Der gläserne Schrein (German Edition)
Umrisse des Feuermals nach, das sich in der Form eines spitzen Dreiecks von ihrem Halsansatz bis hinunter zum Schlüsselbein zog. Bevor sie richtig zu Atem kommen konnte, hatte er seine Lippen bereits hungrig auf ebenjenes Feuermal gepresst.
Mit seiner Zunge fuhr er an ihrem Hals entlang, sog ihren Geruch ein und nahm erneut von ihren Lippen Besitz.
Das Begehren, das – so wurde ihm erst jetzt bewusst – schon sehr lange in ihm geschwelt hatte, ließ sich nicht mehr kontrollieren. Das leise Stöhnen, welches sich Marysas Kehle entrang, ließ sein Blut hochkochen und wie flüssiges Feuer durch seine Adern brausen. Er wollte sie – wie lange schon? – und spürte an ihrer Reaktion, dass sie in diesem Moment von einer ähnlichen Leidenschaft erfasst worden war. Einer gefährlichen Leidenschaft, das war ihm bewusst, doch sein Wille war nicht stark genug, von ihr abzulassen.
Marysa hatte mittlerweile das Gefühl, in Flammen zu stehen. Ohne dass sie sich dessen bewusst war, fuhren Ihre Hände unablässig über Christophorus’ Schultern und Oberarme. Einerseits suchte sie Halt, andererseits sehnte sie sich danach, nicht den Stoff seines Habits, sondern seine Haut unter ihren Fingerspitzen zu spüren. Ein derartiges Begehren hatte sie noch nie zuvor verspürt. Es erschreckte sie, dass sie ihren Empfindungen derart ausgeliefert zu sein schien. Nicht einmal als seine Hände erneut und wesentlich fordernder über ihren Leib wanderten, hielt sie ihn auf. Seine linke Hand legte sich fest um ihre Brust, während seine rechte hinauf in ihren Nacken und von dort aus in ihr Haar fuhr. Dort ballte er seine Hand zur Faust und zog ihren Kopf ein Stück nach hinten, um ihre Kehle freizulegen. Wieder fuhr er mit seiner Zunge über ihre Haut, und sie glaubte, er hinterlasse dort eine brennende Feuerspur.
Als er begann, ihr langes Hemd nach oben zu schieben, schwankte Marysa ein wenig und versuchte sich an seiner Schulter festzuhalten. Dabei stieß sie erneut unsanft gegen den Türstock. Der plötzliche Schmerz, der durch ihren Oberarm schoss, ließ sie etwas zur Besinnung kommen. Sie zuckte zurück und starrte ihn entsetzt an.
Der leise Schmerzenslaut, den Marysa ausstieß, wäre wohl nicht in Christophorus’ Hirn vorgedrungen, ihr Zurückschrecken und ihr verstörter Blick hingegen taten es sehr wohl. Heftig nach Atem ringend, ließ er von ihr ab und trat einen halben Schritt zurück, um auch ihr wieder etwas Luft zu verschaffen. Dabei bemerkte er, dass ihr Brustkorb sich tatsächlich heftig hob und senkte und ihre Wangen gerötet waren. Sichtlich schockiert blickte sie ihn an. Ihre dunkelbraunen Augen wirkten jetzt beinahe schwarz. Er wollte in einer besänftigenden Geste ihre Wange berühren, doch sie wehrte sich mit einer heftigen Handbewegung dagegen.
«Raus!», stieß sie brüsk hervor. In ihrer Stimme schwang ganz deutlich Zorn mit. «Verlasst sofort meine Kammer, Bruder Christophorus!»
Er setzte zu einer Erwiderung an, aber ihr zorniger Blick hielt ihn zurück. Schweigend nahm er die Kerze vom Wandbord und folgte ihrer Aufforderung.
***
Erst als Marysa hörte, wie die Tür der Gästekammer geschlossen wurde, schob sie den Riegel vor ihre eigene Tür und lehnte sich dagegen. Jetzt, da sie allein war, wurde ihr Körper von einem leichten Zittern erfasst. Sie fragte sich, was wohl passiert wäre, wenn sie nicht rechtzeitig zur Besinnung gekommen wäre. Auf wackeligen Beinen ging sie zum Bett und kroch unter ihre Decke.
Was war da eben mit ihr geschehen? Warum hatte Christophorus sie geküsst und – noch wichtiger – wie hatte sie selbst es so weit kommen lassen können? Noch immer hallte das Echo der Empfindungen nach, die er in ihr ausgelöst hatte. Vorsichtig berührte sie mit den Fingerspitzen ihre glühenden Wangen.
Reinold hatte sie sehr selten auf den Mund geküsst. Natürlich hatte er regelmäßig von ihr den Vollzug der ehelichen Pflichten verlangt, doch niemals hatte sie dabei auch nur ansatzweise den Hauch von Begehren verspürt. Sie hatte seine Zudringlichkeiten über sich ergehen lassen und sich bald damit abgefunden, dass sie für derartige Freuden wohl nicht geschaffen war. Wie konnte es nun aber sein, dass selbst die leiseste Berührung des Dominikaners ihren Leib in Flammen setzte und Gefühle in ihr auslöste, von denen sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie existierten?
Der Dominikaner … Sie schloss in einer erneuten Anwandlung von Entsetzen die Augen. Bruder Christophorus war ein Geistlicher
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