicher, dass du mich nicht täuschen kannst, indem du blinzelst. – Schau her, Tamira!“ Er ergriff einen Kerzenleuchter vom Tisch und hielt ihn Tamira hin. „Versuche jetzt, das Bild dieses Gegenstandes vor das innere Auge deiner Schwester zu führen!“
     
    Tamira schaute auf den Leuchter. Wie sollte sie es nur anstellen, dass Anina sah, was sie in der Hand hielt? Sie versuchte, sich auf das Bild des Leuchters zu konzentrieren. Aber ihre Gedanken schweiften immer wieder ab, denn unterbewusst wollte sie diese Aufgabe ja gar nicht bestehen.
    Romando schien zu bemerken, dass sie nicht ernsthaft bei der Sache war.
     
    „Nimm dich zusammen!“ fuhr er sie an und seine schwarzen Augen blitzen böse. „Ich mache das nicht, um euch zu unterhalten! Glaubst du im Ernst, dass ich so viel Geld für euch bezahle, wenn es nicht um etwas Wichtiges ginge? Also konzentriere dich auf deine Pflicht!“
     
    Tamira durchfuhr eine heiße Welle des Schreckens. Wie hatte er merken können, dass sie an etwas anderes dachte? Konnte er ihre Gedanken lesen? Nein, das wohl nicht, denn sonst hätte er ja sofort gesehen, dass sie über ihn und seine Ziele Bescheid wusste. Wahrscheinlich hatte er nur bemerkt, dass sie nicht wirklich bei

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