Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
mitnahm wie jetzt die mit Otto, und sie befürchtete, dass sein junger Liebhaber ihm noch sehr viel Kummer bereiten würde. Otto schien nicht zu bemerken, mit welch angespannter Konzentration Robert ihn beobachtete und dass er aus der Gruppe ausgeschlossen wurde, während er selbst mit den anderen Männern um den Botschafter herum lachte und scherzte. Bevor Amber sich Robert nähern konnte, kam Henry zu ihr herüber, und gute Manieren wie auch das Risiko, Anlass zum Klatsch zu geben, verboten ihr, ihn zu ignorieren.
Die Tatsache, dass er mit der Tochter eines reichen Marquis verheiratet war, hatte Henry eine Miene arroganter Selbstgefälligkeit und die Überzeugung verliehen, andere mit gutem Recht kritisieren zu dürfen. Einen Sohn hatte es ihm jedoch noch nicht beschert.
Amber ging ihm möglichst aus dem Weg. Zum Glück waren sie seit jener Nacht, als er sich ihr aufzudrängen versucht hatte, nur ein paarmal wieder zusammengetroffen, und das immer in Gegenwart anderer und seiner Frau.
Henry war, wie Beth nie müde wurde zu betonen, ein treu sorgender Ehemann. Und einer, der laut Robert im Lauf seiner Ehe schon eine ganze Reihe erotischer Liaisons unterhalten hatte. Auch Louise habe sich unter den Geliebten befunden, wenn auch nur für kurze Zeit.
»Sieh mal einer an, was bringt dich denn nach Paris? Aber nein, ich brauche gar nicht zu fragen, ich weiß ja, dass du Breveonet auch hier ist. Macht es Spaß, die alten Fäden wieder aufzunehmen, ja? Angeblich vergisst eine Frau ihren ersten Mann ja nie. Nach ihm hat es vermutlich jede Menge andere gegeben, zumal Robert ja ist, wie er ist«, fügte er hinzu und wies mit einem Nicken auf die Gruppe um den deutschen Botschafter. »Nicht dass du nicht diskret gewesen wärst. Bei einer Frau wie dir ist Diskretion auch eine feine Sache.«
Angewidert von ihm und seinen Bemerkungen, wollte Amber an ihm vorbeigehen, doch er hielt sie am Arm fest.
»Ich hab dich doch nicht etwa beleidigt, oder?«, höhnte er. »Das wollte ich nicht. Ich hab dich immer bewundert, Amber, das weißt du ja. Bist’ne schlaue Frau. Wer hätte gedacht, dass ein kleiner Niemand aus einer Industriestadt mal als Herzogin enden würde?«
Bei Henrys Berührung überkam Amber eine Mischung aus Empörung und Furcht. Sie hatte dicht an der Wand gestanden, und nun war kein Platz mehr, sich Henry zu entziehen und ihn stehen zu lassen. Zu beiden Seiten waren Leute ins Gespräch vertieft, aber sie standen doch nah genug, um zu hören, was sie sagten, sobald einer von ihnen die Stimme erhob. Bis jetzt hatte Henry allerdings leise gesprochen, bedrohlich leise.
»Du hast ganz offensichtlich zu viel getrunken, Henry«, sagte Amber entschieden. »Wo ist deine Frau? Ich glaube, es wäre eine gute Idee, wenn du wieder zu ihr gingst, ehe du dich hier noch blamierst, findest du nicht?«
»Oh, ich blamier mich schon nicht. Hat doch nichts Blamables, eine Frau wie dich zu fragen, ob sie ein bisschen Spaß mit einem haben will, das weißt du selbst, Amber. Wie viele Kerle hattest du denn nach du Breveonet?«, erkundigte er sich lässig und grinste, als sie nicht antwortete. »Bestimmt haben sie dir ein paar interessante Tricks beigebracht. Ich komme nächsten Monat auf ein paar Tage nach London – wir wär’s, ich besuche dich, und wir plaudern ein wenig über alte Zeiten?«
»Robert ist auch hier, Henry. Geh doch zu ihm rüber und sag ihm, was du zu mir gesagt hast«, schlug Amber kalt vor.
Henry hörte auf zu lächeln. »Du brauchst mir gegenüber nicht die Arrogante rauszukehren, Amber. Ich kenne dich, weißt du nicht mehr? Ich habe dich gesehen. Weiß dein Robert denn eigentlich, was du mit du Breveonet alles angestellt hast, hm?«
Amber antwortete nicht. Beth hatte sie eben entdeckt und kam auf sie zu. Bald wäre es überstanden.
»Wenn er es nicht weiß, sollte es ihm vielleicht jemand erzählen. Munterer Knabe, dieser du Breveonet.Wusstest du, dass er zu der Zeit, als er es dir besorgt hat, auch noch die Schlampe des Bäckers gepudert hat? Vielleicht hat er es ja auch mit euch beiden gleichzeitig getrieben, hmm?«, meinte er lüstern, während Amber gegen den Schock ankämpfte, dass Jean-Phi lippe sie damals betrogen hatte.
»Henry, da bist du ja«, rief Beth aus und hakte sich bei ihrem Bruder unter.
Henry gab Amber frei und trat einen Schritt zurück.
»Pamela sucht dich schon überall. Es geht ihr nicht gut, sie möchte nach Hause. Die arme Pamela ist schon wieder guter Hoffnung, Amber.«
»Ich
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