Der gläserne Drache
seiner Grobheit mehr als zufrieden.
Als alle satt waren, rief er daher den Schulzen zu sich.
„Pack uns noch die Wurst, den Schinken und ein großes Stück Käse sowie einen Laib Brot ein und lass dann die Pferde vors Haus bringen“, wies er ihn an.
„Wir werden dann gleich wieder weiter reiten, denn ich will das Haus der Seherin noch vor dem Abend erreichen.“
Er nahm zwei Taler aus seinem Beutel und reichte sie dem Mann. Dieser schaute ein wenig enttäuscht, denn obwohl damit alles mehr als reichlich bezahlt war, hatte er anscheinend auf eine größere Summe gehofft.
Romando bemerkte seine Unzufriedenheit, und ein drohender Blick aus hart glitzernden Augen ließ den Schulzen erneut erzittern.
„Wärest du von Anfang an höflich und freundlich gewesen, wäre die Bezahlung reichlicher ausgefallen“, grollte der Magier. „Lass es dir also für die Zukunft eine Lehre sein! Und nun eile dich, wir wollen aufbrechen!“
Kurze Zeit später bestiegen alle wieder die Pferde.
Eine Menge neugieriger Leute standen auf dem Platz, denn mittlerweile wusste das ganze Dorf von den seltsamen Fremden, die die Tollkühnheit besaßen, sich in die gefährlichen Wälder zu begeben und sogar die verwunschene Drachenhöhle aufsuchen wollten.
Die Leute rätselten, was wohl der Grund dafür sein könnte, doch da sich auch Romandos Gefährlichkeit herumgesprochen hatte, wagte keiner, danach zu fragen.
Und außerdem, was ging es sie an? Die Fremden würden wohl schon bald ihr waghalsiges Tun bereuen!
11. Im Reich der Seherin
Bald hatten sie das Dorf hinter sich gelassen, und Romando strebte nun auf dem schmalen Weg auf den Wald zu.
Es ging stetig bergauf, und als sie die ersten Bäume erreichten, lag das Dorf schon weit unter ihnen. Der Weg war nun nur noch ein schmaler Pfad, der – mit Gras und Moos überwachsen – mehr zu ahnen als zu sehen war.
Die Zwillinge blickten sich voll Ehrfurcht um, als sie nun in den Wald hineinritten. Die mächtigen, uralten Bäume reckten ihre Äste hoch über den Köpfen der Reiter ineinander und bildeten so über dem Pfad einen aufragenden Säulengang, dessen gewölbte grüne Decke das Licht der sich schon dem Westen zuneigenden Sonne kaum noch durchließ.
Die geschärften Sinne der jungen Leute empfingen die Aura einer gewaltigen, uralten Macht, erdgeboren und tief verwurzelt in der Zeit, weder gut noch böse, eher ungelenkt als bewusst.
Und doch spürten sie die Gefahr, die von dieser Macht ausging, einer Gefahr, die zu wecken ungeahnte Folgen haben mochte.
Sie fragten sich, ob auch Romando diese Ausstrahlung wahrnahm, doch der Zauberer folgte unbeirrt dem Pfad tiefer in den Wald hinein.
Hatte am Waldrand noch Vogelgezwitscher ihren Weg begleitet, so lastete jetzt eine unnatürliche Stille zwischen den Bäumen. Unbehaglich sahen sie sich um. Da erreichte sie ein Gedankenbild von Anina.
Die Vier schauten dem Bild folgend auf und sahen auf einem Ast ein Stück voraus ein schneeweißes Eichhörnchen sitzen. Sie waren freudig überrascht, denn es schien ihnen ein Hinweis auf ihren geheimnisvollen Helfer zu sein.
Tanis machte eine kaum merkliche Bewegung zu Malux, der hinter ihm ritt. Ein Räuspern des Freundes vergewisserte die Zwillinge, dass auch er das Tierchen gesehen hatte.
Ängstlich beobachteten sie Romando, doch dieser hatte das Eichhörnchen anscheinend nicht bemerkt. Doch es konnte natürlich auch sein, dass ihr kleiner Verbündeter es verstand, sich für die Augen des Zauberers unsichtbar zu machen.
Jedenfalls hatte dieses Zeichen den fünf Freunden einen großen Teil ihrer Furcht vor der unerklärlichen Aura des Waldes genommen. Sie waren nun gewiss, dass ein freundliches Auge über sie wachte.
Mittlerweile war die Dämmerung über den Wald gefallen und der Pfad war kaum noch zu erkennen. Doch da sahen sie ein Stück voraus ein Licht zwischen den Bäumen hindurchschimmern.
Romando hielt darauf zu und sie erreichten bald darauf eine Lichtung, die mit dichtem Gras bestanden war. Am Rande der Lichtung erhob sich majestätisch die gewaltigste Eiche, die sie in ihrem Leben gesehen hatten.
Dieser Baum musste Hunderte von Jahren alt sein. Sein mit dicker, rauer Borke bedeckter Stamm war vielfach verdreht und gespalten, und doch war sein weit reichendes Blätterdach grün und gesund.
An den Stamm der Eiche schmiegte sich ein kleines Haus, aus dessen Fenstern das Licht drang, das sie hierher geführt hatte.
Romando ließ
Weitere Kostenlose Bücher