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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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hinlegte, verstopfte seine Nase derart, dass er kaum Luft bekam. Also setzte er sich wieder auf und lehnte sich erschöpft gegen die kalte Steinwand seiner Zelle. Von draußen vernahm er immer wieder gedämpfte Stimmen, Rufe, Flüche und sogar vereinzeltes Lachen der anderen Gefangenen.
    Als der Riegel an seiner Zellentür über das Holz ratschte, schaute er gespannt auf.
    «Bardolf?» Marysa trat in die Zelle und schlug erschrocken eine Hand vor den Mund. «Bei allen Heiligen, was ist mit dir?» Mit zwei Schritten war sie bei ihm und kniete sich auf den Rand der Grasmatte. Besorgt tastete sie über seine Stirn. «Du hast ja Fieber! Wir müssen sofort einen Arzt …»
    «Nein, lass nur, Marysa. Es ist bloß eine Erkältung», wehrte Bardolf mit rauer Stimme ab. Er unterdrückte ein Husten.
    Nun trat auch Bruder Christophorus näher; hinter ihm fiel die Tür wieder zu. «Meister Goldschläger, Ihr seht elend aus», sagte er und ging ebenfalls in die Hocke. «Hat man Euch nicht wenigstens einen Bader geschickt?»
    Bardolf winkte müde ab. «Nicht heute. Die Befragung war wichtiger. Morgen habe ich vielleicht die Möglichkeit, nach jemandem schicken zu lassen.» Er zog seine Decke fester um die Schultern. «Was führt dich zu mir, Marysa? Deine Mutter kümmert sich sehr gut um mich. Du musst nicht ständig herkommen.»
    «Wir sind nicht gekommen, um Euch zu umsorgen», sagte Christophorus. «Wenngleich ich den Eindruck habe, dass dies sehr wohl nottut.»
    «Bruder Christophorus wurde verfolgt. Wir glauben, Hyldeshagen …», begann Marysa etwas zusammenhanglos.
    Bardolf unterbrach sie denn auch sofort. «Augenblick, Marysa. Verfolgt sagst du? Wann? Von wem und wohin? Was soll das überhaupt mit mir zu tun haben?»
    Nun übernahm Christophorus wieder das Wort. «Am Samstag war ich auf dem Weg durch die Stadt. Wie ich erst gestern erfuhr, wurde ich dabei von einem der Gesellen aus Meister Hyldeshagens Werkstatt verfolgt.»
    «Wie habt Ihr das erfahren?», wollte Bardolf irritiert wissen.
    «Ich traf Amalrich, einen alten Pilger, der sich seit Langem in Aachen aufhält und …»
    «Der alte Amalrich lebt noch?» Bardolf brachte ein Grinsen zustande. «Ich habe ihn lange nicht gesehen. Aber schon, als ich ein Junge war, lief er durch Aachen, bettelte und gab sich als ewiger Pilger aus.» Er hielt inne. «Amalrich wusste immer, was in Aachen vorging.»
    «Das weiß er auch heute noch», bestätigte Christophorus. «Er war es, der meinen Verfolger erkannte und mich darüber in Kenntnis setzte.»
    «Der alte Amalrich also.» Bardolf lächelte leicht. Plötzlich wurde er wieder ernst. «Es war einer von Ansems Gesellen, sagt Ihr?»
    «Ludwig», antwortete Marysa. «Du weißt schon, dieser große, dünne …»
    Bardolf runzelte die Stirn. «Was sollte er von Euch wollen, Bruder Christophorus?»
    «Das habe ich mich natürlich auch gefragt», antwortete Christophorus. «Könnte es vielleicht sein, dass Hyldeshagen auf diese Weise herausfinden wollte, was wir über die Vorgänge in der Chorhalle wissen?»
    «Zu welchem Zweck? Er ist doch überzeugt davon, dass ich ihn vergiftet habe.» Ein bitterer Unterton begleitete Bardolfs Worte.
    «Und wenn er das nur behauptet, um Euch aus dem Weg zu haben?» Abwartend sah Christophorus Bardolf an.
    Dieser hob verblüfft den Kopf. «Ihr meint, er tut das nur, um seinen Konkurrenten loszuwerden?» Vehement schüttelte er den Kopf. «Ansem ist zwar nicht der angenehmste Mensch, aber das geht dann doch zu weit. Wenn er mich beschuldigt, obwohl er nicht sicher sein kann, dass nicht jemand anderer ihn vergiften wollte, setzt er sich doch einer großen Gefahr aus. Wenn der Täter unerkannt bleibt, könnte er erneut zuschlagen.»
    «Falls es einen anderen Täter gibt.» Christophorus erhob sich und ging ein paar Schritte.
    Marysa stand ebenfalls auf und starrte ihn erschrocken an. «Was meint Ihr damit? Glaubt Ihr, er sei an den Unfällen schuld? Aber dann müsste er sich ja selbst vergiftet haben. Das kann ich nicht glauben. Es wäre doch viel zu gefährlich gewesen!»
    «Er hat knapp überlebt, nicht wahr?», gab Christophorus zu bedenken. «Jetzt, da er selbst ein Opfer von gleich zwei Anschlägen geworden ist, fällt nicht der Hauch eines Verdachts auf ihn.»
    «Er arbeitet noch immer in der Chorhalle, nicht wahr?», fragte Bardolf und rieb sich nachdenklich das Kinn.
    «Seit heute wieder», bestätigte Marysa. «Herr Scheiffart sagte mir, dass die Halle jetzt für die Arbeiter freigegeben

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