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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Fensterscheiben bester Qualität geliefert werden. Ihr müsst bedenken, welche riesige Fläche die Fenster einmal auskleiden sollen. Die Chorhalle wird ein regelrechtes Glashaus. Ein gläserner Schrein für die heiligen Reliquien, die darin aufbewahrt werden sollen», wiederholte er Amalrichs Worte. «Kein Glashüttenmeister würde es je wagen, auch nur einen winzigen Fehler dabei zu machen. Schon deshalb nicht, weil ihm vermutlich nicht nur eine riesige Summe Gold als Lohn in dieser Welt winkt, sondern auch ganz sicher Ablass und Sündenvergebung im Jenseits.»
    Daran hatte Marysa noch gar nicht gedacht. Sie ging ein paar Schritte auf und ab. Als eine Diele unter ihren Füßen leise knarrte, blieb sie stehen. «Ihr vermutet also Absicht hinter den zerstörten Glasscheiben», begann sie unsicher. «Herbeigeführt durch den Glaser oder den Glashüttenmeister?»
    «Oder durch jemand anderen, der verhindern will, dass die Fenster eingesetzt werden.»
    «Aber warum?», fuhr Marysa ratlos auf und musste an sich halten, um nicht zu laut zu werden. «Welchen Grund sollte jemand haben, die Goldschmiede von ihrer Arbeit abzuhalten und zu verhindern, dass die Fenster der Chorhalle eingesetzt werden? Das ergibt einfach keinen Sinn!»
    «Vielleicht doch», widersprach Christophorus und bemühte sich noch immer, überall hinzusehen, nur nicht auf Marysas zarte Gestalt. «Ich habe darüber nachgedacht, ob wir nicht möglicherweise von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen sind. Überlegt einmal: Zuerst die Goldschmiede, jetzt die Glasfenster. Jedes Mal wird die Baustelle für eine Weile gesperrt, um Nachforschungen anzustellen. Wären die Mordanschläge wirklich geglückt, hätte es noch länger gedauert, bis die Arbeiten wieder aufgenommen worden wären, weil das Marienstift erst nach einem neuen fähigen Goldschmied hätte Ausschau halten müssen. Was wir bisher gar nicht beachtet haben, ist die Tatsache, dass auch der Dombaumeister zu Tode kam. Vielleicht gehörte das ebenfalls zum Plan, der jedoch durchkreuzt wurde, weil das Marienstift sehr rasch einen neuen Mann fand, der diese Aufgabe übernehmen konnte.»
    In Marysa arbeitete es. Wieder ging sie ein paar Schritte, wobei sie um die knarrende Diele einen Bogen machte. Neben dem Fußende ihres Bettes blieb sie schließlich stehen und blickte Christophorus skeptisch, aber auch besorgt an. «Wenn ich Euch recht verstehe, so glaubt Ihr …»
    «… dass man möglicherweise die Fertigstellung der Chorhalle verhindern will», beendete Christophorus ihren Satz und nickte dabei.
    «Aber aus welchem Grund?», fragte Marysa, der seine Argumente zwar einleuchteten, die aber keinen Sinn darin erkennen konnte. «Der Bau der Chorhalle hat vor gut sechzig Jahren begonnen. Wenn jemand nicht wollte, dass sie gebaut wird, hätte er schon viel früher eingreifen können.»
    «Darüber können wir momentan nur spekulieren», antwortete Christophorus, nicht weniger ratlos. «So, wie die Dinge liegen, würde ich vermuten, dass sich der Grund für die Anschläge erst in jüngster Vergangenheit ergeben und den oder die Täter zum Handeln bewogen hat.»
    Marysa dachte über seine Worte nach. Ihr fiel beim besten Willen kein Grund ein, der den Tod von Menschen rechtfertigte, nur um den Bau eines Gotteshauses aufzuhalten. Da in diesem Moment die Kerze auf dem Bord mit einem leisen Zischen erlosch, ging sie rasch zu der Lade, die rechts neben dem Kopfende ihres Bettes stand, und entnahm ihr eine neue Kerze. Sie entzündete sie an ihrer Öllampe und trug sie vorsichtig zum Bord, wo sie sie mit wenigen Handgriffen im Halter befestigte. Dann wandte sie sich zu Christophorus um und erschrak ein wenig, da er einen Schritt auf sie zugemacht hatte. Er stand nun sehr dicht vor ihr. In ihrer Magengrube begann es zu kribbeln.
    Ungehalten, weil sich ihr Herzschlag erheblich beschleunigt hatte, blickte sie zu ihm auf. «Ich fürchte, wir werden heute Nacht keine Antwort mehr finden», brachte sie mit einigermaßen ruhiger Stimme heraus. «Ich hielte es für angebracht, wenn Ihr meine Kammer nun verlassen würdet, Bruder Christophorus. Ihr seid schon viel zu lange hier.»
    Unverwandt blickte er in ihre dunklen Augen, von denen er wider Willen gefangen genommen wurde. Sie hatte recht, er war schon viel zu lange in ihrer Kammer, in ihrer Nähe. An ihrem Hals nahm er wieder die heftig pulsierende Ader wahr. Ehe er es sich verbieten konnte, hatte er bereits die Hand gehoben und fuhr die sanfte Linie ihrer

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