Der gläserne Sarg
Dhiser. Alle Schlagzeilen werben für Ihr Theater …«
Eine Pause entsteht. Offensichtlich läßt Jacklow jetzt den Direktor reden. Plötzlich aber fährt er auf: »Was haben Sie bekommen? … Von wem? … Kann ich mitschreiben? … Einen Moment, ich suche Papier …«
Fieberhaft wühlt der Inspector auf dem Schreibtisch. Dann findet er schließlich Papier und Kugelschreiber. Hastig schreibt er mit, was ihm Blondie offensichtlich am anderen Ende der Leitung vorliest. Dann lehnt er sich wieder in seinen Sessel zurück. »Geben Sie mir jetzt bitte den Sergeant, der Ihnen den Brief überbracht hat. – Ja, Sergeant, hier Inspector Jacklow, Mordkommission. Bitte bringen Sie mir den Brief in mein Büro … Ja, Polizeipräsidium, dritter Stock, Zimmer 335. Ich gebe Ihnen die Erlaubnis, mit Polizeisirene und Blaulicht zu fahren … Und, Sergeant, ich will Sie unbedingt persönlich sprechen, wenn Sie hier sind. Good bye.«
Jacklow legt auf. Eine Minute lang atmet er hörbar durch. Dann wendet er sich an Mrs. French.
»In unserem Fall ist eine neue Entwicklung eingetreten, die ich unbedingt schnell mit dem Lieutenant durchsprechen muß. Darf ich Sie deshalb bitten, nochmals für einige Minuten im Sekretariat Platz zu nehmen?«
Als Blondies Sekretärin das Zimmer verlassen hat, wendet sich Jacklow mit der soeben niedergeschriebenen Notiz in der Hand Collin zu.
»Die Situation wird immer verwirrter, statt sich aufzuklären. Bob Rint hat einen Abschiedsbrief geschrieben. Er war an die Direktion des ›Globe‹ adressiert, und Blondie hat ihn gerade erhalten. Ich will Ihnen den Text vorlesen.«
Der Inspector bemüht sich sichtlich, seine eilige Niederschrift zu entziffern:
»Da mich Joan verlassen hat, sehe ich keinen Sinn mehr in meinem Leben.
Aber sie soll auch keinem anderen gehören.
Noch einmal wird man unser beider Namen zusammen lesen: in den Meldungen über unseren Tod!
Bob Rint«
Jacklow legt das Blatt auf seinen Schreibtisch zurück. »Sie haben ja gehört, daß ich gebeten habe, man solle mir den Brief sofort bringen. Der Sergeant muß in etwa zehn Minuten da sein.«
Auch Collin ist nun aufgestanden. Langsam geht er zum Fenster und blickt einen Augenblick sinnend auf den gegenüberliegenden Wolkenkratzer. Dann fragt er: »Soll das nun wirklich alles gewesen sein? Der Selbstmord eines eifersüchtigen Liebhabers, der zugleich seine Geliebte mit in den Tod nimmt? Sie elendiglich ertrinken läßt?«
Jacklow tritt hinter den Lieutenant: »Es hätte so sein können. Noch gestern hätte ich das wahrscheinlich auf Anhieb geglaubt. Gestern – als Jim Dhiser mir erzählte, daß seine Frau zu ihm zurückgekehrt sei, daß sie Bob Rint endgültig verlassen habe. Aber was wir heute erfahren haben, läßt mich dieser einfachen Lösung mißtrauen. Die Lösung ist zu elegant, zu simpel.«
»Aber, Chef, vielleicht sehen wir wirklich nur die Komplikationen. Was heißt es schon, daß Dhiser und Blondie jeweils eine Versicherung auf Joan Dhiser abgeschlossen haben? Gerade weil sie es beide unabhängig voneinander taten, müßten wir doch davon ausgehen, daß diese doch nicht so ungewöhnliche Vorsichtsmaßnahme absolut nichts mit dem Tod an Bob Rint und der Artistin zu tun hat.«
»Und die anderen Vorgänge sind für Sie auch normal? Das Verschwinden von Peggy Whyler, ihre Schäferstündchen mit Direktor Blondie, das dramatische Wiedersehen von Bob Rint mit der von ihm verlassenen und betrogenen Frau … ihrer, äh, Mrs. French …?«
»Eines stimmt zwar mit dem Selbstmordbekenntnis überein: daß wir im Zimmer von Bob Rint das Gift gefunden haben …«
»Ich habe hier den Laborbericht.« Jacklow greift sich vier zusammengeheftete Blätter von seinem Schreibtisch: »An der Flasche waren keine Fingerabdrücke zu entdecken … Und da frage ich Sie: Hätte es Bob Rint nötig gehabt, seine eigenen Spuren zu verwischen?«
Collin wird nachdenklich: »Zugegeben … Aber …«
»Was, aber? – Es gibt keine Begründung für den Selbstmord. Schon allein deshalb nicht, weil ja Bob noch am Nachmittag mit Joan zusammen war, wie wir wissen – und da soll er sich und sie dann am Abend umbringen?«
»Vielleicht gibt gerade das die Erklärung … Ich meine, daß Joan in Rints Wohnung gekommen ist. Möglicherweise stimmt ja der Hinweis Dhisers, daß seine Frau Bob Rint die Endgültigkeit ihrer Entscheidung klarmachen wollte …«
»… und prompt mit ihm geschlafen hat?« unterbricht der Inspector spöttisch.
»Tut mir leid, Chef.
Weitere Kostenlose Bücher