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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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etwa auch gefolgt?»
    «Kann ich mir nicht vorstellen.» Noch immer beobachtete Christophorus den Goldschmied, dann sah er Marysa wieder an, die ihr Mahl nun auch beendet hatte und ihre Finger am Tischtuch abwischte. «Das muss ein Zufall sein», vermutete er. «Vielleicht hatte er in Burtscheid zu tun und ist wie wir vom Wetter überrascht worden.»
    «Ein seltsamer Zufall», zweifelte Marysa. «Was sollen wir jetzt machen?»
    «Nichts», antwortete Christophorus. «Es gibt keinen Grund, uns zu verstecken. Ich würde sagen, wir ziehen uns zurück und brechen morgen auf, sobald es hell ist.»
    Marysa nickte zustimmend. «Also gut. Dann sage ich Milo kurz Bescheid und …»
    «Das kann auch ich übernehmen», widersprach er. «Ihr solltet nicht allein in die Stallungen gehen.»
    «Wegen des Bettlers?»
    «Wegen des Bettlers und wegen des übrigen Mannsvolks, das sich mittlerweile hier eingefunden hat.» Bedeutungsvoll blickte Christophorus sich im Schankraum um, der tatsächlich überwiegend von Männern besetzt war.
    Zähneknirschend musste Marysa ihm recht geben. Es war sicher nicht klug, als Frau allein hier herumzulaufen. «Gut, dann geht Ihr», stimmte sie zu und folgte ihm zu dem Durchgang, der zum Herbergsbereich führte.
    An der Treppe, die zu ihren Kammern hinaufführte, blieb Marysa stehen und sah Christophorus nach, wie er die Herberge durch die Hintertür verließ. Langsam stieg sie die knarrenden Stufen hinauf, hielt jedoch erschrocken inne, als sie ein leises Zischen hinter sich vernahm.
    «Marysa!»
    Sie machte kehrt und sah Christophorus fragend an, der sie eindringlich zu sich winkte, aber gleichzeitig einen Finger auf seine Lippen legte.
    «Was ist los?», raunte sie.
    «Schaut Euch das an!» Er wies auf einen unförmigen Schatten neben dem Stall. «Eine Sänfte des Marienstifts.»
    Erstaunt musterte sie das schwarze Ding genauer. «Ich habe aber vorhin keinen der Kanoniker in der Schankstube gesehen.»
    Christophorus schob sie zurück ins Haus. «Vielleicht gibt es für hohe Gäste einen separaten Raum?»
    Marysa nickte. «Gut möglich.»
    «Wer es auch sein mag, er ist jedenfalls erst seit Kurzem hier», stellte Christophorus fest. «Bei unserer Ankunft stand die Sänfte noch nicht dort.» Rasch ging er zu dem Durchgang, der in den Schankraum führte. Nachdem er sich umgesehen hatte, kam er wieder zurück. «Es gibt eine Tür gleich neben dem Schanktresen», berichtete er. «Die Magd hat eben einen großen Weinkrug in den Raum dahinter getragen. Dort könnte unser Mann sich aufhalten.»
    «Wieso unser Mann?», wunderte Marysa sich.
    Christophorus zuckte mit den Achseln. «Ich gehe um das Haus herum und versuche, durch die Fensterläden zu erkennen, wer es ist.»
    «Warum?», fragte Marysa erneut. «Es kann tausend Gründe dafür geben, dass einer der Stiftsherren hier einkehrt. Das Wetter …»
    «Ich will es einfach wissen», unterbrach Christophorus sie. «Geht Ihr in Eure Kammer und ruht Euch aus.» Ohne weiter auf sie zu achten, verschwand er durch die Hintertür.
    Marysa zögerte kurz, aber auch ihre Neugier war geweckt. Trotz des eisigen und mittlerweile sehr stürmischen Windes und der Schneeflocken, die durch die frühabendliche Luft wirbelten, folgte sie Christophorus nach draußen.
***
    In der Dunkelheit vor der Herberge sahen sich Marysa und Christophorus zweifelnd an. Schließlich gab er das Zeichen zum Rückzug. «Nichts», sagte er und schüttelte den Schnee von seinem Habit. «Entweder gibt es in der Taverne einen weiteren separaten Raum, oder unser Mann hat tatsächlich nur eine Kammer in der Herberge gemietet.»
    Marysa nickte fröstelnd. Die Männer, die sie durch den Fensterladen in dem Hinterzimmer gesehen hatten, waren mitnichten Geistliche des Marienstifts und außerdem in Gesellschaft mehrerer zwielichtiger Frauen gewesen. «Bestimmt hat er sich nur vor dem Wetter in Sicherheit gebracht», antwortete sie und konnte dabei ein leichtes Zähneklappern nicht unterdrücken.
    «Ihr solltet Euch aufwärmen», befand Christophorus. «Ich gehe noch einmal hinaus und sage Milo Bescheid, dass wir morgen ganz früh aufbrechen wollen.»
    Wieder nickte Marysa und stieg rasch die Treppe zu den Gästekammern hinauf.
    Christophorus blickte ihr kurz nach, dann eilte er erneut in die Kälte hinaus. Auf dem Rückweg stellte er erstaunt fest, dass jemand sein Pferd neben der Sänfte angebunden hatte. Er blickte sich neugierig um, konnte aber in dem Hinterhof der Herberge keinen Menschen

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