Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
nicht, dass du und Luc hier seid.«
»Wir können noch nicht abreisen. Zum einen würde das ziemliches Gerede geben, und außerdem wäre Beth sehr enttäuscht. Sie hat schon Pläne geschmiedet, um mich zu allen möglichen Veranstaltungen mitzunehmen.«
»Also schön, dann bleib eben, wenn es sein muss, aber es läuft meinen Wünschen zuwider. Allerdings hast du es dir ja in letzter Zeit anscheinend zur Gewohnheit gemacht, meine Wünsche zu ignorieren.«
Ihr sank der Mut. »Wenn du das Geschäftshaus in der Walton Street meinst, Robert, dann …«
»Ja, das meine ich in der Tat. Du hast mich hintergangen; wahrscheinlich hast du gehofft,Tatsachen zu schaffen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.«
»Nein, Robert. Ich gebe zu, dass ich das Haus gekauft habe, ohne dich zu fragen, aber mir ist nichts anderes übrig geblieben. Du warst ja hier in Paris.« Amber sah ihn an. Seine Kritik war unfair und verletzend. »Mit deinem Liebhaber.«
»Du hast immer gewusst, was ich bin«, erinnerte er sie.
»Ja, und du hast immer gewusst, wie sehr mir unser Familienbetrieb am Herzen liegt. Als du um meine Hand angehalten hast, hast du gesagt, unsere Ehe würde mir den Schlüssel zu meiner Zukunft geben, aber jetzt willst du mir diese Zukunft vorenthalten.«
»Eine Zukunft als Ladeninhaberin? Glaubst du wirklich, Luc wird begeistert sein, wenn andere Leute erfahren, dass seine Mutter berufstätig ist?«
Und würdest du dich freuen, wenn er erführe, dass sein Vater einen Liebhaber hat?, war sie versucht zurückzuschießen, doch sie bezähmte sich. Nicht aus Feigheit – sie war durchaus bereit, alles zu tun, um die Schlacht zu gewinnen. Aber nicht, indem sie Beleidigungen austauschten. Das war unter ihrer beider Würde.
»Jetzt bist du ungerecht«, sagte sie stattdessen. »Mir ist bewusst, dass du an deine gesellschaftliche Stellung denken musst und … und an das, was du deinem Namen schuldig bist. Natürlich weiß ich, dass auch ich als deine Frau deiner Stellung verpflichtet bin.«
Wie schwer es ihr fiel, das zu sagen und ihren Stolz dem Götzendienst an etwas zu opfern, was sie insgeheim verachtete. Titel und Adel bedeuteten ihr nichts, würden ihr nie etwas bedeuten, sie hatte andere Werte und Bedürfnisse. Sie wollte und konnte nicht an diesem Altar beten, doch sie musste aufpassen – Luc zuliebe. Wenn sie Robert verärgerte, konnte er es ihr vergelten, indem er sich von ihr – und Luc – lossagte.
Ach, wie sehr sie sich doch wünschte, der alte Robert möge in ihr Leben zurückkehren. Er war längst nicht mehr der großzügige, unbeschwerte Mann von einst. Die Liebe forderte den Menschen oft Grausames ab, das wusste sie bereits. Sie veränderte sie, und manchmal verbog und deformierte sie sie auch.
»Es gibt Leute von … von vornehmer Herkunft, die dasselbe gemacht haben, was ich tun möchte – Syrie Maugham zum Beispiel. Ich hätte eine Beschäftigung, Robert«, sagte sie verzweifelt. »Du hast deine eigenen … Interessen, und manchmal fühle ich mich schrecklich einsam.«
Etwas – ob es Kummer oder Scham war, konnte Amber nicht recht sagen – verdunkelte seinen Blick, doch als er dann antwortete, war seine Stimme hart und seine Worte kompromisslos.
»Du tust ohnehin, was du willst, egal wie ich dazu stehe, also ist es doch völlig zwecklos, dass ich mich dazu äußere.«
Eine Art Einverständnis also, aber nicht großzügig oder liebevoll gewährt.
»Robert, bitte, nun sei doch nicht so. Ich will, dass wir Freunde sind, so wie immer«, versuchte Amber ihn zu besänftigen, doch sie sah ihm an, dass er nicht zum Einlenken bereit war.
Innerlich seufzend wechselte sie das Thema. »Luc hat dich vermisst. Ich hoffe sehr, dass du ihn besuchst, solange wir in der Stadt sind, wenn du kannst.«
»Ich weiß nicht, ob ich dafür Zeit habe.«
Es war das erste Mal in ihrer Ehe, dass er sich ihr gegenüber so feindselig zeigte, und Amber war entsetzt.
Sie war verletzt und fühlte sich furchtbar einsam. Außerdem machte sie sich auch wegen Robert Sorgen, gestand sie sich auf dem Rückweg zur Rue de Poitiers ein. Er würde sie doch nicht verlassen, oder?
Es hat keinen Sinn, es hat alles keinen Sinn mehr, dachte Greg verbittert. Aus dem Club war er so gut wie ausgeschlossen worden, Lucy weigerte sich, mit ihm zu sprechen, und zeigte sich überall in Begleitung eines siegesstrahlenden Lionel, und letzte Nacht hatte er beim Glücksspiel so viel Geld verloren, dass er gar nicht darüber nachdenken mochte.
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